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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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Wahrung seiner Anonymität bat. »Unser Kunde ist in der Lage, erklären zu können« , verkündeten diese Meldungen - die sich eine Zeitlang unter den Fleet Street-Chronisten einer amüsierten Beliebtheit erfreuten - kryptisch, » dass er die oben erwähnte Herrlichkeit mit eigenen Augen gesehen hat. Gibril ist in diesem Augenblick unter uns - möglicherweise in Camden, Brickhall, Tower Hamlets oder Hackney - und wird sich bald, vielleicht in wenigen Tagen oder Wochen, offenbaren.« All das war den drei hochgewachsenen, gelangweilten Verkäufern bei Fair Winds (Maslama weigerte sich, hier Verkäuferinnen zu beschäftigen. »Meine Devise is t«, sagte er immer wieder gern, » dass keiner einer Frau zutraut, ihm bei seinem Horn behilflich sein zu können«) unbekannt; das war auch der Grund, warum keiner von ihnen seinen Augen traute, als ihr abgebrühter Arbeitgeber plötzlich eine völlige Wesensveränderung durchlief und zu diesem wilden, unrasierten Fremden stürzte, als wäre es Gott der Allmächtige; mit s einen zweifarbigen Lackschuhen, dem Armani-Anzug und dem nach Art Robert de Niros glattgeschniegelten Haaren über buschigen Augenbrauen sah Maslama nicht eben wie einer aus, der kroch, aber genau dieses tat er, jawohl, auf seinem verdammten Bauch, scheuchte die Angestellten beiseite, ich bediene den Herrn selbst, unter Verneigungen und Katzbuckeleien, rückwärtsgehend , es war kaum zu glauben. Jedenfalls hatte der Fremde einen fetten Geldgürtel unter dem Hemd und fing an, etliche Banknoten von hohem Nennwert herauszuziehen; er zeigte auf eine Trompete auf einem hohen Regal, das ist sie, einfach so, schaute sie kaum an, und Mr. Maslama war pronto auf der Leiter, ich-hole-sie-ich-sagte-ich-hole-sie, aber jetzt kam der wirklich verblüffende Moment, er versuchte, die Bezahlung abzulehnen, Maslama! er sagte nein nein Sir kein Geld Sir, aber der Fremde bezahlte trotzdem, stopfte ihm die Scheine in die Brusttasche des Jacketts, als wäre er irgendein Laufbursche, das musste man gesehen haben, und da wandte sich der Kunde auch noch dem ganzen Laden zu und brüllte, so laut er konnte, Ich bin die rechte Hand Gottes. Und auf einmal, kaum zu glauben, war der verdammte Jüngste Tag zum Greifen nah. Maslama war danach völlig außer sich, total erschüttert, der fiel richtiggehend auf die Knie. Der Fremde hielt die Trompete über den Kopf und schrie: Ich taufe diese Trompete Asrael, Posaune des Jüngsten Gerichts, Vernichter der Menschheit! - und wir standen einfach so da, ich sag’s dir, zu Stein erstarrt, denn um den Kopf dieses verrückten, unzurechnungsfähigen, blöden Arschlochs war plötzlich ein helles Leuchten, hörst du? das irgendwie von einer Stelle hinter seinem Kopf ausströmte.
    Ein Heiligenschein.
    Sag, was du willst, wiederholten die drei Verkäufer später jedem gegenüber, der es hören wollte, sag, was du willst, aber wir wissen, was wir gesehen haben.

3

    Der Tod Dr. Uhuru Simbas, vormals Sylvester Roberts, im Untersuchungsgefängnis wurde von dem für die Nachbarschaftspflege zuständigen Beamten der Polizei von Brickhall, einem gewissen Inspektor Stephan Kinch, als »eine Chance eins-zu-einer-Million« beschri eben. Offenbar hatte Dr. Simba einen so schrecklichen Alptraum gehabt, dass er im Schlaf gellend aufschrie, was die sofortige Aufmerksamkeit der zwei wachhabenden Beamten erregte. Die Männer eilten zu seiner Zelle und sahen gerade noch, wie die noch im Schlaf befindliche Gestalt des riesigen Mannes unter dem unheilvollen Einfluss des Traums buchstäblich vom Bett abhob und dann zu Boden krachte. Beide Beamten hörten ein lautes Knacken; es war das Geräusch des brechenden Genicks Dr. Uhuru Simbas.
    Der Tod war sofort eingetreten.
    Die winzige Mutter des Toten, Antoinette Roberts, stand, in billigem schwarzen Hut und Kleid, auf der Pritsche des Lieferwagens ihres jüngeren Sohns, den Trauerschleier trotzig aus dem Gesicht nach hinten gefegt, und zögerte nicht, Inspektor Kinchs Worte aufzugreifen und sie ihm in das junge, kraftlose Gesicht mit dem Schlotterkinn zurückzuschleudern, dessen zerknirschte Miene von der Erniedrigung zeugte, die er einstecken musste , wenn seine Beamtenbrüder von ihm als Niggerjimmy und, schlimmer noch, als Pilz (was heißen sollte, dass er ständig im Dunkeln gehalten wurde) redeten und die Leute ihn von Zeit zu Zeit - beispielsweise in den gegenwärtigen bedauerlichen Umständen - von oben bis unten mit Scheiße überhäuften. »Ich will, dass euch klar

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