Die Schandmaske
suchen.«
»Auf dem obersten Bord in der Bibliothek. Als Willy Shakespeares Werke markiert.« Er nahm eine Karte aus seiner Brieftasche. »Sie sind Anwalt, Mr. Duggan, ich verlasse mich daher auf Ihre Ehrlichkeit. Das ist meine Adresse. Ich hoffe, innerhalb der nächsten Tage von Ihnen zu hören. Wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Angelegenheit als dringend behandeln würden.« Sich auf seinen Stock stützend, stand er auf.
»Es wäre mir lieber, mit Ihrem Anwalt zu verhandeln, Mr. Gillespie.«
»Ich habe keinen, Sir.« Er sprach mit ergreifender Würde. »Meine Pension erlaubt eine solche Ausgabe nicht. Ich verlasse mich darauf, dass Sie ein Ehrenmann sind. Ein paar davon muss es ja in diesem heruntergekommenen Land noch geben.« Er ging zur Tür. »Vielleicht sind Sie der Meinung, ich h ätte Mathilda schlecht behandelt, indem ich sie und das Kind verließ. Lesen Sie die Tagebücher. Sie wird Ihnen selbst erzählen, wie es wirklich war.«
Duggan wartete, bis die T ür sich geschlossen hatte, dann griff er zum Telefon und rief die Polizei im Learmouth an.
Die Neuigkeit von Mathildas Tageb üchern wurde Cooper telefonisch durchgegeben, als er eben das Cedar House verlassen wollte. Mit einem Stirnrunzeln legte er nach dem Gespräch den Hörer auf. Sie hatten das Haus von oben bis unten durchsucht, und er war sicher, dass weder in der Bibliothek noch sonstwo handgeschriebene Tagebücher gewesen waren. »Tut mir leid, meine Damen, ich muss Ihre Zeit leider noch etwas länger in Anspruch nehmen. Würden Sie mich bitte begleiten?«
Verwundert folgten ihm Joanna und Sarah durch den Flur in die Bibliothek.
»Was suchen Sie denn?« fragte Joanna, als er vor dem Bücherregal, das die ganze Wand einnahm, stehenblieb und mit zusammengekniffenen Augen zum obersten Bord hinauf spähte.
Er hob den Arm und tippte an das dicke Mahagonibrett. »Sieht eine von Ihnen hier oben vielleicht die gesammelten Werke von William Shakespeare?«
»Ach, die stehen überall verstreut«, antwortete Joanna wegwerfend. »Welche Ausgabe suchen Sie?«
»Die, die eigentlich hier oben auf dem Bord stehen sollte.« Er sah sie an. »Die Tagebücher Ihrer Mutter. Mir wurde gesagt, sie hätte sie hier oben aufbewahrt, als Shakespeares Werke gebunden.«
Joanna sah ehrlich überrascht auf. »Was für Tagebücher?«
»Unseren Informationen zufolge hat sie über ihr ganzes Leben genau Buch geführt.«
»Davon habe ich nie was gehört.«
»Der Informant war ganz sicher.«
Joanna machte eine hilflose Bewegung. »Davon wusste ich nichts.«
»Wer ist denn Ihr Informant?« fragte Sarah neugierig.
Cooper behielt Joanna im Auge, als er antwortete: »James Gillespie«, sagte er. »Mrs. Lascelles' Stiefvater.«
Diesmal war die Überraschung nicht überzeugend. Es blieb Sarah überlassen, das Naheliegende zu erwidern. »Ich dachte, er hätte Mathilda schon vor Jahren verlassen«, sagte sie erstaunt. »Woher will er wissen, ob sie Tagebücher führte? Außerdem sitzt er doch in Hongkong - das hat jedenfalls meine Sprechstundenhilfe mir erzählt.«
»Nicht mehr, Dr. Blakeney. Wie Mrs. Gillespies Anwalt uns mitteilte, lebt er jetzt in Bournemouth.« Er wandte sich an Joanna. »Wir müssen das Haus noch einmal durchsuchen, und es w äre mir lieber, Sie wären dabei.«
»Selbstverständlich, Sergeant. Ich habe nicht vor, das Haus zu verlassen. Es gehört schließlich immer noch mir.«
Sarah sah sie an. »Und was ist mit Ruth? Sie können sie nicht einfach im Stich lassen.«
»Ruth muss lernen, für sich selbst einzustehen, Dr. Blakeney«, erwiderte sie mit einem vielsagenden Achselzucken. »Vielleicht hätten Sie sich die Konsequenzen etwas gründlicher überlegen sollen, ehe Sie meine Mutter zu einer Testamentsänderung überredeten. Sie werden verstehen, dass es mir beim derzeitigen Stand der Dinge ganz unmöglich ist, Ruth zu unterstützen.«
»Was sie braucht, ist emotionale Unterstützung, und die kostet Sie keinen Penny.«
»Ich habe ihr nichts zu sagen, was nicht alles noch schlimmer machen würde.« Die hellen Augen fixierten Sarah mit seltsam starrem Blick. »Ihr wurden mehr Möglichkeiten geboten, als ich jemals bekam, und sie hat sie einfach weggeworfen. Ihnen ist doch wohl klar, dass sie schon vor dieser schmutzigen kleinen Geschichte in der Schule meine Mutter monatelang bestohlen hat.« Ihr Mund verkniff sich unschön. »Sie haben keine Ahnung, wie ärgerlich ich bin, seit Miss Harris mich angerufen und mir den Grund für Ruths Ausschluss
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