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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Lascelles und den Zwischenfall in Bournemouth zunächst einmal beiseite lassen. Ich interessiere mich nämlich mehr für Ihre Beziehung zu Mrs. Gillespie.« Er wirkte sehr selbstgefällig. »Ich habe die Bedeutung des Blumenschmucks, den sie in der Badewanne trug, entschlüsselt. Nicht Ophelia, sondern König Lear. Ich habe es eben nachgeschlagen. Vierter Akt, vierter Auftritt, wo Cordelia von ihm sagt bekr änzt mit wilden Erdrauch, Windenranken, mit Kletten, Schierling, Nesseln, Kuckucksblumen . Und dann im sechsten Auftritt eine Regieanweisung. Lear tritt auf, phantastisch mit Blumen und Kränzen geschmückt . Nun, habe ich recht, Mr. Blakeney?«
    »Kann sein, ich fand Ophelia auch unwahrscheinlich. Ich habe gleich auf Lear getippt, als Sarah mir das Bild beschrieben hat.«
    »Und Lear ergibt eindeutig mehr Sinn.«
    Jack zog auf irritierende Weise eine Augenbraue hoch. »Tatsächlich?«
    »O ja.« Wieder rieb er sich die Hände, diesmal vor froher Erwartung. »Wenn ich mich recht erinnere, ist die Handlung folgende: Lear hatte zwei böse Töchter, Goneril und Regan, und eine ihn liebende Tochter, Cordelia. Cordelia verstieß er, weil sie sich weigerte, ihm mit leeren Worten zu schmeicheln; Goneril und Regan belohnte er, weil sie ihm Liebe vortäuschten, um einen Anteil seines Reichtums zu bekommen. Setzen Sie nun für Goneril und Regan Joanna und Ruth Lascelles ein; für Cordelia den Sohn, den Mrs. Gillespie damals zur Adoption freigab, den sie also verstieß und der auch nie einen Penny von ihr erhielt.« Er sah Jack direkt in die Augen. »Im Stück kehrte Cordelia zurück, um ihren Vater vor den Grausamkeiten ihrer Schwestern zu retten, und ich glaube, genauso hat es sich im wirklichen Leben abgespielt, wenn auch natürlich nur rein bildlich gesprochen. Weder Joanna noch Ruth waren grausam zu Mrs. Gillespie, sie waren ihr lediglich eine schreckliche Enttäuschung.« Er klopfte seine beiden Zeigefinger gegeneinander. »Cordelia, der uneheliche Sohn, den Mathilda längst aufgegeben hatte, kehrt auf wunderbare Weise zurück, um ihr vor Augen zu führen, dass es auch für sie noch Liebe gibt, dass sie nicht so verbittert ist, wie sie glaubte, und dass sie wenigstens einen Menschen hervorgebracht hat, der Eigenschaften hat, auf die man stolz sein kann. Wie finden Sie das, Mr. Blakeney?«
    »Phantasievoll.«
    Charlie Jones lachte leise. »Die einzige Frage ist, wer ist Cordelia?«
    Jack antwortete nicht.
    »Und kam er hierher, weil er auf der Suche nach seiner Mutter war, oder verschlug ihn der Zufall hierher. Wer hat wohl wen erkannt?«
    Wieder blieb Jack stumm, und Charlie Jones zog unwirsch die Brauen zusammen. »Sie müssen meine Frage nicht beantworten, Mr. Blakeney, aber Sie sollten besser nicht vergessen, dass ich hier Ermittlungen über einen Mord und einen Mordversuch anstelle. Schweigen wird Ihnen nicht helfen.«
    Jack zuckte die Achseln, allem Anschein nach v öllig ungerührt von den Drohungen. »Selbst wenn etwas an Ihren Spekulationen dran sein sollte, was hat das mit Mathilda Gillespies Tod zu tun?“
    »Dave Hughes hat mir heute was Interessantes erzählt. Er hat Sie gesehen, wie Sie einen Grabstein im Friedhof von Fontwell säuberten. Er behauptet, Sie seien von der Inschrift offensichtlich so fasziniert gewesen, dass er hinterher selbst hinging und sie nachlas. Wissen Sie noch, wie die Inschrift lautete?«
    » George Fitzgibbon, 1789 - 1833. Verdient ich Verachtung gar so tief, vom Schöpfer, der mich ins Leben rief? Du hast mich gemacht, gabst mir von dir, drum stirbt ein Teil von dir mit mir. Ich habe in den Gemeindebüchern nachgeschlagen. Er starb an Syphilis, weil er ein loses Leben geführt hatte. Maria, seine unglückliche Frau, starb vier Jahre später an der gleichen Krankheit und wurde neben George begraben, aber sie bekam keinen Grabstein, weil ihre Kinder sich weigerten, dafür zu bezahlen. Stattdessen hab ich in den Büchern einen Nachruf gefunden, und der ist noch besser. George war lüstern, böse und gemein, gab mir die Pest, der Teufel hol das Schwein . Kurz und sachlich. Dagegen war der von George die reine Heuchelei.«
    »Kommt ganz darauf an, wen George als seinen Schöpfer betrachtet hat«, sagte Charlie Jones. »Vielleicht war es seine Mutter, die er mit sich in die Hölle nehmen wollte.«
    »Wer hat Ihnen erzählt, dass Mathilda einen unehelichen Sohn hatte?« entgegnete Jack. »Ich hoffe, Ihre Quelle war zuverlässig, sonst ist Ihre ganze schöne Konstruktion auf Sand

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