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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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allmählich zu alt, um zu stehen, wenn eine Sitzgelegenheit vorhanden war. »Ich will ganz ehrlich mit Ihnen sein, Sir, ich kann Ihnen im Augenblick keinen Auftrag geben.«
    »Ich hab's gewusst«, sagte Jack verächtlich. »Sie sind genau wie dieser Schleimer, dieser Matthews.« Er ahmte den walisischen Singsang des Pfarrers nach. »Im Ernst, Jack, ich bewundere Ihre Arbeit, ganz ehrlich, aber ich bin, wie Sie wissen, ein armer Mann.« Er knallte seine Faust in seine Handfläche. »Daraufhin habe ich ihm eines meiner frühen Bilder für zweitausend angeboten, und der Mistkerl wollte mich auf lumpige dreihundert runterhandeln. Da lachen doch die Hühner«, knurrte er. »Der verdient schon mit ein paar lausigen Predigten mehr.« Er sah den Sergeant zornig an. »Wieso wollen Sie immer alles umsonst haben? Sie würden doch auch keine Gehaltskürzung hinnehmen, oder?« Er warf einen raschen Blick auf Sarah. »So wenig wie meine Frau sich mit der Hälfte des Honorars zufriedengeben würde. Aber Sie werden eben vom Staat bezahlt, während ich mich allein durchwursteln muss.«
    Es lag Cooper auf der Zunge zu sagen, dass Blakeney ja seinen Weg selbst gewählt und niemand ihn gezwungen hatte, ihn einzuschlagen. Aber er verkniff es sich. Er hatte mit seinen Kindern zu viele bittere Auseinander- Setzungen über eben dieses Thema ausgefochten und kein Verlangen, sie mit einem Fremden wieder aufzuwärmen. Im Übrigen hatte der Mann ihn missverstanden. Absichtlich, vermutete er.
    »Ich bin im Augenblick nicht in der Lage, Ihnen einen Auftrag zu erteilen, Sir«, sagte er mit sorgfältiger Betonung, »weil Sie sehr eng mit einer Frau zu tun hatten, die möglicherweise ermordet worden ist. Gäbe ich Ihnen jetzt Geld, ganz gleich, aus welchem Grund, so würde sich das auf Ihre Chancen vor Gericht, falls Sie das Pech haben sollten, dort erscheinen zu müssen, äußerst nachteilig auswirken. Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, sieht die Sache völlig anders aus.«
    Jack betrachtete ihn pl ötzlich mit einer Art mitleidiger Nachsicht. »Wenn ich Ihnen zweitausend Pfund zahlen würde, wäre das vielleicht zutreffend. Aber doch nicht anders herum. Sie denken doch nur an Ihre eigene Position, nicht an meine.«
    Cooper lachte wieder. »Nehmen Sie mir das übel? Es ist wahrscheinlich eitler Optimismus, aber ich habe die Hoffnung auf eine Beförderung noch nicht ganz aufgegeben, und Schwarzgeldzahlungen an Mordverdächtige kämen bei meinem Chef ganz groß an. Die Zukunft sieht wesentlich heller aus, wenn man den Inspector schafft.«
    Jack musterte ihn mehrere Sekunden lang sehr aufmerksam, dann verschr änkte er die Arme über seinem schäbigen alten Pullover. Er begann sich für diesen rundlichen, recht untypischen Polizeibeamten mit dem gemütlichen Lächeln zu erwärmen. »Na gut. Wie also lautete gleich wieder Ihre Frage? Warum hat Mathilda mir mit der Schandmaske auf dem Kopf Modell gesessen?« Er betrachtete das Porträt. »Weil sie behauptete, sie stelle den Kern ihrer Persönlichkeit dar. Und sie hatte recht.« Mit zusammengekniffenen Augen schien er zurückzublicken. »Ich denke, am einfachsten könnte man sie beschreiben, wenn man sagt, dass sie unterdrückt war, aber die Unterdrückung wirkte nach zwei Seiten.« Er lächelte schwach. »Vielleicht ist das immer so. Sie wurde als Kind misshandelt und hat später, weil sie unfähig war, Liebe zu fühlen oder zu geben, die Misshandlungen weitergegeben. Und das Symbol ihrer Misshandlung, sowohl der selbsterfahrenen als auch der an anderen vollzogenen, war die Schandmaske. Sie wurde ihr aufgeschnallt, und sie wiederum schnallte sie ihrer Tochter auf.« Sein Blick flog zu Sarah. »Das Ironische ist, dass die Schandmaske auch ein Symbol ihrer Liebe war, glaube ich, oder der Feuerpausen, die in Mathildas Leben Augenblicke der Liebe darstellten. Sie nannte Sarah ihre kleine Schandmaske und meinte es als Kompliment. Sie sagte, Sarah sei der einzige Mensch, den sie kenne, der ihr ohne Vorurteil begegnet sei und sie so genommen habe, wie sie ist.« Er lächelte warm. »Ich versuchte, ihr zu erklären, dass das kaum etwas Lobenswertes sei - Sarah hat viele Schwä chen, aber ihre schlimmste ist meiner Ansicht nach ihre naive Bereitschaft, jeden so zu akzeptieren, wie er oder sie sich selbst sieht -, aber Mathilda erlaubte einem nicht, auch nur ein Wort gegen sie zu sagen. Und das ist alles, was ich wei ß«, schloss er aufrichtig.
    Cooper hatte insgeheim den Verdacht, dass Jack Blakeney

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