Die Satanswelt
vorausgegangen, irgendeine lächerliche Kleinigkeit. Egal. Die Familien verkauften jedenfalls ihre Habe und rüsteten mit dem Geld ein großes Schiff aus. Sie hatten die modernste und vollständigste Robotereinrichtung an Bord, die man sich vorstellen konnte.«
»Und sie stießen einfach ins Unbekannte vor?« fragte Falkayn ungläubig. »Ohne vorherige Erkundungsflüge?«
»Es gibt viele Planeten, auf denen Menschen leben können. Sie waren überzeugt davon, daß sie einen finden würden. Aber dazu kam es nicht mehr. Unterwegs wurde die Strahlenabschirmung beschädigt. Nur das Deck mit den Kinderkabinen besaß einen Notgenerator. Uns geschah nichts. Aber die Erwachsenen bekamen eine tödliche Dosis ab. Man hätte sie in einem Krankenhaus vielleicht retten können, aber das Schiff war zu weit weg von einem bewohnten Planeten. Zudem hatte auch die automatische Steuerung gelitten. Es gelang ihnen gerade noch, die Abschirmung zu richten und einige Roboter zu programmieren. Dann starben sie. Die Maschinen sorgten für uns Kinder; sie zogen uns in einer mechanischen, lieblosen Art groß. Sie gaben ein Gewirr von technischen Informationen an uns weiter. Aber wir lernten gern. Das Schiff war eine so nüchterne Umgebung, daß wir jede Ablenkung begrüßten.
Als man uns fand, waren wir zwischen zwölf und siebzehn Jahre alt. Unsere Retter gehörten einer nichthumanoiden Rasse an, aber sie taten für uns, was sie konnten. Natürlich kamen sie zu spät, um noch normale Menschen aus uns zu machen.« Sie seufzte.
»Wir blieben einige Jahre auf ihrem Planeten. Fragen Sie mich nicht, wo er liegt! Unsere Retter sind über die Liga im Bilde – es fanden gelegentlich Begegnungen statt – aber sie befürchten, daß ihr mit eurem hemmungslosen Kapitalismus ihre alte Kultur zerstören könntet. So vermeiden sie es, die Aufmerksamkeit anderer Völker auf sich zu ziehen.
Aber die Umweltbedingungen waren nicht gut für uns. Zudem wuchs in uns das Verlangen, Kontakt mit der eigenen Rasse aufzunehmen. Die Fremden hatten durch die Funde in unserem Schiff eine Menge technischer Anregungen erhalten, und da sie eine hohe Moral besitzen, beschlossen sie, uns als Gegenleistung den Start bei unseren Artgenossen zu erleichtern. Sie gaben uns eine wertvolle Erzladung mit auf den Weg und halfen uns später mit Komputerteilen aus. Natürlich sind sie auch froh, einflußreiche Freunde in der Liga zu besitzen. Ein Kontakt wird sich früher oder später wohl nicht vermeiden lassen.«
Thea sah zu ihm auf. »Das ist die ganze Story hinter Serendipity .«
Ihr Lächeln blieb oberflächlich. In ihrer Stimme schwang ein Hauch von jenem Fanatismus mit, den er schon im Büro beobachtet hatte.
Nur ein Hauch? Aber was sie ihm da erzählt hatte, war nicht irgendein Tatsachenbericht, sondern ihre Lebensgeschichte!
Wirklich? Hatte sie ihm die ganze Wahrheit gesagt? Manches war ihm unwahrscheinlich vorgekommen. Zumindest benötigte er noch mehr Einzelheiten, bevor er entscheiden konnte, welche Bedeutung der Geschichte zukam.
»Einzigartig«, sagte er.
»Ich verlange kein Mitleid«, entgegnete sie mit einer Festigkeit, die er bewunderte. »Es hätte uns weit schlimmer ergehen können. Ich dachte nur – Sie sind so weit gereist und haben eine Menge gesehen –, vielleicht verstehen Sie uns ein wenig …«
»Ich will es gern versuchen«, sagte Falkayn sanft.
»Wirklich? Sie wollen? Ich meine – angenommen, Sie bleiben eine Weile hier – und wir sprechen über all die Dinge, und Sie zeigen mir, wie die Menschen sind …«
»Haben Sie mich deshalb hergeholt? Ich fürchte …«
»Nein, nein. Mir ist klar, daß Ihre Arbeit vorgeht. Aber ich habe mir die Sache so vorgestellt: Wenn wir einen echten Gedankenaustausch treiben, gelingt es uns vielleicht, gemeinsam etwas Großes zu entwickeln. Gleichzeitig könnten – Sie und ich …« Sie drehte sich halb um. Eine Hand streifte die seine.
Einen Moment lang hätte Falkayn der Versuchung fast nachgegeben. Diese herbe Frau reizte ihn. Und die Eiswelt konnte warten.
Die Eiswelt! Er zuckte zusammen. Sie wollten unbedingt erreichen, daß er auf ihrem Schloß blieb. Es war ihr einziges Ziel. Sie hatten keine echten Vorschläge zu bieten, nur vage Versprechen, mit denen sie ihn hinzuhalten hofften. Er durfte sich nicht einwickeln lassen.
Thea Beidaniel erstarrte. »Habe ich etwas falsch gemacht?« fragte sie. »Sind Sie verärgert?«
»Wie?« Falkayn nahm sich zusammen. »Aber nein, Bürgerin – höchstens über
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