Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
Vom Netzwerk:
zum Helden gemacht hatten, durch den der Zauber der Fantasyfilme mit den Trickeffekten (Labyrinth, Legend, Howard the Duck) Wirklichkeit geworden war - fuhren Saladin im Lieferwagen des DJ zu Pamela; diesmal jedoch quetschte er sich zu den drei anderen ins Führerhaus. Es war früher Nachmittag; Jumpy würde noch im Sportzentrum sein. »Viel Glück«, sagte Mishal und gab ihm einen Kuss , und Pinkwalla fragte, ob sie warten sollten. »Nein, vielen Dank«, antwortete Saladin. »Wenn man vom Himmel gefallen ist, der Freund einen verlassen hat, die Brutalität der Polizei erlebt hat, in einen Ziegenbock verwandelt war, Arbeit wie Frau verloren, die Macht des Hasses kennengelernt und die menschliche Gestalt wiedererlangt hat, was bleibt einem da noch, als, wie ihr es zweif ellos formulieren würdet, seine Rechte einzuklagen?« Er winkte ihnen zu. »Schön für dich«, sagte Mishal, und weg waren sie. An der Straßenecke kickten die üblichen Kinder aus dem Viertel, mit denen er nie auf gutem Fuß gestanden hatte, einen Fußball gegen einen Laternenpfahl.
    Einer, ein schweinsäugiger, neun-oder zehnjähriger Lümmel mit bösem Blick, richtete eine imaginäre Videofernbedienung auf Chamcha und schrie: »Schnellvorlauf!« Er gehörte zu einer Generation, die daran glaubte, die langweiligen, lästigen, unerfreulichen Teile des Lebens überspringen und im Schnellvorlauf von einem actiongespickten Höhepunkt zum nächsten eilen zu können. Willkommen daheim, dachte Saladin und klingelte an der Tür.
    Als Pamela ihn sah, fasste sie sich an die Kehle. »Ich hätte nicht geglaubt, dass man das noch macht«, sagte er. »Nicht nach Dr. Seltsam.« Man sah noch nicht, dass sie schwanger war; er erkundigte sich danach, und sie errötete, bestätigte aber, dass es sich gut entwickle. »So weit, so gut.« Natürlich war sie aus der Fassung geraten; die Frage, ob er Kaffee wolle, kam einige Takte zu spät (sie blieb bei ihrem Whisky, den sie, trotz des Babys, hinunterspülte); aber eigentlich fühlte Chamcha sich die ganze Begegnung hindurch im Hintertreffen (es hatte eine Zeit gegeben, da er ein begeisterter Liebhaber von Stephen Potters amüsanten kleinen Büchern gewesen war). Pamela war entschieden der Ansicht, dass eher sie diejenige in der schlechten Position sein müsste , war sie es doch gewesen, die die Ehe hatte aufkündigen wollen, die seine Existenz wenigstens dreimal abgestritten hatte. Doch er war nicht minder ungeschickt und verlegen als sie, so dass sie beide um das Recht zu wetteifern schienen, in der Patsche sitzen zu dürfen. Der Grund für Chamchas Unbehagen - und er war nicht, wir erinnern uns, in dieser betretenen Stimmung gekommen, sondern in munterer Kampfeslust - war, dass er bei Pamelas Anblick, mit ihrer allzu heiteren Heiterkeit, mit ihrem Gesicht gleich einer Heiligenmaske, hinter der wer weiß was für Würmer sich an faulem Fleisch gütlich taten (er war bestürzt über die feindselige Gewalt der Bilder, die aus seinem Unterbewussten aufstiegen), mit ihrem rasie rtem Schädel unter dem absurden Turban, ihrem Whiskyodem und dem harten Ding, das in die kleinen Fältchen um ihren Mund gefahren war, erkannte, dass er sich ganz einfach entliebt hatte und sie nicht mehr wiederhaben wollte, selbst wenn sie (was unwahrscheinlich, aber nicht unvorstellbar war) zu ihm zurück wollte. In dem Augenblick, als er sich dessen bewusst wurde, entwickelte er aus irgendeinem Grund Schuldgefühle, und das Ergebnis war ein Handicap in der Unterhaltung. Sogar der weißhaarige Hund knurrte ihn an.
    Er erinnerte sich, dass er sich nie etwas aus Haustieren gemacht hatte.
    »Vermutlich«, sagte sie zu ihrem Glas, als sie an dem alten Kieferntisch in der geräumigen Küche saß, »war das, was ich getan habe, unverzeihlich, hä?«
    Das kleine amerikanisierende hä war neu: wieder einer aus ihrer unendlichen Serie von Schlägen gegen ihre Erziehung?
    Oder hatte sie es von Jumpy oder einem seiner schicken kleinen Bekannten aufgeschnappt, wie eine Krankheit? (Wieder diese knurrende Gewalt: weg damit. Jetzt, da er sie nicht mehr wollte, war sie der Situation völlig unangemessen.) »Ich glaube, ich weiß nicht, was ich imstande bin zu verzeihen«, erwiderte er. »Gerade diese Art von Reaktion scheint sich meiner Kontrolle zu entziehen; entweder sie tritt ein oder nicht, was ich demnächst herausfinden werde. Sagen wir also fürs erste, die Geschworenen beraten noch.« Das passte ihr nicht, sie wollte, dass er die Situation entschärfte,

Weitere Kostenlose Bücher