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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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neunten Woche wurden die Pilger von Journalisten bedrängt, von Lokalpolitikern auf Stimmenfang, Geschäftsleuten, die den Marsch sponsern wollten, die Yatris müssten nur bereit sein, Reklametafeln zu tragen, auf denen für verschiedene Güter und Dienstleistungen geworben wurde, von ausländischen Touristen auf der Suche nach den Mysterien des Ostens, nostalgischen Gandhianern sowie jener Spezies menschlicher Geier, die zum Autorennen geht, um die Unfälle zu sehen. Als sie den Schwärm der Chamäleonschmetterlinge erblickten, der das Mädchen Aischa kleidete und ihr gleichzeitig die einzige feste Nahrung bot, waren diese Besucher erstaunt und zogen mit gemischten Erwartungen wieder ab, das heißt, mit einem Loch in ihrem Bild von der Welt, das sie nicht übertünchen konnten. In allen Zeitungen erschienen Fotos von Aischa, und die Pilger zogen sogar an Plakatwänden vorbei, auf der die lepidopterische Schönheit in dreifacher Überlebensgröße aufgemalt war, dazu Slogans wie Unsere Tücher sind so zart wie ein Schmetterlingsflügel oder dergleichen. Dann erreichten sie beunruhigendere Neuigkeiten. Gewisse religiöse Extremistengruppen hatten Erklärungen abgegeben, in denen sie die »Aischa Hadsch« als den Versuch brandmarkten, die öffentliche Au fmerksamkeit zu »kidnappen« und »kommunalistische Regungen anzuheizen«. Flugblätter wurden verteilt - Mishal sammelte sie von der Straße auf -, in denen behauptet wurde, dass die »Padyatra, oder Pilgerreise zu Fuß, eine alte, präislamische Tradition der nationalen Kultur sei, nicht das importierte Gut von Mogul-Einwanderern«. Auch:
    »Das Entwenden dieser Tradition durch sogenannte Aischa Bibiji ist eklatante und bewusste Anheizung schon angespannter Situation.« »Es wird keinen Ärger geben«, brach die Kahin ihr Schweigen.
     
    Gibril träumte einen Vorort:
    Als die Aischa Hadsch sich Sarang näherte, dem äußersten Vorort der großen Metropole am Arabischen Meer, zu welchem das visionäre Mädchen sie führte, verdoppelten Journalisten, Politikos und Polizei ihre Besuche. Zu Anfang drohten die Polizisten, den Marsch gewaltsam aufzulösen, die Politiker hingegen verwiesen darauf, dass dies ganz nach einem sektiererischen Akt aussehen würde und zu Ausbrüchen kommunalistischer Gewalt im ganzen Land führen könnte.
    Schließlich willigten die Polizeigewaltigen ein, dass der Marsch fortgesetzt werden könne, maulten aber drohend, dass sie sich nicht in der Lage sähen, »für die Sicherheit der Pilger zu garantieren«. Mishal Akhtar sagte: »Wir ziehen weiter.«
    Die Vorstadt Sarang verdankte ihren relativen Wohlstand beträchtlichen Kohlenlagern in der Umgebung. Es stellte sich heraus, dass die Bergleute von Sarang, Männer, die ihr Leben damit verbrachten, Stollen in die Erde zu treiben - sie zu »teilen«, wie man sagen könnte -, den Gedanken unerträglich fanden, ein Mädchen könnte, mit einer Handbewegung, mit dem Meer dasselbe tun. Kader gewisser kommunalistischer Gruppierungen hatten sich daran gemacht, die Bergleute zur Gewalt aufzuwiegeln, und infolge der Aktivitäten dieser Agents provocateurs bildete sich ein Mob, der auf Transparenten forde rte: KEINE ISLAMISCHE PADYATRA! SCHMETTERLINGSHEXE RAUS!
    In der Nacht, bevor sie Sarang betreten sollten, richtete Mirza Said einen weiteren vergeblic hen Appell an die Pilger: »Gebt auf«, beschwor er sie vergeblich. »Morgen werden wir alle umgebracht.« Aischa flüsterte Mishal etwas ins Ohr, worauf diese sagte: »Lieber ein Märtyrer sein als ein Feigling. Gibt es hier irgendwelche Feiglinge?«
    Einen gab es. Sri Srinivas, Erforscher des Grand Canyon, Besitzer einer Spielzeugfabrik, dessen Motto Kreativität und Ehrlichkeit war, schlug sich auf Mirza Saids Seite. Als ein ergebener Anhänger der Göttin Lakschmi, deren Gesicht so verwirrend Aischas glich, sah er sich nicht in der Lage, an den bevorstehenden Feindseligkeiten auf welcher Seite auch immer teilzunehmen. »Ich bin ein schwacher Mensch«, gestand er Said. »Ich habe Miss Aischa geliebt, und ein Mann sollte für das, was er liebt, kämpfen; aber was soll ich machen, ich für mein Teil fordere einen neutralen Status.« Srinivas war das fünfte Mitglied der abtrünnigen Gesellschaft in dem Mercedes-Benz, und nun blieb Mrs. Qureishi nichts anderes übrig, als den Rücksitz mit einem gemeinen Mann zu teilen. Srinivas grüßte sie unglücklich, und als er sah, wie sie grummelnd auf der Sitzbank von ihm abrückte, unternahm er einen

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