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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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Der Verfall kommt rasant.« Und Salahuddin, der Apostel der Wahrheit, erzählte tröstende Lügen. Abba, mach dir keine Sorgen. Das wird schon wieder.
    Changez Chamchawala schüttelte den Kopf. »Mit mir geht es dahin, mein Sohn«, sagte er. Seine Brust hob sich schwer; Salahuddin schnappte sich einen großen Plastikbecher und hielt ihn Changez unter den Mund. Der Sterbende erbrach über einen halben Liter mit Blut vermischten Schleim: danach war er zu schwach zum Reden. Jetzt musste Salahuddin ihn tragen, auf die Rückbank des Mercedes, wo er zwischen Nasreen und Kasturba saß, während Salahuddin mit Höchstgeschwindigkeit zum Breach-Candy-Krankenhaus fuhr, das einen Kilometer die Straße hinunter lag. »Soll ich das Fenster öffnen, Abba?« fragte er einmal, und Changez schüttelte den Kopf und blubberte:
    »Nein.« Viel später wurde sich Salahuddin bewusst , dass dies das letzte Wort seines Vaters gewesen war.
    Die Notaufnahme. Rennende Beine, Pfleger, Rollstuhl, Changez wird auf ein Bett gehoben, Vorhänge. Ein junger Arzt, tat, was zu tun war, sehr schnell, aber ohne den Anschein von Geschwindigkeit. Ich mag ihn, dachte Salahuddin. Dann schaute der Arzt ihm in die Augen und sagte: »Ich glaube nicht, dass er es überstehen wird.« Das war wie ein Schlag in die Magengrube. Salahuddi n erkannte, dass er sich an eine vergebliche Hoffnung geklammert hatte, die bringen ihn auf die Beine und wir fahren ihn nach Hause; das ist »es« noch nicht, und seine unmittelbare Reaktion auf die Worte des Arztes war Wut. Sie sind der Mechaniker. Erzählen Sie mir nicht, dass der Wagen nicht anspringt; bringen Sie das verdammte Ding in Ordnung. Changez war völlig erledigt, er ertrank in seinen Lungen. »In dieser Kurta kommen wir nicht an seine Brust heran; dürfen wir…« Aufschneiden. Tun Sie, was zu tun ist.
    Tropfen, das Piepen eines schwächer werdenden Herzschlags auf einem Bildschirm, Hilflosigkeit. Der junge Arzt murmelte:
    »Es wird nicht mehr lange dauern…« Woraufhin Salahuddin Chamchawala etwas Haarsträubendes tat. Er wandte sich zu Nasreen und Kasturba und sagte: »Kommt schnell her. Kommt und verabschiedet euch.« - »Um Gottes willen!« explodierte der Arzt… die Frauen weinten nicht, sondern traten zu Changez und nahmen jede eine Hand. Salahuddin errötete vor Scham.
    Er würde nie erfahren, ob sein Vater das Todesurteil hörte, das von den Lippen seines Sohns tropfte.
    Dann fand Salahuddin bessere Worte, sein Urdu kehrte nach langer Abwesenheit zu ihm zurück. Wir sind alle bei dir, Abba.
    Wir lieben dich. Changez konnt e nicht sprechen, aber da war - oder nicht? - ja, es musste ein kleines Nicken gewesen sein. Er hat mich gehört. Und dann verließ Changez Chamchawala ganz plötzlich sein Gesicht; er lebte noch, aber er war irgendwo anders hingegangen, hatte sich nach innen gekehrt, um was immer da war anzuschauen. Er lehrt mich das Sterben, dachte Salahuddin. Er schlägt nicht die Augen nieder, sondern blickt dem Tod direkt ins Gesicht. An keinem Punkt während seines Sterbens sagte Changez Chamchawala den Namen Gottes.
    »Bitte«, sagte der Arzt, »treten Sie jetzt hinter den Vorhang zurück und lassen Sie uns unsere Arbeit tun.« Salahuddin führte die zwei Frauen ein paar Schritte zurück, und als der Vorhang Changez ihrem Blick entzog, weinten sie. »Er hat geschworen, er würde mich nie verlassen«, schluchzte Nasreen, die ihre eiserne Beherrschung schließlich doch verloren hatte, »und jetzt ist er gegangen.« Salahuddin spähte durch einen Spalt im Vorhang und sah, wie Strom in de n Körper seines Vaters gepumpt wurde, das plötzliche grüne Ausschlagen des Pulses auf dem Monitor, sah, wie Arzt und Schwestern die Brust seines Vaters drückten, sah Niederlage.
    Das letzte, was er auf dem Gesicht seines Vaters kurz vor der letzten, nutzlosen Anstrengung des medizinischen Personals bemerkte, war das Heraufdämmern eines so abgrundtiefen Entsetzens, dass Salahuddin bis auf die Knochen erschauerte. Was hatte er gesehen? Was war es, das auf ihn wartete, auf uns alle, das die Augen dieses tapferen Mannes vor Furcht erstarren ließ? Jetzt, da es vorbei war, trat er wieder an Changez’ Bett und sah, dass der Mund seines Vaters ein Lächeln formte.
    Er streichelte die süßen Wangen. Ich habe ihn heute nicht rasiert. Er starb mit Stoppeln auf dem Kinn. Wie kalt das Gesicht schon war; doch das Gehirn, das Gehirn hatte noch etwas Wärme. Sie hatten ihm Watte in die Nasenlöcher gestopft. Und wenn sie sich

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