Die Satansbraut
Verstand sich
weigert, sie zu akzeptieren.« Sie legte einen Finger auf die Lippen, dann sah
sie sich schnell um, als fürchte sie, jemand könne uns belauschen. »Sie haben
ihn gesehen, nicht wahr?«
»Wen?«
» Alton Asquith.«
»Er ist doch tot«, stammelte
ich.
»Nur der Körper stirbt«, sagte
sie scharf. »Aber Altons Geist ist an dieses Haus
gekettet. Er wird nie frei sein, bis er die bösen falschen Beschuldigungen
widerlegt hat, die immer noch seinen Namen beflecken. Aber seine Zeit ist nah.«
Sie nickte selbstzufrieden. »Sehr nah!«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich sagte es Ihnen doch schon,
Kindchen — ich habe diese Gabe.« Ihre scharfblickenden Augen studierten
gründlich mein Gesicht. »Irgendwie sind Sie in die Sache verwickelt. Seien Sie
vorsichtig. Ich sehe kommende Gefahren für Sie. Sehr große Gefahren.«
»Von Alton Asquiths Geist?« murmelte ich.
»Niemals.« Sie schüttelte
nachdrücklich den Kopf. »Sein Geist sucht nur Rache an den Schuldigen, nicht an
den Unschuldigen. Aber wenn Sie da hineinverwickelt werden, dann besteht für
Sie Gefahr durch die Schuldigen, die um jeden Preis versuchen, ihre Schuld zu
verbergen.« Ihre Augen wurden einen Moment lang gläsern. »Sie müssen sich vor
dreierlei hüten«, sagte sie in einer Art Singsang. »Vor dem Verrat eines
Menschen, der ein Freund zu sein scheint... Der Befleckung des Heiligen durch
das Profane... und vor der Spinne, die ihr unterirdisches Netz webt!«
»Nun ja...« Ich wollte nicht
grob zu ihr sein, auch wenn mir das Ganze wie ein Haufen purer Blödsinn vorkam.
»Jedenfalls vielen Dank, Agatha.«
»Sie sind gewarnt.« Sie legte
eine Hand auf meinen Arm, und ihre kalten harten Finger offenbarten
überraschende Kraft. »Sie sind sehr hübsch, mein Kind.« Sie kicherte plötzlich,
und im Magen empfand ich ein eigentümliches Gefühl der Leere. »So schöne blaue
Augen und so blond. Und Ihre herrliche Figur. Es wäre ein Jammer, dies alles
unter dem Zeichen des Bocks zu verlieren!« Sie ließ meinen Arm los. »Denken Sie
darüber nach, was ich Ihnen eben gesagt habe, mein Kind. Wenn die Zeit kommt,
daß Sie einen Freund brauchen, kann ich Ihnen vielleicht helfen. Hüten Sie sich
vor den anderen beiden — vor dem dicken Pfau und dem vieräugigen Strohmann.
Vielleicht sind sie ganz anders, als sie scheinen.«
Damit drehte sie sich um,
schritt erstaunlich flink davon und verschwand hinter einer Hausecke. Und ich
stand da und wußte nicht recht, war nur mein Magen weggerutscht oder gar der
Boden unter meinen Füßen? Sie hatte mir wahrlich eine tolle Zukunft prophezeit,
dachte ich düster. Ich schwebte in großer Gefahr, die mir von den Schuldigen
drohte, und wenn ich mir einen Freund erwarb, so durfte ich ihm nicht trauen — oder
ihr. Und dann war da noch der Humbug, den ich nicht verstand, vom Heiligen und
vom Profanen. Was lag dagegen schon an der Spinne, die mir ein unterirdisches
Netz webte! Das Zeichen des gespaltenen Hufs war das Zeichen des Bocksbeinigen,
des Teufels, und mein Herz hüpfte, als ich mich entsann, wie man die Leiche der
armen Mary Blanding gefunden hatte — jemand hatte ihr mit ihrem eigenen Blut
ein Hufzeichen auf die Stirn gemalt!
»Hallo, Mavis.«
Ich war so in Gedanken
versunken und mit meiner düsteren Zukunft beschäftigt, daß ich Celestine gar
nicht aus dem Haus hatte kommen sehen. Ich machte einen Satz wie ein
erschrecktes Pferd und wäre in den grünlichen Teich gefallen, hätte sie mich
nicht am Arm festgehalten.
»Nun mal langsam!« Sie lächelte
mich an. »Sie brauchen ein paar Spritzen Penicillin, wenn Sie da hineinfallen.«
»Vielen Dank, daß Sie mich
davor bewahrt haben«, sagte ich. »Warum sind Sie denn ’rausgegangen?«
»Sie schreien sich immer noch an«,
sagte sie. »Und ich fühlte, wenn ich nicht mal eine Weile von ihnen loskam,
fing ich auch noch zu schreien an.« Sie holte tief Luft, dann reckte sie die
Arme. »Welch ein herrlicher Tag! Wie wär’s, wenn wir ein bißchen schwimmen
gingen?«
»Da drin?« Ich wies auf die
Algen.
»Es gibt einen Pfad durch den
Wald, da ist man in einer Viertelstunde am Strand.«
»Prima!« sagte ich, dann verzog
ich das Gesicht. »Die Sache hat nur einen Haken. Ich habe keinen Badeanzug
mit.«
»Sie brauchen keinen«, meinte
sie. »Der Strand ist völlig abgeschirmt und einsam, da kommt kein Mensch hin.«
»Okay«, stimmte ich zu.
Wir gingen ums Haus in einen
Hinterhof, und dort befand sich ein windschiefes Holztor in der Mauer.
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