Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
Vom Netzwerk:
Eltern.»
    «Sind Sie hier geboren?»
    «Aber sicher! Die Lentes gibt es schon an die zweihundert Jahre auf der Schanz, glaub ich. So ganz genau weiß ich das nicht, mit Geschichte hab ich es nicht so. Muss auch nicht, da haben wir hier unsere Experten für. Ich hab ja eigentlich Krankenschwester gelernt, lag mir auch, aber dass ich da im Schwesternheim wohnen musste, das war nichts für mich. Ich sag immer, wenn ich meinen Altrhein und meine Pappelallee nicht hab, geh ich ein. Und als die ‹Inselruh› einen neuen Pächter gesucht hat, da hab ich gedacht: Warum nicht? Ich kann es ganz gut mit Leute.» In ihrer rechten Wange bildete sich ein Grübchen.
    Toppe holte seine Zigaretten heraus. «Möchten Sie auch eine?»
    «Nee, danke, da krieg ich bloß einen dicken Kopf von.» Sie fuhr mit dem Mittelfinger über den Rand ihrer Tasse – die Nägel waren dunkelblau lackiert und mit winzigen Sternen verziert. «Die letzten Jahre, da ziehen von die jungen Leute schon mal welche weg, ich mein, es gibt ja immer unruhige Geister. Aber die meisten wollen sich bloß mal den Wind um die Nase wehen lassen. Wie meine Cousine zum Beispiel. Wollte unbedingt studieren gehen, auf Lehrerin. Ich mein, klar, hatte schließlich Abitur gemacht. Sie dann also ab nach Köln. Hat die Eltern ein Vermögen gekostet. Und was ist jetzt? Jetzt hat sie vier Blagen, wohnt oben hinter der Schule und wäscht dem Mischa seine Unterhosen. Das hätte sie auch einfacher haben können, sag ich immer. Mit dem ist sie nämlich schon mit vierzehn gegangen.»
    «Haben Sie eigentlich viele Zugezogene im Dorf?»
    «Zwei, drei, aber die meisten bleiben nicht lang. Ich sag immer, für die Schanz musst du geboren sein. Aber egal, was ist denn jetzt mit Bouma?»
    «Anscheinend weiß niemand, wo der steckt», antwortete Toppe. «Wen könnte ich sonst noch nach ihm fragen hier im Ort? Mit wem ist Bouma denn näher befreundet?»
    Bea Lentes lachte hell auf. «Da können Sie lange suchen!» Dann senkte sie verschwörerisch die Stimme. «Es ist nämlich schon so, wie Sie gesagt haben: Der Bouma hat hier keine Freunde. Der ist ein Großmaul, weiß alles besser, und das haben wir hier nicht so gerne.»
    Zu einer weiteren Frage kam Toppe nicht mehr, denn die Kneipentür öffnete sich, und eine dick eingemummte Frau kam herein. Die Wirtin ließ sich ertappt vom Hocker gleiten. «Morgen, Lisbeth, hast du gerochen, dass es heute Apfelkuchen gibt?»
    «Eigentlich nicht.» Die Frau nestelte an ihrem Kopftuch und musterte Toppe neugierig. «Ich hatte bloß das Essen schon fertig, und da ruft mein Göttergatte an und sagt, er kommt doch erst um halb eins. Soll ich etwa so lange Löcher in die Luft gucken?»
    «Ein Kännchen, wie immer?», fragte Frau Lentes.
    «Ja, und tu mir mal einen Eierlikör dabei. Kann man brauchen bei der Kälte.» Endlich hatte sie sich aus Schal und Kopftuch gepellt, und Toppe erkannte, dass es sich um die Frau aus Nr.   17 handelte.
    «Für Sie auch noch etwas?», fragte die Wirtin.
    «Nein, danke, ich muss weiter. Wie viel macht das?»
    «Ein Euro fuffzig.» Sie kniff ihm eine Auge. «Und kommen Sie gern mal wieder, Herr Toppe!»
     
    Cox war zuerst beim Schützenclub in Kevelaer gewesen und trat jetzt aus dem Hotel Auler, dem Hauptquartier des Pfalzdorfer Sportschützenvereins. Die beiden Colt Pythons hatte er in seiner Aktentasche. Die Waffenwarte hatten sie nicht gern rausgerückt. Diese Revolver waren sehr teuer, man war stolz, sie überhaupt im Vereinsbesitz zu haben. Die Männer, mit denen er gesprochen hatte, waren gewissenhaft, handhabten die Waffenausgabe sorgfältig und legten für jedes ihrer Vereinsmitglieder die Hand ins Feuer. «Schräge Vögel nehmen wir gar nicht erst auf, und wir prüfen das genau», hatte der Mann in Kevelaer gemeint. «Hier geht jeder verantwortungsvoll mit dem Material um. Wir wissen schließlich am besten, was man damit anrichten kann.»
    Cox stülpte sich seine Fellmütze auf den Kopf. Die hatte er, als er kurz nach der Wende in Berlin gewesen war, bei einem der fliegenden Händler am Brandenburger Tor gekauft – russische Soldaten, die alles Mögliche aus ihren Armeebeständen verhökerten. Damals hatte er die Mütze mit dem roten Stern vorn als witziges Souvenir gesehen und gar nicht vorgehabt, sie zu tragen, jetzt tat sie ihm wahrlich gute Dienste.
    Was hatte Helmut heute Morgen gesagt? Es wäre möglich, dass sich der Täter mit Waffen gar nicht auskannte. Das erschien ihm abwegig. Wenn jemand keine Ahnung

Weitere Kostenlose Bücher