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Die Satansbraut

Die Satansbraut

Titel: Die Satansbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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«, summte Walter nervös. »Die Musik hat einen
schönen Rhythmus. Sie gefällt mir.«
    »Die Melodie ist gut«, gab
Tracy zu. »Aber ich bin Ninas Meinung. Der Text ist miserabel.«
    »Vielleicht muß man ein wenig
dran ’rumfeilen«, meinte Alex. »Aber die Grundidee...«
    »Ein wenig?« Nina blitzte ihn
zornig an. »Bist du übergeschnappt? Tracy hat sich sehr wohlwollend
ausgedrückt, als sie >miserabel< sagte.«
    »Jetzt hört gefälligst mal
auf!« Berts Gesicht war krebsrot. »Was habt ihr an dem Text denn auszusetzen?
Er bringt doch die ganze verdammte Handlung, die sich bis dahin abgespielt hat,
oder etwa nicht?«
    »Oh, Sie witziger, kleiner
Mensch!« fuhr Nina ihn an. »Ein Liedertext soll doch keine Story erzählen. Er
soll fröhlich und verzaubernd wirken, und er soll einprägsam sein, damit ihn
die Leute behalten und in der Badewanne singen. Sie sollen hingehen und die
Schallplatte kaufen, damit das Lied zur Nummer eins in der Hitparade wird. Es
soll...« Sie schüttelte strafend ihr Haupt. »Muß ich eigentlich einem
Textdichter erklären, wie ein Text beschaffen sein soll?«
    Ich schätze, mich hätte es
beeindrucken sollen, aber nachdem sie alle zwei Stunden lang über alles uneins
geblieben und sich nur gegenseitig angegiftet hatten, ging mir die Sache
allmählich auf die Nerven. Und so sagte ich mir, ein Spaziergang draußen im
Sonnenschein könne mir nicht schaden, und da alles so damit beschäftigt war,
sich zu streiten, fiel es wahrscheinlich niemandem auf, wenn ich verschwand.
    Es war eine wahre Erlösung,
frische Luft zu atmen, die überdies nicht nur erfrischend, sondern auch völlig
smogfrei war. Ich ging durch den Hof zum Schwimmbecken, blieb ein Weilchen
stehen und blickte ins Wasser. Die Ränder waren immer noch dick von grüner
Schmiere überzogen, und ich sagte mir, das sei ein großer Jammer, denn im
Augenblick hätte ich nichts lieber getan als ein Bad genommen. Ich weiß nicht,
wie lange ich schon dagestanden hatte, als hinter mir die Stimme ertönte.
    »Selbst das Schönste verfällt«,
sprach sie. »So enden wir alle, wissen Sie. Von Schmutz bedeckt, verfault und
zerfällt der Mensch wie sein Werk.«
    »Es gruselt mir, wenn ich’s nur
anschaue«, sagte ich, ehe mir bewußt wurde, daß ich die Stimme gar nicht
kannte.
    Ich drehte mich um, und hinter
mir stand eine kleine Frau. Sie war nicht größer als einen Meter fünfzig und
wog höchstens achtzig Pfund. Das dünne weiße Haar lag glatt am Kopf. Sie war
wohl alt genug, um Alex’ Mutter sein zu können, aber es war praktisch
unmöglich, ihr genaues Alter zu schätzen. Das Gesicht war wettergegerbt und
hatte tiefe Falten, aber die funkelnden blauen Augen waren beängstigend
lebendig. Sie trug ein loses blaues Leinenkleid, das von den Schultern bis zu
den Knöcheln hinabfiel. Darunter ragte etwas heraus, das wie alte
Seemannsstiefel aussah.
    »Hallo.« Ich lächelte
zurückhaltend. »Ich bin Mavis Seidlitz.«
    »Sie können mich einfach Agatha
nennen«, sagte sie. »Sie sind alle da, nicht wahr?«
    »Wer, sie?« fragte ich.
    »Der kleine Piepser, die
geborene Hexe und die jungfräuliche Tochter.« Sie lächelte flüchtig, was
schmutzige gelbe Zähne enthüllte, die besser zu einem Pferdegebiß gepaßt hätten. »Warum sind Sie hier?«
    Ich erzählte Ninas Geschichte
von meiner Mutter, die im Showgeschäft gewesen sei.
    »Sie lügen natürlich.« Wieder
entblößte sie die schlimmen gelben Zähne. »Aber ich zweifle nicht daran, daß
Sie Ihre guten Gründe dazu haben, mein Kind.«
    »Und weshalb sind Sie hier,
Agatha?« fragte ich in Notwehr.
    »Ich bin, was man ein altes
Faktotum nennt.« Sie gackerte plötzlich, und es wäre mir lieber gewesen, sie
hätte es gelassen, denn es jagte mir einen Schauer über den Rücken.
    »Sie meinen, Sie arbeiten
hier?«
    »Man könnte es so nennen«,
sagte sie. »Ich war schon hier, ehe die anderen kamen, und ich werde noch da
sein, wenn sie längst verschwunden sind.«
    »Mr. und Mrs. Blount?« forschte
ich.
    »Wenn Sie die beiden so nennen
wollen, Kindchen. Aber man kann sie nennen, wie man will, sie bleiben immer die
große Hure und der röhrende Bulle. Ich habe eine Gabe, mein Kind. Ich sehe die
Menschen, wie sie wirklich sind, und ich sehe gleichzeitig ihre Vergangenheit
und ihre Zukunft.« Ihre blauen Augen schienen riesengroß zu werden, als sie
mich unverwandt anstarrte. »Sie haben diese Gabe auch, aber Sie haben sie noch
nicht entdeckt. Sie ist noch formlos und verschwommen, weil Ihr

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