Die Schanz
los!» Sie machte sich ganz steif. «Die ganze Arbeit hier vor der Nase, und ich kann, verflucht nochmal, nichts tun, gar nichts! In der Küche steht ein Riesenkorb Bügelwäsche, und ich krieg’s nicht hin. Kochen kann ich nicht, nicht einmal Auto fahren.» Sie schluchzte wild.
Er zog sie enger an sich und merkte erst jetzt, dass sie ihre Felljacke trug, locker über die linke Schulter gelegt, aber bis zum Hals zugeknöpft. «Mit der Heizung stimmt auch was nicht, der Hauptschalter springt immer raus. Ich hab bei der Firma angerufen, aber die konnten mir nicht garantieren, dass sie kommen, überall würden Heizungen ausfallen und Leitungen zufrieren.»
«Hast du Arend Bescheid gesagt?»
«Ja doch!» Sie befreite sich aus seiner Umarmung. «Er kümmert sich drum, notfalls will er einen Techniker aus dem Krankenhaus mitbringen.»
«Warum hast du den Kamin nicht angezündet?»
«Das Anmachholz ist alle!»
Da hätte auch Katharina vor ihm stehen können.
«Mama!», kam es kläglich von oben.
Astrid schloss kurz die Augen. «Ich komme.»
«Und du hast den ganzen Tag nichts gegessen», stellte Toppe fest.
Sie zuckte mit der rechten Schulter. «Ist ja nichts im Haus …»
Toppe seufzte und knöpfte seinen Mantel wieder zu. «Also, ich fahre jetzt einkaufen, dann koche ich uns was, und hinterher bügele ich die Wäsche weg. Aber zuerst mal mache ich Feuer.»
«Ach Mist!» Sie wandte sich ihm wieder zu. «Entschuldige, ich bin scheußlich.»
«Ziemlich», antwortete er, aber seine Augen blickten warm.
«Ich halte das einfach nicht aus. Am liebsten würde ich arbeiten. Ich könnte doch Bürodienst machen, Helmut, das müsste doch gehen.»
«Nein. Du bist krankgeschrieben, und das aus gutem Grund.»
Es gab selbst gemachte Gnocchi mit Salbeibutter und Raukesalat. Er kochte gern hin und wieder, aber es war bisher nie eine tägliche Pflicht gewesen. Im Geist entwarf er Essens- und Einkaufspläne für die nächsten Tage. Astrid löcherte ihn: Sie wollte genau wissen, was sich getan hatte, wer Willem Bouma war, was die Leute auf der Schanz gesagt hatten, wie sie waren.
«Ich könnte doch hier zu Hause arbeiten, wenn du mir Unterlagen mitbringst!»
«Ja, sicher», meinte er abwesend und musste plötzlich an Lowenstijn und Mieke Boumas Baby denken.
Katharina fand Raukesalat «kotzeklig».
Zehn
Minus zwanzig Grad hatte das Thermometer in der Frühe angezeigt.
Toppe hatte sich einen zweiten Schal umgebunden, ihn bis unter die Augen hochgezogen. Trotzdem wurde ihm das Gesicht taub, als er die Hauptgasse auf der Schanz entlanglief.
Aus der Kneipe drang Stimmengemurmel. Es war erst zwanzig nach zehn, und eigentlich hatte die «Inselruh» noch gar nicht geöffnet.
Als er die Tür aufstieß, wurde es still. Sechs Leute hockten an der Theke und schauten ihn an. Drei Frauen zwischen Mitte vierzig und Ende fünfzig, darunter auch die aus Nr. 17, zwei Männer um die sechzig, beide mit einem Glas Altbier vor sich, und Dellmann. Er nickte Toppe knapp zu, die anderen rührten sich nicht. Es roch nach billigen Zigarillos.
Toppe nahm seinen Schal ab und rieb sich das Gesicht.
Bea Lentes kam aus der Küche und stellte den Frauen ein Tablett mit drei Kaffekännchen und Tassen hin. «Verteilt mal selbst, Strudel kommt gleich. Und was willst du, Paul?»
Sie winkte Toppe zu. «Ich komme sofort! Suchen Sie sich doch schon mal einen Tisch aus.» Dann wieder zu Dellmann: «Nix für ungut, Paul, aber ich hab gerade ‹Wasser› verstanden.» Der Bauer zischte etwas, was Toppe nicht verstand. Er setzte sich an den Ecktisch hinter der Tür, nicht zu weit vom Tresen entfernt.
Die Wirtin lachte. «Ist ja schon gut, Paul, brauchst mich nicht sofort anpupen. Ich darf mich doch wohl noch wundern, oder? Ich mein, du in der ‹Inselruh› morgens um halb elf und dann Wasser! Bei dem Wetter! Wenn du wenigstens Grog nehmen würdest.» Sie zwinkerte Toppe zu. «Für Sie vielleicht einen Grog, Herr Toppe? Ich mach den mit extrastarkem Rum aus Österreich. Der hat’s in sich. Da sind Sie den ganzen Tag nicht mehr kalt.»
Er musste lächeln. «Danke, ein andermal bestimmt, aber für den Moment tut’s ein Kännchen Kaffee.»
An der Theke wurde das Gespräch wieder aufgenommen, es ging anscheinend ums Wetter.
Die Wirtin hatte ihre prallen Kilos in einer hellblauen Stretchhose und einem bauchfreien schwarzen Rollkragenpullover untergebracht. Trotz der Schwindel erregend hohen Plateaus bewegte sie sich leichtfüßig, als sie Toppe den
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