Die scharlachrote Spionin
unterschätzt. Und seine persönliche Leidenschaft.«
Die Röte schoss ihr in die Wangen. »Osborne handelt nicht aus privaten Motiven, Sir. Er hat ein recht altmodisches Verständnis von Ritterlichkeit, aber ich habe ihm versichert, dass ich sehr wohl in der Lage bin, selbst auf mich aufzupassen.«
»Das habe ich ihm auch zu verstehen gegeben«, nickte Lynsley. »Meine Ohren dröhnen immer noch von dem donnernden Geläut, dass er über mich ergossen hat.«
Zu ihrem Leidwesen fühlte ihre Haut sich wärmer an. »Falls Sie sich Sorgen machen, dass er mich ablenken könnte ... das müssen Sie nicht. Ich habe sowohl Osborne als auch die Scarlet Knights im Griff.«
»Sofia, ich zweifle nicht an Ihren Fähigkeiten! Aber ein kluger General weiß, dass man seine Kräfte leicht aufreiben kann, wenn man an zwei Fronten gleichzeitig kämpft.« Er presste die Fingerspitzen aneinander. »Ich würde es natürlich vorziehen, wenn diese Mission unter uns bliebe. Aber angesichts der Tatsache, was Osborne bereits weiß und welchen Schaden Missverständnisse anrichten können, überlasse ich es Ihrer Entscheidung, was Sie ihm noch erzählen wollen, Sofia.«
»Ich ... ich werde mein Bestes geben, die richtige Entscheidung zu treffen, Sir.«
Kein Straßenschmutz der Welt war in der Lage, den Blick aus Lynsleys eisblauen Augen weniger eindringlich wirken zu lassen. »Ich zähle darauf.« Er erhob sich und griff nach seinem Hut. »Nun, wenn das alles ist, möchte ich gern nach Hause zurückkehren und frühstücken.« Schmutz und Kohlenstaub rieselten von der Hutkrempe. »Und ein Bad nehmen.«
Während die Stunde ihrer Ausfahrt mit De Winton immer näher rückte, zerbrach Sofia sich immer noch den Kopf über das Gespräch am frühen Morgen. Zahlreiche Fragen waren unbeantwortet geblieben ...
Rose stach die letzte Haarnadel in die Frisur und trat zurück. »Wollen Sie den Tschako tragen oder den kleinen Strohhut mit dem smaragdfarbenen Band?«
»Wählen Sie für mich«, erwiderte Sofia und wandte den Blick vom Spiegel ab. Lynsleys Vertrauen war einerseits schmeichelhaft, andererseits beängstigend. Entscheidungen, Entscheidungen - und sie durfte sich nicht das geringste Fehlurteil erlauben.
Die Zofe musterte sie besorgt. »Haben Sie gut geschlafen, Mylady? Sie sehen ein wenig erschöpft aus.«
»Lord Lynsley brennt darauf, die Mission so rasch wie möglich zu beenden«, erwiderte Sofia, darauf bedacht, weder körperlich noch geistig die geringste Schwäche durchblicken zu lassen. Höchstwahrscheinlich war Rose verpflichtet, die kleinsten Schwankungen zu melden.
»Er möchte jede Mission ohne Verzögerung beendet wissen - aber nicht um den Preis, dass die Agentin sich zu viel abverlangt. Denn auf diese Weise entstehen Fehler. Vielleicht sollten Sie Ihre Besuche für ein oder zwei Tage unterbrechen ...«
»Nein.« Sofia schüttelte den Kopf. »Ich wage es nicht, Lord De Winton abzusagen. Er hält den Schlüssel zu meinem Erfolg in der Hand, in vielerlei Hinsicht.« Sofia äußerte sich nicht weiter. Und Rose erwartete auch gar nicht, dass sie es tat. »Ich muss seinen Appetit kitzeln, muss ihn glauben lassen, dass er kurz davor steht, meinen Zauber schmecken zu dürfen.«
»Dann sollten wir sicherstellen, dass Sie ihm ein Augenschmaus sind.« Die Zofe zupfte ein wenig an den Locken, entschied sich dann für den Tschako und setzte ihn Sofia in einem neckischen Winkel auf den Kopf.
Die Straußenfedern kitzeln über ihre Wange und sorgen für einen Anblick, der sowohl frech als auch verführerisch aussah. »Sie haben wahre Zauberhände«, murmelte Sofia, als Rose ihr einen Hauch Farbe auf die Lippen tupfte.
Wenn ich doch nur De Winton so verzaubern könnte! Sofia verscheuchte alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf und konzentrierte sich auf die Aufgabe, die vor ihr lag. Es war zwingend notwendig, dass sie sich wieder in seine Gunst einschlich. Die kommende Begegnung mit den Schlüsselbesitzern konnte bedeuten, das letzte kleine Geheimnis der Verschwörung zu lüften. Bewaffnet mit dem Namen des Anführers und der Liste, die sie in den Antiquitäten entdeckt hatte, wäre Lynsley in der Lage, ihnen das Handwerk zu legen und die Übeltäter ihrer gerechten Strafe zuzuführen.
Sie musste nur noch den Namen des Anführers erfahren.
Rose legte ihr den rosafarbenen Kaschmirumhang um die Schultern, die in einem himmelblauen Kutschkleid steckten. »Wenn das dem Mann nicht das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt ...«
»Die Kunst
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