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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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er sie heiraten. »Grace will Gerry ein Kind schenken, Matty«, babbelte er mir vor, »und Gerry möchte ein Kind.« Warum nur war mein Großvater so unerhört dumm? Es wäre doch viel vernünftiger gewesen, die Peinlichkeit, Gerald in eine Anstalt zu geben, auf sich zu nehmen, als alle Welt glauben zu machen, er sei normal.
    Ich bin zu Vater gegangen, der betrunken wie immer in der Bibliothek sa ß, und habe ihm klipp und klar gesagt, dass Gerald nicht mehr mitspielt. »Du bist ein solcher Idiot!« habe ich ihn angeschrien. »Grace wird sich kein zweites Mal kaufen lassen. Glaub ja nicht, sie hätte inzwischen nicht begriffen, dass sie mehr herausholen kann, wenn sie Gerald heiratet, als wenn sie deine Schmiergelder nimmt.« Vater zog den Schwanz ein, wie er das immer tut. »Es ist nicht meine Schuld«, jammerte er, »es ist die Schuld deines Großvaters. Er hätte mich in seinem Testament namentlich erwähnen sollen, anstatt von Geralds nächsten männlichen Verwandten zu sprechen.« Ich hätte ihn umbringen können. Immer dasselbe alte Lied, nie ist es seine Schuld, immer die der anderen. Aber in einer Hinsicht hat er recht. Warum hat mein Großvater einen Treuhandfonds angelegt, um zu verhindern, dass sein schwachsinniger Erstgeborener sein ganzes Vermögen vergeudet, ohne ganz klar zu sagen, dass hinterher mein Vater erben soll? Wieso ist er nie auf den Gedanken gekommen, dass Gerald die Testamentsbedingungen wie ein Papagei jedem raffinierten kleinen Luder herunterplappern würde, das sich dafür interessierte? Grace ist mittlerweile bestimmt dahintergekommen, dass es sich lohnt, Gerald zu heiraten, nur um einen Sohn zu produzieren, der einmal alles erben wird. Vermutlich hatte mein Großvater keine Ahnung, dass Schwachsinnige so vom Sex besessen sein k önnen und dass sie fähig sind, Kinder zu zeugen. Ich habe Vater den ganzen Abend die Schandmaske tragen lassen und er hat versprochen, in Zukunft den Mund zu halten. Gerald hockte natürlich in der Ecke und wimmerte, weil er Angst hatte, dass ich sie ihm auch aufsetzen würde. Aber ich hob ihm versprochen, wenn wir nichts mehr davon hören würden, dass er mit Grace zusammenleben wolle, würde ich nett zu ihm sein. Jetzt ist er wieder ganz gefügig. Wie merkwürdig, dass diese beiden, deren Verstand nicht einmal für einen reicht, das Erniedrigende an der Schandmaske erkennen können, während Duncan, der immerhin eine gewisse Intelligenz besitzt, durch sie in die größte Erregung gerät. Einfach widerlich. Für Gerald und Vater ist sie die notwendige Strafe für die Sünden, die sie gerne begehen wollen. Für Duncan ist sie ein Fetisch, der seine Lust entfacht. Man braucht sie ihm nur aufzusetzen, und schon ist er in höchster Erregung. Aber was ist er doch für ein feiger Wurm. Er fleht mich auf Knien an, ihn zu heiraten, und lässt gleichzeitig Violet und ihre Eltern alle Vorbereitungen für die Hochzeit treffen. Er will keinesfalls riskieren, ihre lumpige Mitgift zu verlieren, solange er nicht sicher ist, dass er meine bekommt.
    Ich k önnte niemals einen Mann heiraten, der seine Lust aus seiner eigenen Erniedrigung bezieht, denn dann bliebe ja für mich kein Vergnügen mehr. Ich kann sie nur lieben, wenn sie kriechen. Dennoch, es ist seltsam, wie viele Männer Grausamkeit attraktiv finden. Wie Hunde lecken sie die Hand, die sie schlägt. Arme Violet. Ich habe Duncans Hirn mit Phantasien gefüllt, die sie niemals befriedigen kann. Tja, das ist doch ein sehr erheiternder Gedanke. Ich könnte es wirklich nicht ertragen, die beiden glücklich zu sehen. Aber ich kann es ja überhaupt nicht ertragen, andere glücklich zu sehen ...

19
    Sarah goss ihnen Wein nach und betrachtete die leere Flasche mit einem wehmütigen Blick. »Gott sei Dank ist mein Gift nicht verboten«, murmelte sie. »Ich weiß nur zu gut, dass ich ein äußeres Stimulans brauche, um mit den Widrigkeiten des Lebens fertig zu werden. Haben Sie ihr das Heroin abgenommen, Cooper? Wenn ja, dann ist sie jetzt bestimmt in einem verzweifelten Zustand.«
    »Nein«, antwortete er, »aber Sie können das für sich behalten.«
    »Sie sind ein sehr gütiger Mensch«, sagte sie.
    »Ich bin Realist«, korrigierte er sie. »Hätte Joanna ihre Mutter ermordet, dann wäre ich in einer stärkeren Position gewesen, wenn ich mein Wissen zunächst für mich behalten hätte und erst im kritischen Moment damit herausgerückt wäre. Sie wäre bei einem polizeilichen Verhör sehr angreifbar gewesen, wenn wir sie

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