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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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Am Ende fiel er in - na, rate mal - einen seiner Trancezustände und kam zu sich mit einer Botschaft des Erzengels. Gibril hatte Verse vorgetragen, die ihm göttliche Rückendeckung gaben. Gott höchstpersönlich erlaubte ihm, so viele Frauen zu ficken, wie er wollte. Tja, was konnte die arme Aischa gegen die göttlichen Verse schon ausrichten? Weißt du, was sie gesagt hat? ›Dein Gott ist immer zur Stelle, wenn er für dich ein Problem lösen soll.‹ Wenn es nicht Aischa gewesen wäre, wer weiß, wie er reagiert hätte, die anderen hätten sich so was gar nich t erst getraut.« Baal ließ ihn reden. Die sexuellen Aspekte der UNTERWERFUNG machten dem Perser große Sorgen.
    »Ungesund«, meinte er. »Di ese ganze Geschlechtertrennung. Wird nichts Gutes dabei herauskommen.«
    Am Ende ließ Baal sich doch noch auf eine Diskussion ein, und mit Erstaunen hörte Salman, wie der Dichter die Position Mahounds vertrat. »Sein Standpunkt ist eigentlich verständlich«, meinte Baal. »Wenn Familienväter ihm ihre Töchter anbieten und er sie zurü ckweist, macht er sich Feinde - und außerdem, da er ein besonderer Mann ist, kann man seine Forderung nach Sonderrechten schon begreifen -, und was das Einsperren betrifft, na ja, es wäre eine Schande, wenn einer von ihnen was zustieße! Wenn du hier, in diesem Haus, lebtest, würdest du wahrscheinlich auch finden, dass ein bisschen weniger sexuelle Freizügigkeit gar nicht schlecht ist. Ich meine, für die einfachen Leute.«
    »Du tickst ja nicht richtig«, sagte Salman kategorisch. »Lange nicht mehr an der frischen Luft gewesen, was? Oder vielleicht liegt es an deiner Verkleidung, dass du Quatsch daherredest?«
    Baal, mittlerweile ziemlich beschwipst, wollte zu einer temperamentvollen Erwiderung ansetzen, aber Salman hob seine zittrige Hand. »Hab’ keine Lust, mit dir zu streiten«, sagte er. »Will dir lieber was erzählen . Schärfste Story in der Stadt. Fdoch Au weia! Passt zu dem, was du gesagt hast.«
    Salmans Geschichte: Aischa und der Prophet hatten eine Reise zu einer weit entfernten Ortschaft unternommen, und auf dem Rückweg nach Yathrib hatte ihr Trupp in der Wüste das Nachtlager aufgeschlagen. Noch vor Morgengrauen wurden die Zelte abgebrochen. Im letzten Moment musste Aischa davoneilen, um in einer Sandkuhle dem Ruf der Natur nachzukommen. Währenddessen hoben die Träger ihre Sänfte an und marschierten los. Da ihnen am Gewicht der schweren Sänfte nichts auffiel, nahmen sie an, dass Aischa, eine federleichte Person, darinsaß. Nachdem sie sich erleichtert hatte, stellte sie bei ihrer Rückkehr fest, dass sie allein war, und wer weiß, was ihr alles zugestoßen wäre, wenn nicht ein junger Mann, ein ge wisser Safwan, auf seinem Kamel vorbeigekommen wäre… Safwan brachte Aischa heil und unversehrt nach Yathrib zurück: Gerede begann, nicht zuletzt im Harem, unter ihren Rivalinnen, die die Chance, Aischas Machtstellung zu schwächen, begierig ergriffen. Die beiden jungen Leute waren schließlich mehrere Stunden allein in der Wüste gewesen, und immer vernehmlicher wurde darauf angespielt, dass Safwan ein überaus schmucker Jüngling sei und der Prophet viel älter als seine junge Frau, und ob deshalb nicht denkbar sei, dass sie sich zu jemandem hingezogen fühle, der ihr altersmäßig viel näher s tand. »Ein ziemlicher Skandal!« meinte Salman zufrieden.
    »Was wird Mahound tun?« wollte Baal wissen.
    »Och, er hat schon reagiert«, erwiderte Salman. »So wie immer. Er hat mit seinem Busenfreund, dem Erzengel, gesprochen und dann aller Welt bekanntgegeben, dass Aischa von Gibril freigesprochen worden sei.« Salman breitete die Arme in weltlicher Resignation aus. »Und diesmal, mein Junge, hat sich die Dame nicht über die Nützlichkeit der Verse beklagt.«
     
    Salman der Perser verließ am nächsten Morgen die Stadt mit einer Kamelkarawane in Richtung Norden. Er verabschiedete sich im »Vorhang« von Baal, umarmte ihn, küsste ihn auf beide Wangen und sagte: »Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist es klüger, das Tageslicht zu meiden. Ich wünsch’ dir Glück.« Baal erwiderte: »Und ich wünsche dir, dass du nach Hause findest und dass es dort etwas gibt, was du lieben kannst.« Salman guckte ausdruckslos. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und ging davon.
    Aischa kam besorgt in Baals Zimmer. »Er wird das Geheimnis doch nicht auspl audern, wenn er betrunken ist?« fragte sie, während sie Baal zärtlich durch das Haar fuhr. »Er pichelt ja ganz

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