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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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wir wollen und können nicht die Prügelknaben der Nation sein.« Von den Scheinwerfern und den geduldigen, stummen Linsen ermutigt, geht er einen Schritt weiter. Diese Jugendlichen wissen gar nicht, wie gut sie es haben, meint er. Sie sollten sich einmal bei ihren Blutsverwandten umsehen. Afrika, Asien, die Karibik: das sind die Länder mit den wirklichen Problemen. Dort können Menschen über Missstände klagen, die ernstzunehmen sind.
    Hier dagegen ist es doch gar nicht so schlecht, bei weitem nicht; hier gibt es kein Gemetzel, keine Folter, keine putschenden Militärs. Die Leute sollten schätzen, was sie haben, bevor sie es verlieren. Unser Land war immer friedlich, sagt er. Unsere fleißige Inselrasse. Hinter ihm sieht die Kamera Tragen, Rettungswagen, Schmerzen. Sie sieht menschenähnliche Figuren, die aus dem Innern des Hot-Wax-Clubs geschleppt werden, und erkennt die Abbilder der Mächtigen. Inspektor Kinch erklärt. Sie backen sie dort drin in einem Ofen und finden das witzig; ich kann das nicht finden.
    Die Kamera betrachtet die Wachsmodelle mit Abscheu. Haben sie nicht etwas Hexenartiges an sich, etwas Kannibalisches, einen ungesunden Beigeschmack? Wurde hier Schwarze Magie getrieben?
    - Die Kamera sieht zerbrochene Fensterscheiben. Sie sieht im Hintergrund etwas brennen: ein Auto, ein Geschäft. Sie kann nicht verstehen, nicht erklären, was das alles soll. Die Leute da verbrennen ihre eigenen St raßen. - Schnitt: - Ein hell erleuchtetes Videogeschäft. Ein paar Geräte laufen im Schaufenster; die Kamera, die delirierendste unter den Narzissen, sieht fern, schafft für einen Augenblick eine unendliche Reihe von Fernsehgeräten, die in einem weitentfernten Punkt miteinander verschmelzen. - Schnitt. - Ein ernster, in Licht getauchter K opf: eine Studiodiskussion. Der Kopf redet über Banditen. Billy the Kid, Ned Kelly: das waren Männer, die für wie auch gegen etwas standen. Moderne Massenmörder, denen diese heroische Dimension fehlt, sind nichts als krank, Versehrte Wesen, als Persönlichkeiten total leer, ihre Verbrechen zeichnen sich aus durch eine Konzentration auf das Vorgehen, auf die Methodologie - sagen wir Ritual -, möglicherweise getrieben von der Sehnsucht des Unbedeutenden, wahrgenommen zu werden, sich aus der breiten Masse herauszuheben und für einen Augenblick ein Star zu werden. Oder durch einen verschobenen Todeswunsch: den Geliebten zu töten und damit das eigene Ich zu vernichten.
    - Was davon ist nun der Omamörder? fragt ein Diskussionsteilnehmer. Und was ist mit Jack the Ripper? - Der wahre Bandit, beharrt der Kopf, ist ein dunkles Spiegelbild des Helden. - Diese Aufrührer etwa? kommt die fordernde Frage.
    Laufen Sie nicht Gefahr zu verh errlichen, zu »legitimieren«? - Der Kopf schüttelt sich, beklagt den Materialismus der heutigen Jugend. Über Plünderungen von Videogeschäften hat der Kopf nicht gesprochen. Aber was ist dann mit den Veteranen? Butch Cassidy, die James-Brüder, Captain Moonlight, die Kelly-Bande. Die haben doch alle Banken ausgeraubt, oder? - Schnitt. - Später wird die Kamera wieder zu dem Schaufenster zurückkehren. Die Fernsehgeräte werden nicht mehr da sein.
    Aus der Luft beobachtet die Kamera den Eingang zum Hot-Wax-Club. Die Polizei ist jetzt fertig mit den Wachsfiguren und holt die echten Menschen heraus. Die Kamera nähert sich den Verhafteten: ein hochgewachsener Albinomann; ein Mann in einem Armani-Anzug, der aussieht wie ein dunkles Abbild von Robert de Niro, ein junges Mädchen - vierzehn, fünfzehn? -, ein finsterer junger Mann, ungefähr zwanzig. Namen werden nicht eingeblendet; die Kamera kennt diese Gesichter nicht. Nach und nach allerdings kommen die Fakten zutage. Der Diskjockey des Clubs, Sewsunker Ram, bekannt als »Pinkwalla«, und der Besitzer, Mr. John Maslama, sollen wegen groß angelegten Rauschgifthandels - Crack, B rown Sugar, Haschisch, Kokain - angeklagt werden. Der Mann, der mit ihnen verhaftet wurde, ein Angestellter von Maslamas n ahegelegenem Musikgeschäft Fair Winds, ist der Halter eines Lieferwagens, in dem eine nicht genannte Menge »harter Drogen« gefunden wurde, ebenfalls zahlreiche »heiße« Videorecorder. Der Name des jungen Mädchens ist Anahita Sufyan; sie ist minderjährig, soll einiges getrunken und, so wird angedeutet, mit wenigstens einem der drei Inhaftierten geschlechtliche Beziehungen unterhalten haben. Des Weiteren soll sie häufig die Schule schwänzen und mit bekanntermaßen kriminellen Elementen in

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