Die Satanischen Verse
ist«, deklamierte Mrs. Roberts vor der ansehnlichen Menge, die sich aufgebracht vor der High Street Polizeiwache versammelt hatte, » dass diese Leute mit unserem Leben spielen. Sie sitzen am längeren Hebel, wenn es um unsere Überlebenschance geht.
Ich will, dass ihr alle euch überlegt, was das hinsichtlich ihrer Achtung vor uns als Menschen bedeutet.« Und Hanif Johnson, Uhuru Simbas Anwalt gab von Walcott Roberts’ Lieferwagen seine eigene Klarstellung zum Besten , in der er darauf hinwies, dass der angeblich tödliche Sturz seines Mandanten aus dem unteren der beiden Betten in der Zelle erfolgt war, dass es in einer Zeit der extremen Überfüllung der Gefängnisse des Landes gänzlich ungewöhnlich sei, dass das andere Bett nicht belegt war, wodurch sichergestellt worden sei, dass es für den Tod mit Ausnahme der beiden Beamten keinen Zeugen gebe, und dass ein Alptraum keineswegs die einzig mög liche Erklärung für die Schreie eines Schwarzen in den Händen der Vollzugsbehörden sei.
In seinen abschließenden Bemerkungen, von Inspektor Kinch später »aufrührerisch und standeswidrig« genannt, zog Hanif eine Verbindung zwischen den Ausführungen des Beamten für Nachbarschaftspflege mit denen des notorischen Rassisten John Kingsley Read, der einmal die Nachricht vom Tod eines Schwarzen mit dem Slogan quittiert habe: »Einer weg; bleibt noch eine Million«. Die Menge murrte und brodelte; es war ein heißer und gehässiger Tag. »Bleibt heiß«, rief Simbas Bruder Walcott der Versammlung zu. » Dass mir keiner abkühlt. Behaltet eure Wut.«
Da Simba in der, w ie er sie einmal genannt hatte, »Regenbogenpresse - rot wie ein Tuch, gelb wie Galle, blau wie die Lüge, grün wie Rotz« eigentlich schon verurteilt worden war, erschien sein Ende vielen Weißen als raue Gerechtigkeit, als verdienter Sturz eines blutrünstigen Ungeheuers. Vor einem anderen Gericht allerdings, einem stummen, schwarzen, war ihm ein wesentlich wohlgesonneneres Urteil zuteil geworden, und diese unterschiedlichen Einschätzungen des Verblichenen zogen im Anschluss an seinen Tod durch die Straßen der Stadt und fermentierten in der nicht enden wollenden tropischen Hitze. Die »Regenbogenpresse« war voll mit Simbas Sympathiebeweisen für Quazhafil, Khomeini, Louis Farrakhan, während auf den Straßen von Brickhall junge Männer und Frauen die leise lodernde Flamme ihrer Wut am Brennen hielten und sie weiter anfachten, eine Schattenflamme zwar, aber eine, die das Licht auslöschen konnte.
Zwei Nächte später, hinter der Charrington-Brauerei in Tower Hamlets, schlug der Omamörder erneut zu. Und in der darauffolgenden Nacht wurde eine alte Frau in der Nähe des Abenteuerspielplatzes im Victoria Park, Hackney, ermordet; einmal mehr war die grässliche »Unterschrift« des Mörders - die rituelle Gruppierung der Eingeweide um die Leiche des Opfers, deren genaue Anordnung der Öffentlichkeit nie bekanntgegeben worden war - dem Verbrechen hinzugefügt.
Als Inspektor Kinch grau und zerzaust im Fernsehen erschien, um die unglaubliche Theorie vorzutragen, ein »Kopierkiller« habe wohl irgendwie das Markenzeichen entdeckt, das so lange und so sorgfältig geheimgehalten worden sei, und daher den Deckmantel, den der verstorbene Uhuru Simba hatte fallen lassen, aufgenommen, hielt es der Polizeipräsident für geboten, als vorbeugende Maßnahme die Polizeistreifen auf den Straßen von Brickhall zu vervierfachen und eine so große Anzahl Polizisten in Bereitschaft zu halten, dass es sich als notwendig erwies, das gesamte Wochenend-Fußballprogramm der Hauptstadt abzusagen. In Uhuru Simbas altem Revier herrschte tatsächlich gereizte Stimmung; Hanif Johnson gab eine Erklärung heraus des Inhalts, dass die erhöhte Polizeipräsenz »eine Provokation und Verschärfung« darstelle, und im Shaandaar und Pagal Khana formierten sich Gruppen schwarzer und asiatischer Jugendlicher, entschlossen, sich den patrouillierenden Streifenwagen entgegenzustellen. Im Hot Wax war die Puppe, die zum Einschmelzen bestimmt war, niemand anderes als die transpirierende und bereits zerfließende Figur des Beamten für Nachbarschaftspflege. Und die Temperatur stieg unerbittlich an.
Gewalttätige Zwischenfälle häuften sich: Überfälle auf schwarze Familien in Sozialwohnblocks, Belästigungen schwarzer Schulkinder auf dem Nachhauseweg, Schlägereien in Kneipen. Im Pagal Khana spuckten ein rattengesichtiger Jugendlicher und drei seiner Kumpels zahlreichen Gästen auf das
Weitere Kostenlose Bücher