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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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und meine Brust öffnetest, sie sahen, wie du mein Herz wuschest in den Wassern von Zamzam und es wieder in meinen Körper einsetztest. Viele von ihnen sahen es, aber immer noch verehren sie Steine. Und als du des Nachts kamst und mit mir nach Jerusalem flogst und ich über der heiligen Stadt schwebte, bin ich damals nicht zurückgekommen und habe sie genau beschrieben, bis in die kleinste Einzelheit? So dass es keinen Zweifel am Wunder geben konnte, und dennoch gingen sie zu Lat. Habe ich denn nicht mein Bestes getan, um es ihnen einfach zu machen? Als du mich zum Thron selbst hinauftrugst und Allah den Gläubigen die große Bürde von vierzig Gebeten pro Tag auferlegte. Auf dem Rückweg traf ich Moses, und er sagte, die Bürde ist zu schwer, kehre um und bitte um weniger.
    Viermal kehrte ich um, viermal sagte Moses, noch immer zu viel , kehre noch einmal um. Aber beim vierten Mal hatte Allah die Gebühr auf fünf hera bgesetzt, und ich weigerte mich umzukehren. Ich schämte mich, um noch weniger zu bitten. In seiner unermesslichen Großzügigkeit verlangte er fünf statt vierzig, und immer noch lieben sie Manat, wollen sie Uzza. Was kann ich tun? Was soll ich vortragen?
    Gibril bleibt still, weiß keine Antworten, um Himmels willen, Bhai, frag mich doch nicht. Mahounds Qualen sind schrecklich.
    Er fragt: Ist es möglich, dass sie Engel sind? Lat, Manat, Uzza…
    kann ich sie engelsgleich nennen? Gibril, hast du Schwestern?
    Sind sie die Töchter Gottes? Und er geht mit sich ins Gericht: ach, meine Eitelkeit, ich bin ein hoffärtiger Mensch, ist es Schwäche, ist es nur der Wunsch nach Macht? Muss ich an mir wegen eines Sitzes im Rat Verrat begehen? Ist das vernünftig und weise oder ist es eitel und zeugt von Eigenliebe? Ich weiß nicht einmal, ob der Grande es ehrlich meint. Weiß er es denn?
    Womöglich nicht. Ich bin schwach und er ist stark, sein Angebot verleiht ihm viele Möglichkeiten, mich zu ruinieren. Aber ich habe auch viel zu gewinnen. Die Seelen der Stadt, der Welt, die sind doch gewiss drei Engel wert? Ist Allah so unbeugsam, dass er nicht weitere drei annehmen kann, um die Menschheit zu retten? - Ich weiß nichts. - Sollte Gott stolz oder demütig sein, majestätisch oder einfach, nachgiebig oder un-? Was für eine Art Idee ist er? Was für eine Art bin ich?
     
    Halb schlafend oder wieder halb wach ist Gibril Farishta oft erfüllt von Groll über das Nicht-Erscheinen des Einen in seinen ihn verfolgenden Traumbildern, dessen, der angeblich die Antworten kennt. Er taucht nie auf, der eine, der sich fernhielt, als ich im Sterben lag, als ich ihn brauchte, so brauchte. Der eine, um den sich alles dreht. Allah Ishvar Gott. Abwesend wie immer, während wir in seinem Namen leiden und dulden.
    Der Allerhöchste hält sich fern; was immer wiederkehrt, ist diese Szene, der Prophet in Trance, das Ausstoßen, die Lichtschnur, und dann Gibril in seiner Doppelrolle als der Von-oben-Herabblickende und der Von-unten-Hinaufstarrende. Und beide in Todesangst wegen dieser Transzendenz. Gibril fühlt sich gelähmt durch die Gegen wart des Propheten, durch seine Größe, denkt, ich bringe keinen Ton heraus, ich wirke wie der größte Narr. Hamzas Rat: zeige nie deine Angst: Erzengel brauchen einen solchen Rat ebenso wie Wasserträger. Ein Erzengel muss gelassen wirken, was würde der Prophet denken, wenn der von Gott Erhöhte vor Lampenfieber zu bibbern begänne?
    Es geschieht: Offenbarung. Folgendermaßen: Mahound, noch immer in seinem Nicht-Schlaf, wird steif, die Adern in seinem Nacken treten hervor, er hält sich krampfhaft den Bauch. Nein, nein, kein epileptischer Anfall, so einfach kann man das nicht wegerklären; welcher epileptische Anfall machte jeden Tag zur Nacht, ließ die Wolken sich zusammenballen, die Luft sich zu einer Waschküche verdichten, während ein Engel, völlig verstört vor Angst, im Himmel über dem Leidenden hing, wie ein Drache an einer goldenen Schnur? Das Ziehen, wieder das Ziehen, und jetzt beginnt das Wunder in seinen meinen unseren Eingeweiden er presst mit aller Macht etwas heraus, erzwingt etwas, und Gibril beginnt diese Stärke diese Kraft zu spüren, hier müht sie sich ab mit meinem eigenen Mund, öffnet schließt ihn; und die Kraft, die von Mahound ausgeht, steigt auf zu meinen Stimmbändern, und die Stimme kommt.
    Nicht meine Stimme ich hätte nie solche Worte gewusst ich bin kein großer Redner war nie einer werde nie einer sein aber das ist nicht meine Stimme es ist die

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