Die scharlachrote Spionin
hingeben.«
»Osborne wird nicht eingeladen werden.« Die aufblitzenden Zähne sollten vermutlich an ein Lachen erinnern. »Wäre das ein Problem?«
»In keiner Hinsicht«, erwiderte Sofia.
»Gut. Zeit und Ort der Versammlung sind noch nicht festgelegt. In ein oder zwei Tagen werde ich Sie wissen lassen, wann und wo.«
»Ich kann es kaum erwarten.« Sofia strich ihre Röcke glatt und schenkte ihm ein neckisches Lächeln. »Darf ich hoffen, dass ich meinen Spaß haben werde?«
De Winton lachte. »Ich verspreche, dass Sie unvergessliche Erfahrungen machen werden!«
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18. Kapitel
D er Duke of Sterling war zu Hause, und als Antwort auf die Visitenkarte schickte er Osborne einen Diener, der ihn zur Bibliothek begleiten sollte.
»Vielen Dank, dass Sie mir Gelegenheit bieten, den Bericht meines Verwalters aus der Hand zu legen.« Sterling setzte die Brille ab und zwickte sich in den Nasenrücken. »Ich setzte volles Vertrauen in ihn, selbst zu entscheiden, ob Roggen oder Weizen gesät werden soll. Trotzdem fühlt sich der Kerl gekränkt, wenn ich seine Berichte nicht lese.«
»Pflichten können manchmal lästig sein«, erwiderte Osborne höflich.
Der Duke seufzte. »Ja. Ich gestehe, dass ich wesentlich mehr Vergnügen dabei empfinde, Cicero zu übersetzen, als die neuesten Zahlen über Landwirtschaft zu studieren. Aber ich bin sicher, dass Sie mich nicht wegen eines Vortrags über das alte Rom aufsuchen.«
»Doch, um aufrichtig zu sein.« Osborne lächelte rasch. »Ich hatte mich gefragt, ob Sie es mir wohl gestatten würden, die Ausstellung römischer Münzen in Ihrer South Gallery zu besichtigen. Lady Hentman hat mich um Vorschläge zur Gestaltung des Schmuckfrieses in ihrem Morgenzimmer gebeten, und ich hatte an ein Motiv der klassischen Porträtkunst gedacht.«
»Ich bin immer höchsterfreut, einen Kunstliebhaber durch meine Sammlung zu führen.« Sterling erhob sich. »Bitte hier entlang.«
Osborne erinnerte sich, dass die Glaskästen mit polierten Bronzefiguren und glänzendem Goldschmuck gefüllt waren. Er ließ sich Zeit und gab vor, die verschiedenen Gesichter in allen Einzelheiten zu betrachten. »Wundervoll«, murmelte er schließlich, »hätten Sie etwas dagegen, wenn ich ein paar Skizzen anfertige?«
»Nein, überhaupt nicht! Warum sollte ich?«, erwiderte der Duke.
»Bedauerlicherweise habe ich mein Skizzenbuch vergessen.« Osborne lächelte entschuldigend. »Auch wenn es Sie in Ungelegenheiten stürzt, dürfte ich Sie um Papier und Stift bitten?«
Wie erhofft wischte Sterling das Problem beiseite. »Es stürzt mich nicht in Ungelegenheiten! Im Schreibtisch gleich nebenan befinden sich die Utensilien. Ich bin sofort zurück.«
Kaum hatte der Duke das Zimmer verlassen, da eilte Osborne auch schon zu der Wand mit den Familienporträts. Vor dem golden gerahmten Gemälde der Tochter des Dukes blieb er stehen, zog das Medaillon aus der Tasche und klappte es auf. Es verhielt sich genau so, wie er vermutet hatte: Die Miniatur war nichts anderes als eine exakte Kopie des Gemäldes.
Ihm stockte der Atem. Bei der Betrachtung des größeren Bildes staunte Osborne über die untergründige Ähnlichkeit mit Sofia. Die gleichen geschwungenen Augenbrauen, der gleiche Schwung der Wangenknochen, der Mund ebenso entschlossen. Aber statt Licht auf das Dunkel zu werfen, machte das Bild das Rätsel um sie und Lynsleys seltsame Forderung nur noch rätselhafter.
Denn wenn Sofia tatsächlich die Großtochter des Dukes war, warum wurde diese familiäre Verbindung dann in ein solch geheimnisvolles Licht getaucht? Und, noch schlimmer, wie konnte es sein, dass sie Kostbarkeiten aus den Salons stahl?
Je länger er darüber nachdachte, je weniger Sinn schien die Geschichte zu ergeben. Und er zweifelte stark daran, dass der Marquis ihm irgendwelche Fragen beantworten würde ...
»Gute Güte, woher haben Sie das?« Angesichts seiner Größe war Sterling bemerkenswert leise unterwegs.
Osborne gab sich keine Mühe, den Duke daran zu hindern, ihm das Medaillon aus der Hand zu reißen. »Es tut mir außerordentlich leid, Euer Gnaden! Im Moment bin ich nicht so frei, es Ihnen zu verraten.«
Sterling fingerte an dem abgegriffenen Etui herum, fuhr dann mit zitternden Fingern über die zarten Pinselstriche. »Ich habe das Medaillon als Andenken für Elizabeth fertigen lassen und es ihr an ihrem achtzehnten Geburtstag geschenkt.« Eine Träne rollte
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