Die Schandmaske
Sie jemandem davon erzählt?«
Sarah sch üttelte den Kopf. »Ich kann mich nicht erinnern. Kann sein, dass ich es in der Praxis mal erwähnt habe. Aber es ist sowieso ewig her. Sie sprach sehr gut auf die neuen Medikamente an, die ich ihr gegeben habe, und eine solche Situation hat sich nicht wiederholt. Mir fiel der Schlüssel erst wieder ein, als ich heute Nachmittag nach hinten kam und die Blumentöpfe sah.«
Cooper zog zwei Plastikbeutel aus seiner Tasche und hob mit dem einen vorsichtig den Schl üssel vom Tisch, um ihn in den anderen hineinfallen zu lassen. »Und warum sind Sie überhaupt hinten herum gekommen, Dr. Blakeney? Wollte Mrs. Lascelles Sie vorn nicht rein lassen?«
Zum ersten Mal sah Sarah Joanna an. »Ich weiß nicht, ob sie nicht wollte. Vielleicht hat sie die Klingel nicht gehört.«
»Aber Ihr Anliegen war ja offenbar sehr dringend, sonst wären Sie nicht so entschlossen gewesen, sich Zutritt zu verschaffen. Möchten Sie mir nicht freundlicherweise sagen, worum es sich handelte? Ich vermute, es betrifft Ruth.« Er war zu erfahren, um den Ausdruck der Erleichterung zu übersehen, der auf Joannas Gesicht erschien.
»Richtig«, sagte Sarah freundlich. »Sie kennen meine Ansichten zu Erziehung und Bildung. Wir haben über Ruths weitere Ausbildung gesprochen.«
Sie l ügt, dachte Cooper und war erstaunt, mit welcher Leichtigkeit sie es tat. Mit einem stillen Seufzer nahm er sich vor, noch einmal alles, was sie ihm gesagt hatte, genau durchzugehen. Er hatte sie für eine ehrliche, wenn auch naive Frau gehalten, aber der Naive war offenbar er selbst. Alte Narren sind einfach nicht zu retten, dachte er bitter.
Aber der t örichte alte Tommy hatte sich eben ein bisschen verliebt.
Wie wahr ist doch das Sprichwort »Rache ist eine Speise, die kalt am besten schmeckt«. Gerade durch das Warten schmeckte sie um so süßer, und ich bedaure nur, dass ich meinen Triumph nicht in die Welt hinausposaunen kann. Nicht einmal James kann ich ihn offenbaren, der der Düpierte ist, es aber nicht weiß.
Heute Morgen h örte ich von meiner Bank, dass er meinen Scheck über 12 000 Pfund eingelöst und sich somit automatisch mit der Versicherungsabfindung einverstanden erklärt hat. Ich wusste, dass er das tun würde. Wenn es um Geld geht, ist James in seiner Gier so ungezügelt wie ein Kind. Es rinnt ihm wie Wasser durch die Finger, weil Bargeld in der Hand das einzige ist, was für ihn zählt. Ich wollte, ich wäre eine Fliege an der Wand und könnte sehen, wie er lebt, aber ich kann es mir sowieso denken. Alkohol und Strichjungen. Ich bin heute um 36500 Pfund reicher als gestern, und ich freue mich königlich darüber. Der Scheck von der Versicherungsgesellschaft für die Gegenstände, die über Weihnachten, während Joanna und ich in Cheshire waren, aus dem Safe gestohlen wurden, belief sich auf erstaunliche 23 500 Pfund. Der größte Teil davon war für den Brillantschmuck meiner Großmutter. Die Tiara war allein für 5500 Pfund versichert. Ich denke allerdings, sie war einiges mehr wert, ich habe sie ja seit Vaters Tod nicht mehr schätzen lassen. Herrlich, so ein unerwarteter Geldsegen für Schmuckstücke, die ich nie im Leben getragen hätte. Es gibt kaum etwas Hässlicheres als schweren Viktorianischen Schmuck. James' Uhren hingegen sind alles andere als hässlich, wahrscheinlich weil sein Vater sie gekauft hat und nicht James. Ich habe sie bei Sotheby's schätzen lassen und hörte, dass sie mehr als das Doppelte der 12 000 Pfund wert sind, für die sie versichert waren. Nach Zahlung der 12 000 Pfund an James bleiben mir also 11 500 Pfund aus dem Versicherungsscheck und eine gute Geldanlage im Wert von 25 000 Pfund, die ich meinem nichtswürdigen Ehemann rechtsgültig abgekauft habe.
Wie gesagt, Rache ist eine Speise, die kalt am besten schmeckt ...
14
Etwas fr üher am selben Nachmittag wurde ein großgewachsener, distinguiert wirkender Mann in Paul Duggans Büro in Poole geführt. Er gab seinen Namen mit James Gillespie an und legte ruhig seinen Reisepass und seine Heiratsurkunde zum Beweis vor. In dem Bewusstsein, dass er eine kleinere Bombe hatte platzen lassen, ließ er sich in einem Sessel nieder und betrachtete, die Hände auf dem Griff seines Spazierstocks, Paul Duggan unter buschigen weißen Augenbrauen hervor mit einer Miene der Erheiterung. »Kleiner Schock, wie?« sagte er. Selbst auf der anderen Seite des Schreibtischs war die Whiskyfahne deutlich zu riechen.
Duggan sah sich den Pa ss
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