Die Schanz
der Zeit vor der Eheschließung, aus denen hervorgeht, dass Bouma da wohl schon Berufssoldat war. Das Ehepaar bekommt eine Tochter, Maria Wilhelmina, geboren am 9. Dezember 1970. Schätzungsweise Anfang 1996 erkrankt Boumas Frau an Leukämie und stirbt im März 1998.»
Cox räusperte sich und zeigte auf einen Stapel blauer Kladden, die er mitgebracht hatte. «Ungefähr ein Jahr vor ihrem Tod hat sie angefangen, ein Tagebuch zu führen oder besser ein Erinnerungsbuch. Ich konnte es nur überfliegen, aber es geht einem an die Nieren. Sie schreibt sehr liebevoll über ihre Tochter, aber im Zusammenhang mit ihrem Mann ist hauptsächlich von seinem großen Pflichtbewusstsein die Rede, von seiner Dominanz in der Familie. Meistens verpackt sie das ironisch, aber sie schreibt auch: ‹War es nun gut oder schlecht für mein Leben, dass auch ich ihm eine Pflicht war?› Es stehen viele Namen in den Büchern von Leuten, zu denen sie in ihrem Leben eine Beziehung hatte, vielleicht findet sich da was. Ich würde sie mir auf alle Fälle später gern in Ruhe durchlesen.» Er schob die Blätter zusammen. «Anscheinend hat Bouma 1999 ein Haus in Den Helder gekauft, könnte sein, dass der Schlüssel, den ich in der unteren Schublade gefunden habe, dazu passt.»
«Ja», sagte Toppe. «Die Tochter hat erzählt, dass er ein Ferienhaus an der Küste hat.»
Cox nickte. «Ich weiß jetzt, glaube ich, auch, was du meintest, Helmut, mit deinem Gefühl, dass etwas fehlt. Es gibt nirgendwo etwas über Boumas Berufsleben, nichts über seine Laufbahn, keine Korrespondenz, nicht einmal einen Wehrpass und nur ein einziges Foto, das ihn in Uniform zeigt.» Er reichte es über den Tisch.
Ackermann schob die Brille auf die Stirn und hielt es sich direkt vor die Nase. «Bouma mit ganz kurze Haare! Wat haben die denn da inne Hand? Is’ dat Schampus? Nä, wohl eher Wein. Un’ wer sind die anderen Typen auffe Feier?»
Toppe nahm ihm das Foto aus der Hand – vier Männer in Tarnanzügen, die sich zuprosten. Das war doch das Bild, zu dem Lowenstijn irgendeine zynische Bemerkung gemacht hatte.
«UNPROFOR», murmelte er.
«Wat?», rief Ackermann. «Bouma war bei de Blauhelmtruppen? Da hat er nie wat von erzählt. Aber egal, wie geht et jetz’ weiter?»
Toppe stand auf, er hatte einen schalen Geschmack im Mund, und sein Magen meldete sich wieder einmal. «Ich habe vorhin einen Bericht geschrieben.» Er reichte beiden einen Ausdruck. «Die Durchsuchung von Boumas Haus, van Gemmerns Ergebnisse, meine Gespräche mit Dellmann und die in der Kneipe. Am besten, ihr lest euch das gleich durch, damit wir auf demselben Stand sind. Ich gehe uns in der Zeit etwas zu essen holen. Jemand was gegen Döner?»
Cox legte die Stirn in Falten. «Na ja, gut», sagte er schließlich. «Aber bitte ohne Zwiebeln und ohne Peperoni.»
Ackermann kicherte. «Ich nehm ’n doppelten mit alles. Un’ meinen Se, ich könnt’ auch ’n Bierken dabei, Chef?» Er klemmte sich den Bericht unter den Arm. «Dann werd ich et mir ma’ die nächsten Tage an Norberts Platz gemütlich machen.»
Cox sammelte Pappteller, Papier und Servietten ein. «Ich bringe das kurz in den Abfalleimer in der Küche, sonst stinkt das Büro noch tagelang nach Knoblauch.»
«Du bis’ schlimmer wie meine Mutter!» Ackermann leckte sich genüsslich die Finger ab. «Dat kannste gleich noch, mir is’ nämlich wat eingefallen. Wenn dat Auto von Bouma im Carport steht, dann muss der Mörder Bouma zu Hause abgeholt haben. Un’ ich würd’ sagen, dat Bouma den gekannt hat, weil et ja keine Spur von Gewalt gibt. Entweder dat, oder Bouma war zu Fuß unterwegs. Dann is’ er auffe Insel oder inne nähere Umgebung abgemurkst worden. Auf alle Fälle, wenn dat einer von außerhalb war, dat krieg ich raus. Dat gibt et nich’, dat sich ’n Fremder auffe Schanz oder auffem Deich rumtreibt, un keiner merkt wat. Un’ dann noch wat. Boumas Boot, dat müssen wer uns angucken. Wer weiß, wat et da drauf zu finden gibt. Hab ich dat richtig, dat dat immer noch im Altrhein liegt? Dat Teil muss schleunigst raus, am besten heut noch. Et is am Frieren wie Harry, dat Eis drückt et in null Komma nix kaputt, un’ dann stehn wer dumm zu gucken.»
Elf
Im Haus war alles still, auch bei Arend brannte kein Licht mehr.
Toppe schaltete nur die Stehlampe ein und legte zwei Holzscheite auf die Glut im Kamin. Er war viel zu aufgekratzt, um schon schlafen zu gehen. Jetzt wäre ein Grog wirklich nicht schlecht, aber
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