Die Schandmaske
n ächsten schwanger. Vielleicht wird James, wenn er in seinem Suff tobt wie ein Verrückter, wenigstens ein Gutes bewirken und bei mir eine Fehlgeburt verursachen. Er weint und wütet abwechselnd, schreit mir die wüstesten Beschimpfungen ins Gesicht, als legte er es darauf an, meine »Hurenhaftigkeit« durch das ganze Haus zu trompeten. Und weswegen das alles? Wegen einer flüchtigen, lustlosen Affäre mit Paul Marriott, dessen täppische, zaghafte Fummeleien kaum zu ertragen waren. Aber warum dann, Mathilda?
Weil es Tage gibt, da »tränk' ich wohl heiß Blut und töte Dinge, die der bittre Tag mit Schaudern sah'.« Pauls Tugendhaftigkeit ärgerte mich. Er sprach von der »lieben Jane«, als sei sie ihm wichtig. Die meiste Zeit denke ich an den Tod - den Tod des Kindes, James' Tod, Geralds Tod, Vaters Tod. Es ist nun mal eine so endgültige Lösung. Vater denkt sich alles mögliche aus, um mich in London zu halten. Er hat mir gesagt, Gerald habe geschworen, Grace zu heiraten, wenn ich zurückkehren sollte. Das Schlimmste ist, dass ich ihm glaube. Gerald hat jetzt schreckliche Angst vor mir.
Ich habe einen Privatdetektiv beauftragt, Fotos von James zu machen. Und was f ür Fotos ich da bekommen habe! »Es sind der Iltis nicht und nicht die witz'ge Stute so ungestüm in ihrer Brunst.«
Und dazu noch in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Um ehrlich zu sein, ich freue mich darauf, sie ihm zu zeigen. Was ich getan habe, war bloß eine Sünde. Was James tut, ist ein Verbrechen. Von Scheidung wird nicht mehr die Rede sein, das steht fest, und er wird ohne ein Wort der Widerrede nach Hongkong gehen. Ihm liegt so wenig daran wie mir, dass seine sexuellen Aktivitäten bekannt werden. Wirklich, Mathilda, du musst lernen, Erpressung zu lohnenderer Wirkung bei Gerald und Vater anzuwenden ...
17
Hughes, der in der vergangenen Nacht kaum geschlafen hatte und von nagenden Zweifeln am Gehorsam der Jugendlichen, die er so gut im Griff gehabt hatte, gequ ält wurde, war recht kleinlaut, als er in einem der Vernehmungsräume der Polizeidienststelle Freemont Road Chief Inspector Charlie Jones gegenüber Platz nahm. Er war wie Cooper pessimistischer Stimmung. »Sie sind wohl hergekommen, weil Sie mir den Mord an der alten Schachtel anhängen wollen«, sagte er finster. »Ihr seid doch alle gleich.«
»Na ja«, sagte Charlie mit seiner üblichen Trauermiene, »es bessert die Statistik auf. Bei der Polizei wird heute nach geschäftlichen Grundsätzen gearbeitet, junger Mann, und Produktivität ist wichtig.«
»So ein Scheiß.«
»Da sind unsere Kunden anderer Meinung.«
»Welche Kunden?«
»Die gesetzestreuen britischen Bürger, die für unsere Dienste auf dem Weg über die Steuern stattliche Summen bezahlen. Die Geschäftsgrundsätze verlangen, dass wir zunächst unsere Zielgruppe identifizieren, dann ihre Bedürfnisse feststellen und schließlich in angemessener und zufriedenstellender Weise auf sie eingehen. Sie, junger Mann, repräsentieren bereits einen hübschen Gewinn in der Bilanz. Vergewaltigung, Verabredung zur Vergewaltigung, Gewaltanwendung, sexuelle Nötigung, Diebstahl, Verabredung zum Diebstahl, Verabredung zur Rechtsbeugung« - mit einem breiten Lächeln brach er ab -, »womit ich bei dem Mord an Mrs. Gillespie angelangt wäre.«
»Ich hab's ja gewusst«, sagte Hughes wütend. »Ich hab gleich gewusst, dass Sie mir das unterjubeln wollen. Mann o Mann! Ich sag kein Wort mehr, bis mein Anwalt hier ist.«
»Wer hat was davon gesagt, dass Ihnen etwas untergejubelt werden soll?« fragte Charlie Jones. »Das einzige, was ich will, ist ein wenig Kooperation.«
Hughes musterte ihn argw öhnisch. »Und was krieg ich dafür?«
»Nichts.«
»Dann läuft auch nichts.«
Charlie Jones' Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Sie hätten mich fragen sollen, junger Mann, was Sie bekommen, wenn Sie nicht mit uns zusammenarbeiten. Ich werd's Ihnen gleich sagen. Sie bekommen mein Wort darauf, dass ich nicht rasten und ruhen werde, bis ich erreicht habe, dass Sie wegen Entführung und Vergewaltigung eines Kindes verurteilt und eingelocht werden.«
»Ich vergreif mich nicht an Kindern«, sagte Hughes höhnisch. »Hab ich noch nie getan. Werd ich auch nie tun. Und eine Vergewaltigung können Sie mir auch nicht anhängen. Ich hab in meinem Leben noch nie ein Mädchen vergewaltigt. Das hatte ich nie nötig. Was die anderen getan haben, ist ihre Sache. Ich hatte keine Ahnung, was da lief.«
»Wenn ein erwachsener Mann
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