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Die Satanischen Verse

Die Satanischen Verse

Titel: Die Satanischen Verse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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und, und.
     
    Als sie Gibril Farishta erblickte, diese bizarre, satyrartige Gestalt, die in dionysischer Freude im Schnee herumhüpfte, da dachte Rosa Diamond nicht an sag schon Engel. Sie sah ihn vom Fenster aus, durch salz verklebtes Glas und alterstrübe Augen und spürte, wie ihr Herz einen Schlag tat und noch einen, so schmerzhaft, dass sie fürchtete, es könnte stehenbleiben; weil sie in dieser verschwommenen Gestalt die Inkarnation der tief in ihrer Seele vergrabenen Sehnsüchte zu erkennen glaubte. Sie vergaß die normannischen Invasoren, als wären sie nie gewesen, und stieg den Abhang aus tückischen Kieselsteinen hinunter, mit Mühe, aber schneller, als ihren fast neunzigjährigen Gliedmaßen guttat, um dem unglaublichen Fremden mit gespielter Entrüstung zu verkünden, dass er sich auf ihrem Grund und Boden aufhalte. Im allgemeinen war sie unnachgiebig, wenn es darum ging, ihr geliebtes Stück Land zu verteidigen, und wenn Woc henendaus flügler oberhalb der Hochwassermarke herumstreunten, dann fiel Rosa über sie her wie der Wolf über die Schafherde, so nannte sie es, mit Erklärungen und Forderungen: Das ist mein Garten, verstehen Si e. Und wenn sie frech wurden, - jetztreichtsAlte, dasistStrandhier -, dann ging sie ins Haus zurück, um einen langen grünen Gartenschlauch zu holen und ihn gnadenlos auf ihre Schottenkarodecken und Plastikkricketschläger und Sonnenölflaschen zu richten; und mit einem freundlichen Lächeln machte sie die Sandburgen ihrer Kinder kaputt und durchweichte ihre Leberwurstbrote: £5 stört Sie doch nicht, wenn ich meinen Garten gieße? Ja, sie war schon einmalig, man kannte sie im ganzen Dorf, eine wie sie ließ sich nicht ins Altersheim stecken, sie setzte ihre ganze Familie vor die Tür, als die wagte, so was vorzuschlagen, lasst euch nie wieder blicken, sagte sie zu ihnen, enterbte die ganze Truppe, bis auf den letzten Penny, ohne Wenn und Aber. Ganz allein war sie nun, und es konnten Wochen vergehen, ohne dass sie Besuch bekam, nicht mal von Dora Shufflebotham, die ihr den Haushalt geführt hatte, Dora war im letzten September gestorben, sie ruhe in Frieden, aber es ist schon ein Wunder, wie die komische Schachtel das schafft, in ihrem Alter, die vielen Stufen, wahrscheinlich wuselt sie den ganzen Tag rum, aber was soll’s, da würde doch jeder überschnappen, so ganz allein.
    Für Gibril gab es weder den Schlauch noch die scharfe Zungenspitze. Rosa ließ pro forma ein paar tadelnde Worte vom Stapel, hielt sich die Nasenlöcher zu, während sie den gefallenen und neuerdings schwefligen Saladin untersuchte (der zu diesem Zeitpunkt seine Melone noch nicht abgesetzt hatte), und dann, in einem Anfall von Schüchternheit, den sie mit nostalgischem Erstaunen willkommen hieß, stammelte sie eine Einladung, bbringen Ssie Ihren Ffreund am bbesten rrein ins Wwarme, und stapfte zurück, den Kiesstrand hoch, um den Wasserkessel aufzusetzen, dankbar für die beißend-kalte Winterluft, die ihre Wangen ohnehin zum Erröten brachte und ihr damit das Gesicht zu wahren half.
    Als junger Mann hatte Saladin Chamcha ein Gesicht von außergewöhnlicher Unschuld besessen, ein Gesicht, das aussah, als hätte es noch keine Ernüchterung, noch nichts Böses erfahren, und eine Haut, die so weich und glatt war wie die Hand einer Prinzessin. Dieses Gesicht war ihm bei Frauen immer von Nutzen gewesen, ja, es hatte sogar zu den Gründen gehört, die seine zukünftige Frau Pamela Lovelace anführte dafür, dass sie sich in ihn verliebt hatte. »So rund, so engelhaft«, staunte sie und nahm sein Kinn in ihre Hände. »Wie ein Gummiball.«
    Er war gekränkt. »Ich habe auch Knochen«, protestierte er.
    »Ein Knochengerüst«
    »Irgendwo da drin«, räumte sie ein. »Wie alle Leute.«
    Danach quälte ihn eine Zeitlang die Vorstellung, er sähe aus wie eine gesichtslose Qualle, und er ging daran, zum großen Teil, um dieses Gefühl loszuwerden, das bornierte, hochnäsige Betragen an den Tag zu legen, das ihm mittlerweile zur zweiten Natur geworden war. Es handelte sich daher um eine einigermaßen wichtige Angelegenheit, als er beim Erwachen aus einem langen Schlummer, in dem er pausenlos von unerträglichen Träumen heimgesucht worden war - mit immer wiederkehrenden Visionen von Zeeny Vakil, wie sie, in eine Meerjungfrau verwandelt, ihm von einem Eisberg aus quälend süße Melodien sang, Klagelieder über ihre Unfähigkeit, ihn aufs Festland zu begleiten, wie sie ihn ri ef und rief; doch als er zu ihr

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