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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Stück gehasst wie die Pest. Ich hab dreißig Jahre gebraucht, um es schätzen zu lernen.«
    »Auf den König Lear bin ich vor ein paar Tagen schon gekommen«, bemerkte Cooper, »aber ich seh die Verbindung immer noch nicht. Wenn sie ihr Vermögen zwischen Mrs. Lascelles und Miss Lascelles geteilt hätte, wäre eine Parallele dagewesen.«
    »Sie übersehen den entscheidenden Punkt, Tommy. König Lear war das tragischste aller Stücke von Shakespeare, und Mrs. Gillespie hat ihren Shakespeare gekannt. Für sie war doch alles, was er geschrieben hatte, das Evangelium. Sie haben vergessen, dass es noch eine dritte Tochter gab, die mit leeren Händen fortgeschickt wurde.« Er sprang auf. »Ich möchte Jack Blakeney in einer halben Stunde auf der Dienststelle haben. Seien Sie nett und holen Sie ihn. Sagen Sie ihm, Ihr Chef möchte sich mit ihm über Mrs. Gillespies unehelichen Sohn unterhalten.«
    Beide wusst en nicht, dass Jack Blakeney bereits eine halbe Stunde vorher verhaftet worden war, nach einem Anruf der Orloffs bei der Polizei und Joanna Lascelles' hysterischen Beteuerungen, dass er nicht nur versucht habe, sie zu töten, sondern auch zugegeben habe, ihre Mutter getötet zu haben.
    Der Inspector erfuhr davon, als er vom Mittagessen zur ückkam. Cooper wurde über Funk informiert und angewiesen, auf der Stelle zum Revier zurückzukehren. Er nahm sich jedoch eine Auszeit, fuhr auf einen verlassenen Feldweg und blieb dort fünf Minuten lang in tiefer Depression sitzen. Seine Hände zitterten so stark, dass er gar nicht hätte fahren können. Mit der schrecklichen Gewissheit der Niederlage erkannte er, dass seine Zeit um war. Er hatte verloren, was auch immer ihn zu einem guten Polizeibeamten gemacht hatte. Oh, er hatte immer gewusst, was seine Vorgesetzten über ihn sagten, aber er hatte auch gewusst, dass sie sich täuschten. Seine Stärke lag in seiner Fähigkeit, die Menschen, mit denen er zu tun hatte, richtig zu beurteilen, und ganz gleich, was andere dagegen sagten, er hatte im allgemeinen recht. Niemals jedoch hatte er sich von seinen Sympathien f ür einen Straftäter und seine Angehörigen daran hindern lassen, seine Pflicht zu tun. Und niemals hatte er sich von seiner harten Arbeit sein menschliches Verständnis rauben lassen oder die Toleranz, die seiner ganz privaten Meinung nach das einzige war, was den Menschen über das Tier erhob.
    Tief bedr ückt ließ er den Motor an und machte sich auf den Weg nach Learmouth. Er hatte beide Blakeneys falsch eingeschätzt. Und, was schlimmer war, er konnte Charlie Jones' Höhenflügen in Bezug auf König Lear so wenig folgen, wie er die erstaunliche Symmetrie erkennen konnte, die sich angeblich hinter Grabinschriften und Stanley-Messern verbarg. Hatte nicht Mr. Spede ihm gesagt, dass das Stanley-Messer, das im Bad gelegen hatte, aus der Küchenschublade stammte? Den Blumenkranz meinte er zu verstehen. Wer auch immer Mrs. Gillespie mit Nesseln und Maßliebchen geschmückt hatte, hatte die symbolische Verbindung zwischen ihr und König Lear im Auge gehabt. Wieso aber hatten sie sich dann von Ophelia in die Irre führen lassen?
    Laubgewinde, erinnerte er sich, und erinnerte sich auch, dass Dr. Blakeney sie im Badezimmer darauf aufmerksam gemacht hatte.
    Eine tiefe Niedergeschlagenheit dr ückte ihm fast das Herz ab. Armer Tommy Cooper. Er war eben doch nichts weiter als ein alberner alter Mann, der sich Phantasien über eine Frau hingab, die jung genug war, seine Tochter zu sein.
    Eine Stunde sp äter setzte sich Charlie Jones Jack Blakeney gegenüber, schaltete das Aufnahmegerät ein und gab Datum, Uhrzeit und die Namen der Anwesenden an. Er rieb sich die Hände, als machte er sich zum Kampf bereit. »Also, Mr. Blakeney, ich habe mich schon auf dieses Gespräch gefreut.« Er warf einen strahlenden Blick zu Cooper hinüber, der an der Wand saß und zu Boden blickte »Der Sergeant hat mir mit allem, was er mir über Sie erzählt hat, so richtig den Mund wässrig gemacht, ganz zu schweigen von den Berichten über Ihr Scharmützel mit der Polizei in Bournemouth und diese letzte kleine Eskapade im Cedar House.«
    Jack faltete seine H ände hinter seinem Kopf und lächelte mit blitzenden Zähnen. »Dann kann ich nur hoffen, dass Sie keine Enttäuschung erleben werden, Inspector.«
    »Ganz sicher nicht.« Er legte die Fingerspitzen seiner geschlossenen Hände aneinander, so dass sie auf dem Tisch vor ihm ein kleines Spitzdach bildeten. »Wir wollen die Geschichte mit Mrs.

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