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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Nachmittag im Haus ihrer Großmutter gewesen war? Warum haben Sie ihm nicht gesagt, dass Mrs. Jane Marriott am Morgen des Samstag eine heftige Auseinandersetzung mit ihr hatte?«
    »Wie hätte ich ihm denn etwas sagen können, von dem ich selbst nichts wusste?«
    »Wenn Sie hier im Haus waren, Mr. Orloff, hätten Sie es gar nicht überhören können. Jane Marriott bezeichnete ihre Auseinandersetzung mit Mrs. Gillespie als einen Riesenkrach, und Ruth sagt, sie habe am Nachmittag geläutet, weil sie ihren Schlüssel in der Schule vergessen hatte.«
    »Aber ich war ja nicht hier, Inspector«, entgegnete er freundlich. »Ich habe, während meine Frau in Poole war, einen langen Spaziergang gemacht.«
    Von der T ür her war ein erstickter Aufschrei zu hören. »Aber Duncan!« rief Violet. »Wie kannst du nur solche Lügen erzählen! Du machst nie Spaziergänge.« Wie ein kleines Schiff unter vollen Segeln stürmte sie ins Zimmer. »Und glaub ja nicht, ich weiß nicht, warum du lügst. Es ist dir einfach zu viel Mühe, der Polizei bei ihren Ermittlungen zu helfen, genau wie dir alles andere zu viel Mühe ist. Natürlich war er hier, und natürlich wird er Jane und Ruth gehört haben. Wir haben Ruth immer gehört, wenn sie da war. Sie und ihre Großmutter konnten ja nicht zusammen in einem Raum sein, ohne zu streiten. Und mit ihrer Mutter war es genauso. Immer gab es Streit. Aber man kann's ihr ja auch im Grunde nicht verübeln. Sie braucht Liebe, das arme Kind, und weder Mathilda noch Joanna waren zu einer solchen Regung überhaupt fähig. Die einzigen Leute, für die Mathilda etwas übrig hatte, waren die Blakeneys, Sie wissen schon, der Maler und seine Frau, mit ihnen hat sie oft gelacht, und ich glaube, sie hat sich für ihn sogar ausgezogen. Ich hab sie selbst in ihrem Schlafzimmer gehört, richtig kokett und neckisch. Nicht schlecht für eine alte Frau sagte sie zum Beispiel. Und dann einmal: Ich war früher einmal eine schöne Frau, wissen Sie. Die Männer haben mich umworben. Und das stimmt, es war wirklich so. Sogar Duncan hat sie geliebt, als wir alle noch viel jünger waren. Heute bestreitet er es natürlich, aber ich hab's immer gewusst. Wir Mädchen wussten alle, dass wir nur zweite Wahl waren. Mathilda spielte immer die Unnahbare, verstehen Sie, und das war für die Männer eine Herausforderung.« Sie legte eine Pause ein, um Atem zu holen, und Cooper, der neben ihr stand, roch den Whisky auf ihren Lippen. Er verspürte einen Moment Mitleid mit dieser kleinen Frau, die sich nie hatte entfalten können, weil sie immer im Schatten von Mathilda Gillespie gelebt hatte.
    »Aber das spielt heute keine Rolle mehr«, fuhr sie fort. »Er hat schon vor Jahren das Interesse an ihr verloren. Man kann auf die Dauer keinen Menschen lieben, der ständig unverschämt ist, und Mathilda war immer unverschämt. Sie fand das komisch. Sie sagte mit Vorliebe die schrecklichsten Dinge und lachte dann. Ich will nicht behaupten, dass wir einander nahestanden, aber sie hat mir doch leid getan. Sie hätte etwas aus ihrem Leben machen sollen, aber sie hat es nicht getan, und das hat sie verbittert.«
    Sie richtete einen strengen Blick auf ihren Mann. »Ich weiß, dass sie dich immer geneckt hat, Duncan, und dich Ochsenfrosch nannte, aber das ist doch kein Grund, nicht bei der Suche nach ihrem Mörder zu helfen. Mord ist unverzeihlich. Und ich finde es besonders unverzeihlich, dass man ihr diese schreckliche Schandmaske aufgesetzt hat. Du warst doch selbst ganz außer dir, als sie sie dir aufgesetzt hat.« Sie drehte sich nach Charlie Jones um. »Das war auch so einer ihrer fürchterlichen Scherze. Sie sagte, Duncan würde nur abnehmen, wenn man ihm die Zunge lähmt, und eines Tages, als er im Garten schlief, hat sie sich angeschlichen und ihm dieses grausige rostige Ding über den Kopf gestülpt. Er war zu Tode erschrocken.« Sie brach ab und schwieg.
    Nach einer l ängeren Pause sagte Charlie Jones: »Ich vermute, so haben auch Sie ihr die Schandmaske aufgesetzt. Als sie schon schlief. Aber es würde mich interessieren, wie es Ihnen gelungen ist, ihr das Schlafmittel zu geben. Nach Schätzung des Pathologen waren es vier oder fünf Tabletten, und diese Menge hätte sie niemals selbst genommen.«
    Duncans Blick verweilte kurz auf dem entsetzten Gesicht seiner Frau, ehe er zu Cooper wanderte. »Alte Frauen haben zwei Dinge gemeinsam«, erklärte er mit einem dünnen Lächeln. »Sie trinken zu viel und sie reden zu viel. Mathilda Gillespie

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