Die Satanischen Verse
traurig. »Aber sie werden sehen. Sie werden hören. Es gibt nur einen Gott.« Große Not kommt über die vier, selbst Hamza ist niedergeschlagen. Mahound ist ins Wanken geraten, und seine Anhänger erbeben.
Er steht auf, verbeugt sich, seufzt, kommt zurück und gesellt sich wieder zu ihnen. »Hört mir zu, ihr alle«, sagt er und legt einen Arm um Bilals Schultern, den anderen um die seines Onkels. »Hört zu: es ist ein interessantes Angebot.«
Der nicht umarmte Khalid unterbricht verbittert: »Das Angebot ist eine Versuchung.« Die anderen blicken entsetzt.
Hamza spricht sehr sanft mit dem Wasserträger. »Warst nicht du es, Khalid, der vorhin mit mir kämpfen wollte, weil du fälschlicherweise annahmst, dass ich den Verkünder, als ich ihn einen Menschen nannte, in Wirklichkeit einen Schwächling nannte? Also was jetzt? Ist es nun an mir, dich zu einem Kampf herauszufordern?«
Mahound bittet um Friedfertigkeit. »Wenn wir streiten, gibt es keine Hoffnung.« Er versucht, die Diskussion auf eine theologische Ebene zu heben. »Es wird nicht vorgeschlagen, dass Allah die drei als ihm ebenbürtig akzeptieren soll. Nicht einmal Lat. Nur dass ihnen eine Art niedrigerer Vermittlerstatus zugestanden werden soll.«
»Wie den Teufeln«, platzt Bilal heraus.
»Nein.« Salman der Perser begreift, worum es geht. »Wie den Erzengeln. Der Grande ist ein schlauer Mann.«
»Engel und Teufel«, sagt Mahound. »Schaitan und Gibril. Wir alle erkennen bereits ihre Ex istenz irgendwo auf halbem Wege zwischen Gott und den Menschen an. Abu Simbel fordert nicht mehr, als dass wir diese zahlreiche Gesellschaft um drei erweitern. Nur drei, und - so deutet er an - alle Seelen Jahilias werden uns zufallen.«
»Und das Haus wird von den Statuen gesäubert werden?«
fragt Salman. Mahound erwidert, dass dies nicht genau bestimmt wurde. Salman schüttelt den Kopf. »Das geschieht, um dich zu vernichten.« Und Bilal fügt hinzu: »Es kann keine vier Götter geben.« Und Khalid, den Tränen nahe: »Verkünder, was sagst du? Lat, Manat, Uzza - lauter Frauen! Um Himmels willen! Sollen wir jetzt Göttinnen haben? Diese alten Kraniche, Reiher, hässlichen Weiber?«
Not Anstrengung Erschöpfung, tief eingegraben ins Gesicht des Propheten. Das Hamza, wie ein Soldat, der einen verwundeten Freund auf dem Schlachtfeld tröstet, in seine Hände nimmt. »Das können wir nicht für dich entscheiden, Neffe«, sagt er. »Steig auf den Berg. Geh und frag Gibril.«
Gibril: der Träumer, dessen Perspektive manchmal die der Kamera ist und dann wieder der des Zusehers entspricht. Wenn er eine Kamera ist, ist der Sucher ständig in Bewegung, er hasst statische Einstellungen, deshalb schwebt er auf einem hohen Kran und blickt hinunter auf die verkürzten Figuren der Schauspieler, oder er stürzt herab und steht unsichtbar zwischen ihnen, dreht sich langsam auf dem Absatz, um einen Schwenk um dreihundertsechzig Grad zu machen, oder versucht es mit einer Fahraufnahme und fährt neben Baal und Abu Simbel her, während sie dahinspazieren, oder er erforscht mit einer Handkamera die Geheimnisse des Schlafzimmers des Granden. Aber meist sitzt er wie ein zahlender Kunde im ersten Rang auf dem Mount Cone, und Jahilia ist die Leinwand. Er sieht zu und achtet auf die Handlung wie jeder Filmfan, genießt die Kämpfe Treulosigkeiten moralischen Krisen, aber es gibt nicht genug Mädchen für einen echten Hit, Mann, und wo sind die verdammten Lieder? Sie hätten diese Jahrmarktszenerie aufbauen sollen, vielleicht eine Nebenrolle für Pimple Billimoria in einem Vergnügungszelt, wo sie ihre berühmten Brüste hüpfen lässt .
Und dann, ohne Vorwarnung, sagt Hamza zu Mahound:
»Geh und frag Gibril«, und er, der Träumer, spürt, wie sein Herz vor Angst einen Sprung macht, wer, ich? Ich soll hier die Antworten wissen? Ich sitze hier und sehe mir diesen Film an, und jetzt zeigt dieser Schauspieler mit dem Finger auf mich, wer hat je so etwas gehört, wer verlangt vom verdammten Publikum eines »Theologicals«, es soll die verdammte Handlung auflösen? Aber während der Traum sich verändert, verwandelt er ständig seine Gestalt, er, Gibril, ist nicht mehr ein bloßer Zuseher, sondern der Hauptdarsteller, der Star. Mit seiner alten Schwäche, zu viele Rollen zu übernehmen: ja, ja, er spielt nicht nur den Erzengel, sondern auch ihn, den Geschäftsmann, den Verkünder Mahound, der den Berg heraufkommt, wenn er kommt. Ein raffinierter Schnitt ist erforderlich, um die
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