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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Millimeter zurückzuweichen. Dann wendete er den Rollstuhl und verschwand im Hinterzimmer. Ein Telefonhörer wurde abgehoben. Die Schwiegertochter stand immer noch da und weinte hilflos.
    Toppe drehte sich weg und ging wieder hinaus. In einigen Häusern wurde es lebendig. Zuerst wurden die Rollläden hochgezogen, dann öffneten sich die Haustüren, und die Männer kamen heraus. Als Erste näherten sich Fink und Dahmen, die beiden, die bei der Belagerung das Tor bewacht hatten, dann Klaus Voss, hinter ihm Jens Molenkamp im Schlendergang. Auch Ingenhaag, Dellmann und sein Sohn Uwe kamen nach draußen.
    Sie alle schauten ihn an, Trotz im Blick, aber Toppe spürte auch Verunsicherung.
    «Sind das alle?»
    Keiner antwortete.
    Molenkamp fuhr ihm mit dem Rollstuhl in die Kniekehlen. «Wir geben unser Dorf nicht auf! Die Schanz ohne ihre Männer, die sie verteidigen und schützen, hat es noch nie gegeben und wird es auch nicht geben. Wir brauchen keine von draußen. Wir sind die Einzigen, die wissen, was zu tun ist.»
    «Ein Prediger. Lieber Gott», dachte Toppe, «die haben alle einen Dachschaden.»
    «Ob das alle sind, will ich wissen!»
    «Ja, alle.» Klaus Voss meldete sich. «Wir wollten uns abwechseln, jede Gruppe drei Tage.»
    Toppe drehte sich zu Molenkamp. «Sie haben doch einen Raum, in dem Sie Ihre Lagebesprechungen abhalten, oben in der Schule. Wer hat den Schlüssel?»
    «Ich hole ihn, Opa.» Jens Molenkamp lief ins Haus.
    Als die Gruppe sich in Bewegung setzte, vorneweg Molenkamp, von seinem Enkel geschoben, stellte sich Ackermann neben Toppe. «Wenn de mir dein Handy gibs’, find’ ich raus, wer in dem Notquartier sitzt. Dann können wer scho’ ma’ ’n paar ausschließen.»
    Er blieb stehen, während Toppe mit einigem Abstand der Prozession folgte. Das Schulgebäude wurde aufgeschlossen. Molenkamp rollte bis an die Treppe und stemmte sich zitternd aus seinem Stuhl.
    «Willst du alleine, Opa, oder sollen wir?»
    «Alleine», knurrte der Alte seinen Urenkel an und zog sich Zentimeter für Zentimeter, mühsam die Füße hebend, am Treppengeländer nach oben. Dahmen und Fink schleppten den Rollstuhl hoch.
    «Okay, Chef.» Ackermann hatte Toppe eingeholt. «In dem Notquartier sind bloß Bea Lentes, ihre Eltern un’ die Eltern von Voss, sons’ keiner.» Er grinste. «Du bis’ ganz schön geladen, wa? So hab ich dich echt no’ nie gesehen.»
    Der Raum, in dem die Schänzer ihre Krisensitzungen abhielten, sah immer noch aus wie ein Klassenzimmer, obwohl es die Schule schon lange nicht mehr gab. Die Kinderstühle waren zwar durch größere ersetzt worden, aber die Tische standen immer noch in Reihen, es gab ein Lehrerpult, eine Tafel, sogar einen Kartenständer.
    «Perfekt», dachte Toppe, trat hinter das Pult und wartete, bis alle still waren. «Ich werde keine langen Vorreden halten, sondern Ihnen einfache Fragen stellen, auf die ich klare Antworten erwarte. Wann und wie sind Sie nach der Evakuierung ins Dorf zurückgekommen?»
    «Ich wüsste nicht, was Sie das angeht», konterte Molenkamp in reinstem Hochdeutsch.
    «Halten Sie den Mund! Herr Ingenhaag, ich habe Sie etwas gefragt!»
    «A-als es dunkel genug war», stotterte der Bauer. «Übers Eis, wie wir das vorher besprochen hatten.»
    «Um wie viel Uhr?»
    «Um zehn.» Ingenhaag schielte zu Molenkamp. «Als das THW Schichtwechsel hatte.»
    «Sie kamen also ins Dorf zurück, und was passierte dann?»
    «Ja, nix.» Ingenhaag guckte stumpf. «Wir sind erst mal in unsere Häuser, wegen Heizung wieder anschalten und so. Paul, Uwe und ich sind zu Molenkamp, wie wir es abgesprochen hatten. Auf dem Deich hätte man uns ja gesehen, wenn wir nach Hause gewollt hätten. Und für ab zwölf Uhr hatten wir auf der Mauer Wachen eingeteilt.»
    «Nix?», brüllte Toppe. «Sie wollen mir erzählen, es sei nichts passiert? Sind Sie noch ganz gescheit? Im Dorf hat es gebrannt, mitten im Dorf! Und Sie haben gelöscht.»
    «Ja, sicher, aber …»
    «Und es gibt eine Brandleiche.»
    «Ja.» Ingenhaag knetete seine Knie. «Es war furchtbar, ganz furchtbar.»
    Toppe trat einen kleinen Schritt nach vorn. «Bevor ich Sie mir jetzt einzeln vornehme, weiß jemand von Ihnen, wer das Opfer ist?»
    Er blickte in blasse, steinerne Gesichter, zwei, drei schüttelten den Kopf.
    «Vermissen Sie jemanden aus Ihrer Gemeinde?»
    Wieder Kopfschütteln.
    «Was soll der ganze Quatsch, verflucht nochmal?» Dellmann schlug sich mit der Faust auf den Oberschenkel. «Weiß der Teufel, wer sich da

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