Die Schandmaske
bezeichnen. Was ist Ihre Definition einer Schlampe, Mr. Hughes?«
»Die gleiche wie Ihre, nehm ich an.«
»Eine vulgäre, sittenlose Frau, die ihren Körper für Geld verkauft. Ich finde nicht, dass diese Beschreibung auf Miss Lascelles passt.«
Hughes lachte erheitert. »Eine Schlampe ist eine, die leicht zu haben ist. Ruth konnte es gar nicht schnell genug gehen.«
»Sie haben gesagt, sie sei nichts Weltbewegendes gewesen«, fuhr Charlie Jones unbeirrt fort. »Das ist eine aufschlussreiche Feststellung, finden Sie nicht?«
»Wieso?«
»Sie sagt mehr über Sie als über Ruth. War sie vielleicht gar nicht so begeistert von Ihnen? Mussten Sie sie zwingen? Was haben Sie denn für Präferenzen, an denen sie kein Gefallen hatte?«
»Ich hab nur gemeint, dass ich schon Bessere gehabt hab.«
»Bessere was, Mr. Hughes.«
»Weiber, verdammt noch mal. Frauen, die Erfahrung haben. Die wissen, wie man einen Mann in Fahrt bringt. Mit Ruth zu vögeln war ungefähr so, als hätte man einen Pudding unter sich. Ich musste die ganze Arbeit tun, und sie hat nur dagelegen und mir erzählt, wie sehr sie mich liebt. So was find ich echt zum Kotzen. «
Charlie Jones runzelte die Stirn. »Warum haben Sie sich dann überhaupt mit ihr abgegeben?«
Hughes l ächelte zynisch über die allzu offensichtliche Falle. »Warum nicht? Sie war da, sie war zu haben, und ich war spitz wie Nachbars Lumpi. Wollen Sie mir vielleicht vorwerfen, dass ich was getan hab, was ganz natürlich ist?«
Charlie Jones überlegte einen Moment. »Waren Sie mal im Cedar House?«
»Im Haus von der Alten meinen Sie? Nein. Die war ja total ausgerastet, wenn sie rausgekriegt hätte, mit wem Ruth rumzieht. Ich brauch solche Probleme nicht. Aber die Mädels - Sie würden sich wundern. Die Hälfte von ihnen bildet sich ein, ihre Eltern würden mich ans Herz drücken.« Er ahmte die abgehackte Sprechweise der Oberschicht nach. »Mami, Daddy, ich möchte euch meinen neuen Freund Dave vorstellen.« Wieder das jungenhafte Lächeln. »Die sind so vernagelt, dass man's kaum glauben kann.«
»Demnach waren Sie also mit einer ganzen Menge solcher Mädchen zusammen. Das dachten wir uns schon.«
Hughes kippte seinen Stuhl nach hinten, locker, l ässig, unglaublich selbstsicher. »Ich gefall ihnen eben, Inspector. Das ist ein Talent von mir. Aber fragen Sie mich nicht, woher ich's hab, das könnt ich Ihnen nämlich nicht sagen. Vielleicht ist es mein irisches Blut.«
»Von der Seite Ihrer Mutter vermutlich.«
»Wie haben Sie das erraten?«
»Sie sind ein Typ aus dem Lehrbuch, Mr. Hughes. Wahrscheinlich der uneheliche Sohn einer Prostituierten, die es für Geld mit allen und jedem trieb, wenn man von Ihrem ausgeprägten Vorurteil gegen Prostituierte ausgeht. Sie haben keine Ahnung, wer Ihr Vater ist, weil er jeder von fünfzig Kerlen sein könnte, die in der Woche Ihrer Zeugung mit Ihrer Mutter eine Nummer geschoben haben. Daher Ihre Verachtung und Ihr Hass auf Frauen und Ihre Unfähigkeit, eine richtige Beziehung aufzubauen. Sie hatten kein männliches Rollenvorbild, von dem Sie hätten lernen oder das Sie hätten nachahmen können. Gibt es Ihnen eigentlich ein Gefühl der Überlegenheit dem armseligen kleinen Unbekannten gegenüber, der dafür bezahlt hat, Ihr Vater zu werden, dass Sie den Spaß umsonst bekommen? Ist es darum so wichtig für Sie?«
Die blauen Augen zogen sich w ütend zusammen. »Ich muss mir das nicht anhören.«
»Leider doch. Ihre pathologische Abneigung gegen Frauen interessiert mich nämlich sehr. Sie können von Frauen nicht sprechen, ohne beleidigend zu sein. Das ist nicht normal, Mr. Hughes, und da Sergeant Cooper und ich Ermittlungen über ein ausgesprochen perverses Verbrechen anstellen, lässt Ihre Einstellung mich aufhorchen. Gestatten Sie mir, Ihnen eine Definition einer psychopathischen Persönlichkeitsstörung zu geben.« Er sah wieder auf das Blatt Papier hinunter. »Sie manifestiert sich in schlechter oder überhaupt nicht vorhandener Arbeitsmoral, hartnäckiger Kriminalität, sexueller Promiskuität und aggressivem sexuellen Verhalten. Menschen mit einer solchen Störung sind verantwortungslos und äußerst gefühllos; sie fühlen sich für ihre asozialen Handlungen nicht schuldig, und es fällt ihnen schwer, dauerhafte Beziehungen einzugehen.« Er blickte auf. »Eine recht treffende Beschreibung von Ihnen, finden Sie nicht? Sind Sie schon mal wegen einer derartigen Störung behandelt worden?«
»Bestimmt nicht«, gab er wütend
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