Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
die Nase zur Tür heraus streckte und ihm schale Whiskydünste ins Gesicht blies. Er zeigte seinen Dienstausweis. »Sergeant Cooper, Kriminalpolizei Learmouth.«
    Gillespies Augenbrauen schoben sich unwirsch zusammen. »Und?«
    »Darf ich eintreten?«
    »Warum?«
    »Ich hätte Ihnen gern einige Fragen über Ihre verstorbene Frau gestellt.«
    »Warum?«
    Cooper sah schon, dass sich dieses Hin und Her endlos hinziehen würde. Er entschied sich für Direktheit. »Ihre Frau ist ermordet worden, Sir, und wir haben Anlass zu der Annahme, dass Sie sie vor ihrem Tod noch gesprochen haben. Soviel ich weiß, haben Sie mehrere Jahre im Ausland gelebt, ich sollte Sie deshalb vielleicht daran erinnern, dass Sie nach britischem Gesetz verpflichtet sind, uns in jeder Ihnen möglichen Weise bei unseren Nachforschungen behilflich zu sein. Darf ich jetzt hereinkommen?«
    »Wenn es sein muss.« Allem Anschein nach völlig ungerührt, führte er Cooper an einem Zimmer mit einem Bett vorbei in einen zweiten Raum, in dem ein abgewetztes Sofa und zwei Kunststoffsessel standen. Sonst waren keine Möbel da, auch keine Teppiche, nur vor dem Fenster hingen dünne Stores, so dass man nicht ganz das Gefühl hatte, direkt auf der Straße zu sitzen.
    »Ich erwarte verschiedene Sachen aus Hongkong«, blaffte er. »Müsste eigentlich jeden Tag kommen. Inzwischen muss ich so zurechtkommen. Setzen Sie sich.« Er setzte sich auf das Sofa und versuchte dabei recht ungeschickt, die leere Flasche verschwinden zu lassen, die zu seinen Füßen auf dem Boden lag. Im Zimmer stank es nach Whisky, Urin und ungewaschenem alten Mann. Gillespies Hose war vorn durchnässt, wie Cooper bemerkte. Er zog sein Heft heraus und konzentrierte seine Aufmerksamkeit taktvoll darauf.
    »Sie schienen nicht sehr überrascht zu sein, als ich Ihnen sagte, dass Ihre Frau ermordet wurde, Mr. Gillespie. Wussten Sie das schon?«
    »Hab so was gehört.«
    »Von wem?«
    »Meinem Bruder. Wir haben früher mal in Long Upton gelebt. Er kennt dort noch Leute. Da hört er manches.«
    »Wo lebt er jetzt?«
    »London.«
    »Würden Sie mir seinen Namen und seine Adresse geben?«
    Der alte Mann überlegte. »Tja, ist wohl nichts weiter dabei.
    Frederick Gillespie, Carisbroke Court, Denby Street, Kensington. Wird Ihnen aber nicht weiterhelfen k önnen. Weiß auch nicht mehr als ich.“
    Cooper bl ätterte in seinem Heft zurück, bis er auf die Adresse Joanna Lascelles' stieß. »Ihre Stieftochter wohnt auch in Kensington. Kennt Ihr Bruder sie?«
    »Glaub schon.«
    So, so, dachte Cooper. Ein ganzer F ächer interessanter Möglichkeiten öffnete sich vor ihm. »Wie lange sind Sie wieder in England, Mr. Gillespie?«
    »Sechs Monate.«
    Die verschiedenen Sachen aus Hongkong waren dann also nur Gerede. Solange dauerten auch Transporte um die halbe Welt heute nicht mehr. Der Alte war schlicht mittellos. »Und wohin sind Sie zuerst gegangen? Zu Ihrem Bruder? Oder zu Ihrer Frau?«
    »War erst drei Monate in London. Dann bin ich hierher zurück, wo meine Wurzeln sind.«
    Frederick wollte einen inkontinenten S äufer auf Dauer nicht im Haus haben. Das war natürlich nur eine Vermutung, aber Cooper war sicher, dass er recht hatte. »Und in dieser Zeit haben Sie Joanna Lascelles gesehen, und die hat Ihnen erzählt, dass Ihre Frau immer noch im Cedar House wohnte.« Er sagte es in einem Ton, als wäre es bewiesene Tatsache.
    »Nette Frau«, sagte Gillespie. »Hübsch. Wie ihre Mutter.«
    »Sie haben Ihre Frau also besucht.«
    Gillespie nickte. »Hatte sich nicht verändert. Ungehobelt wie immer.«
    »Und da haben Sie die Uhren gesehen. Von denen sie Ihnen geschrieben hatte, sie seien gestohlen worden.«
    »Hat Ihnen wohl der Anwalt erzählt?«
    »Ich komme eben von Mr. Duggan, ja. Er berichtete uns von Ihrem gestrigen Besuch.« Er sah das erboste Gesicht des alten Mannes. »Ihm blieb nichts anderes übrig, Mr. Gillespie. Die Unterschlagung von Informationen ist ein schweres Vergehen, besonders in einem Mordfall.«
    »Ich dachte, es wäre Selbstmord gewesen.«
    Cooper ging auf den Einwurf nicht ein. »Was haben Sie getan, als Sie erkannten, dass Ihre Frau Sie belogen hatte?«
    Gillespie lachte rau. »Mein Eigentum zurückverlangt, natürlich. Sie fand das sehr komisch. Behauptete, ich hätte vor dreißig Jahren Geld dafür genommen und kein Recht mehr darauf.« Er dachte zurück. »Ich habe sie manchmal geschlagen, als ich noch mit ihr zusammengelebt habe. Nicht fest. Aber ich musste ihr Angst vor mir machen.

Weitere Kostenlose Bücher