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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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denken.«
    »So was Gemeines!« zischte sie. »Dann beantworte ich auch keine Fragen.«
    Er spielte den Verwunderten. »Darf ich das so verstehen, dass Sie nun doch keinen Anwalt wollen?«
    »Nein. Ja.« Sie schlang beide Arme fest um ihren Oberkörper. »Aber ich sag kein Wort.«
    Cooper kehrte zu seinem Stuhl zur ück. »Das ist Ihr gutes Recht. Aber wenn ich von Ihnen keine Auskunft bekomme, muss ich mich anderswo umhören. Meiner Erfahrung nach beschränken sich Diebe nicht darauf, von nur einer Person zu stehlen. Ich bin gespannt, was passiert, wenn ich Ihre Mitschülerinnen, die mit Ihnen in einem Haus wohnen, zusammenrufe und sie frage, ob ihnen im Lauf des letzten Jahres etwas abhanden gekommen ist. Sie werden natürlich sofort begreifen, was das zu bedeuten hat, weil sie wissen, dass meine einzige Verbindung zur Schule Sie sind.«
    »Das ist Erpressung.«
    »Das ist normale polizeiliche Arbeitsweise, Miss Lascelles. Wenn ein Beamter seine Informationen nicht auf dem einen Weg bekommt, muss er es auf einem anderen versuchen.«
    Sie starrte ihn finster an. »Ich hab sie nicht getötet.«
    »Habe ich das denn behauptet?«
    Sie schien sich die Antwort nicht versagen zu k önnen. »Nein, aber Sie denken es. Wenn ich dort war, muss ich sie auch getötet haben.«
    »Sie ist wahrscheinlich am Abend gestorben, zwischen neun Uhr und Mitternacht. Waren Sie zu dieser Zeit im Haus?«
    Sie sah erleichtert aus. »Nein. Ich bin um fünf wieder weg. Ich musste rechtzeitig zu einem Physikvortrag wieder hier sein. Physik gehört zu meinen Leistungskursen.“
    Er nahm sein Heft heraus. »Wann hat der Vortrag angefangen?«
    »Um halb acht.«
    »Und Sie waren rechtzeitig zum Beginn wieder hier?«
    »Ja.«
    »Wie haben Sie das geschafft? Sie sind doch bestimmt nicht dreißig Meilen in zweieinhalb Stunden gelaufen.«
    »Ich hab mir ein Fahrrad geliehen.«
    Er sah sie skeptisch an. »Um welche Zeit kamen Sie bei Ihrer Großmutter an, Miss Lascelles?«
    »Ich weiß nicht genau. Vielleicht um halb vier.«
    »Und wann haben Sie die Schule verlassen?«
    »Nach dem Mittagessen.«
    »Aha«, sagte er gewichtig, »Sie sind also erst dreißig Meilen in der einen Richtung geradelt, sagen wir zwei Stunden, haben dann anderthalb Stunden bei Ihrer Großmutter Rast gemacht, und sind die dreißig Meilen wieder zurückgeradelt. Sie scheinen sehr fit zu sein. Würden Sie mir den Namen der Person nennen, von der Sie das Fahrrad geliehen haben?« Er leckte die Spitze seines Bleistifts und zückte ihn zum Schreiben.
    »Ich weiß nicht, wem das Rad gehört hat. Ich hab's mir einfach genommen.«
    Er machte sich eine Notiz. »Nennen wir doch das Kind beim Namen und hören wir auf, uns was vorzumachen. Sie haben das Rad gestohlen. Wie die Ohrringe und die fünfzig Pfund.«
    »Ich hab's wieder zurückgebracht. Das ist kein Diebstahl.«
    »Wohin zurück?«
    »In den Fahrradschuppen.«
    »Gut, dann können Sie es mir ja zeigen.«
    »Ich weiß nicht. Ich hab einfach das beste genommen, das ich finden konnte. Wieso ist es so wichtig, was für ein Rad es war?«
    »Weil Sie sich jetzt noch einmal draufsetzen werden, und ich den ganzen Weg bis Fontwell hinter Ihnen herfahren werde.« Seine Miene zeigte Erheiterung. »Ich glaube Ihnen nämlich nicht, dass Sie es schaffen, dreißig Meilen in zwei Stunden mit dem Rad zu fahren, Miss Lascelles, aber ich lasse mich von Ihnen gern eines Besseren belehren. Dann können Sie anderthalb Stunden Rast machen, ehe wir wieder zurückfahren.«
    »Das können Sie nicht. Das ist -« sie suchte nach einem Wort - »Schikane.«
    »Und ob ich kann. Man nennt das eine Rekonstruktion. Sie haben soeben zugegeben, dass Sie sich am Tag des Verbrechens am
    Tatort befunden haben, Sie sind eine Angeh örige des Opfers und hatten jederzeit Zugang zum Haus, und Sie glaubten, Sie würden vom Opfer erben.
    Das alles tr ägt dazu bei, dass Sie zum engsten Kreis der Verdächtigen gehören. Entweder beweisen Sie mir, dass Sie tatsächlich geradelt sind, oder Sie sagen mir jetzt, wie Sie wirklich nach Fontwell gekommen sind. Es hat Sie jemand hingefahren, stimmt's?«
    Sie schwieg trotzig, den Kopf gesenkt. »Ich bin getrampt«, sagte sie plötzlich. »Ich wollt's Ihnen nicht sagen, weil die hier in der Schule einen Anfall kriegen würden, wenn Sie das hören.«
    »War Ihre Großmutter am Leben, als sie um fünf Uhr wieder abgefahren sind?«
    Der pl ötzliche Richtungswechsel schien sie zu verblüffen. »Muss sie ja wohl, da ich sie nicht getötet

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