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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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nicht bedauern, und das wiederum lässt darauf schließen, dass Sie einen tief sitzenden Hang haben, sich hoffnungslosen Fällen zu verschreiben. Wahrscheinlich sind Sie deshalb Ärztin geworden und wahrscheinlich hatten Sie deshalb diese alte Hexe auf dem ungewöhnlichen Bild neben dem Ihren so gern. Na, wie schlage ich mich für einen Prolo?«
    Sie lachte überrascht. »Ich finde nicht, dass Sie ein Prolo sind«, antwortete sie. »Jack wäre hingerissen von Ihnen. Der Renaissancemensch in seinem ganzen Glanz. Sie sind gut, nicht wahr?«
    »Was verlangt er für seine Bilder?«
    »Er hat bisher überhaupt erst eines verkauft. Es war ein Porträt einer seiner Geliebten. Er bekam zehntausend Pfund dafür. Der Mann, der es gekauft hat, war ein Galerist aus der Bond Street. Er sagte, Jack sei der aufregendste Künstler, der ihm je begegnet sei. Wir dachten, wir hätten es geschafft, aber drei Monate später war der arme Mann tot, und seitdem hat nie wieder jemand Interesse gezeigt.«
    »Das ist nicht wahr. Pfarrer Matthews hat mir gesagt, er würde auf der Stelle ein Bild kaufen, wenn sie nicht so teuer wären. Ich übrigens auch. Hat er schon mal ein Ehepaar porträtiert? Für ein Bild von mir und meinem alten Mädchen über dem Kamin würde ich bis auf zweitausend gehen.« Er betrachtete Mathildas Porträt aufmerksam. »Ich nehme an, das Gold steht für das einzige versöhnliche Moment, ihren Humor. Meine Frau ist die reinste Lachtaube. Sie wäre durch und durch Gold. Das würde ich liebend gern sehen.«
    »Und welche Farbe hätten Sie?« fragte plötzlich Jack in belustigtem Ton hinter ihnen.
    Sarah erschrak, doch Cooper sah ihn nur einen Moment lang nachdenklich an. »Wenn ich mal annehme, dass ich diese Bilder richtig gedeutet habe, Sir, würde ich sagen, eine Mischung aus Blau- und dunklen Rottönen für dickköpfigen Zynismus gepaart mit Realismus, wie bei Ihrer Frau und Mrs. Gillespie; etwas Grün, das, wie ich vermute, für Anständigkeit und Ehrgefühl steht, weil es bei Mrs. Gillespies Porträt völlig fehlt, und« - er lächelte - »eine Riesenmenge Schwarz.«
    »Warum Schwarz?«
    »Weil ich im dunklen tappe«, antwortete Cooper mit plumpem Humor und zog seinen Dienstausweis heraus. »Sergeant Cooper, Sir, von der Polizeidienststelle Learmouth. Ich ermittle in der Sache Mathilda Gillespie. Vielleicht möchten Sie mir erklären, warum sie Ihnen mit der Schandmaske auf dem Kopf gesessen hat? Angesichts der Umstände ihres Todes interessiert mich das brennend.“
    Die Arthritis ist grausam. Sie macht einen so verletzlich. W äre ich eine weniger zynische Frau, so würde ich sagen, Sarah besitzt heilende Kräfte, wobei ich allerdings gestehen muss, dass ich glaube, nach Hendry, diesem alten Idioten, konnte nur etwas Besseres kommen. Er war zu faul, sich auf seinem Gebiet auf dem laufenden zu halten. Sarah hat mir erzählt, dass man riesige Fortschritte gemacht hat, von denen er offensichtlich keine Ahnung hatte. Ich hätte fast Lust, eine Klage anzustrengen, wenn nicht in meinem Namen, so in Joannas. Eindeutig war er derjenige, der sie auf den Weg in die Sucht geführt hat.
    Sarah fragte mich heute, wie es mir ginge, und ich antwortete mit einer Zeile aus dem Lear: »Ich gedeih, ich wachse! Nun, Götter, schirmt Bastarde!« Sie nahm natürlich an, ich spräche von mir selbst, lachte und sagte: »Ein Biest vielleicht, Mathilda, aber niemals ein Bastard. Der einzige Bastard, den ich kenne, ist Jack.« Ich fragte sie, was er getan habe, um sich so einen Namen zu verdienen. »Er betrachtet meine Liebe als etwas Selbstverständliches«, sagte sie, »und bietet seine jedem an, der dumm genug ist, ihm zu schmeicheln.«
    Wie unvollkommen menschliche Beziehungen sind. Das ist nicht der Jack, den ich kenne. Er h ütet seine Liebe so eifersüchtig wie seine Kunst. Ich glaube, Sarah sieht da »durch einen Spiegel ein dunkles Bild«. Sie glaubt, er streunt, aber nur, vermute ich, weil sie seine Wirkung auf Frauen als Richtschnur für ihr Urteil über ihn nimmt. Seine leidenschaftlichen Gefühle machen ihr Angst, weil sie jenseits ihrer Kontrolle sind, und sie weniger klar sieht, als sie glaubt, worauf er sie richtet.
    Ich liebe diesen Mann. Er ermutigt mich, »der Verdammnis die Stirn zu bieten«, denn was ist das Leben anderes als Rebellion gegen den Tod ...

6
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