Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die scharlachrote Spionin

Die scharlachrote Spionin

Titel: Die scharlachrote Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
Vom Netzwerk:
ein paar Minuten gegrübelt hatte, verwarf er die erste Möglichkeit. Sofia kannte ihn viel zu gut, als dass sie glauben würde, er würde ihre Geheimnisse bei der ersten besten Gelegenheit ausplaudern. Weshalb er der Tatsache ins Auge blicken musste, dass sie ihn für einen stümperhaften Ochsen hielt.
    Jeder Gentleman, der diesen Titel wert ist, wird diesen Gedanken recht irritierend finden, dachte Osborne. Nein, er hielt sich nicht für einen eingebildeten Stutzer; er war tatsächlich ein schlachterprobter Veteran des Spanischen Unabhängigkeitskrieges. Wieder und wieder hatte er sich unter Feuer beweisen müssen. Und obwohl er sich nicht so viele Orden an die Brust heften konnte wie Kirtland, hatte er zahlreiche Leben gerettet.
    Und wenn er es sich recht überlegte, hatte er sich gar nicht mal dumm angestellt, als es darum ging, ihr den Hals zu retten.
    Es verletzte seinen Stolz, dass die Lady zu glauben schien, er wäre nicht ausreichend talentiert. Wenn Sofia ihm nicht gestattete, seinen Wert unter Beweis zu stellen, dann würde er die Angelegenheit eben selbst die Hand nehmen.
    Osborne atmete hörbar aus und wischte den Dunst von der Scheibe. Tarnen und Täuschen. Schon bald würde sie begreifen müssen, dass sie ein zweischneidiges Schwert führte.
    Sofia starrte auf die Karte auf dem Silbertablett, legte ihr Notizbuch beiseite und folgte dem Butler in den Salon.
    »Adam! Was für eine angenehme Überraschung!«, rief sie aus und näherte sich ihrem Gast. »Darf ich Ihnen einen Brandy anbieten?«
    De Winton hielt immer noch Hut und Handschuhe in den Händen. »Bedauerlicherweise bin ich in Eile und kann nicht bleiben.« Er sah ein wenig angespannt aus. »Ich möchte Sie nur benachrichtigen, dass Zeit und Ort unserer Verabredung mit den goldenen Schlüsseln endlich festgelegt worden sind. Heute Abend.«
    »Heute Abend?«, wiederholte Sofia.
    »Wir wollen feiern, und zwar zu Ehren der Ankunft einer neuen Ladung ... Aber natürlich wissen Sie bereits, was aus Venedig eintrifft. Ich bin überzeugt, dass Sie es nicht verpassen wollen.«
    Obwohl sein Blick verdeckt war, wusste Sofia genau, dass er sie eindringlich beobachtete. Sie wusste auch, dass sie nicht ablehnen durfte. Und sie wollte es auch gar nicht. »Ich hätte es mir nicht träumen lassen.«
    »Ich hatte gehofft, dass Sie das sagen würden.« In seinen Augen schimmerte ein überheller Glanz, sodass sie sich fragte, ob er bereits in Opium schwamm. Obwohl sein Scharfsinn nicht gelitten zu haben schien. »Es findet statt im Paradise, einem gewissen Etablissement, das in den Armenvierteln von Southwark verborgen liegt. Die Kutsche erwartet Sie um acht Uhr.«
    »Nicht nötig«, lehnte sie ab, »ich habe meine eigene.«
    De Winton schüttelte den Kopf. »Glauben Sie mir, es ist besser so. Ihr Bediensteter kennt weder den Weg noch den Ablauf. Wir ziehen es vor, mit unseren Versammlungen keine Aufmerksamkeit zu erregen.«
    Sofia wagte nicht zu widersprechen. »Gut, dann um acht. Ich werde bereit sein.«
    »Eins noch!« Er glättete seine scharlachfarbene Schärpe. »Eigentlich versteht es sich von selbst, aber vergessen Sie nicht, Ihren Schlüssel mitzubringen. Hier in London pflegen wir die gleichen Rituale wie in Venedig.«
    »Ja. Selbstverständlich.«
    »Ausgezeichnet. Dann will ich mich verabschieden.« De Winton unterließ die Spielerei an seiner Uhrenkette, um sich förmlich zu verbeugen. »Ciao, Contessa!«
    Wieder wunderte Sofia sich über seine Stimmung, die aus einer seltsamen Mischung aus Vorfreude und Besorgnis zu bestehen schien. Die für den Abend geplante Feier musste noch liederlicher sein als üblich. Aber De Wintons Gelüsten galt nicht ihre größte Sorge.
    Sofia löste den Blick vom Kamin und eilte zur Treppe. Er hatte ihr nicht viel Zeit gegeben. Einen Moment lang dachte sie darüber nach, Osborne eine Nachricht zukommen zu lassen - aber nur für einen Moment. De Winton hatte klargemacht, dass das Treffen ausschließlich für Schlüsselbesitzer gedacht war; aber davon abgesehen ging es um ihre Verantwortung, um ihr Risiko. Osborne war eine gefährliche Ablenkung. Sein Wert war natürlich unzweifelhaft - es war nur ihr eigenes Herz, das schwanken mochte. Auf keinen Fall durfte sie riskieren, sich durch die Sorge schwächen zu lassen, dass ihm irgendein Härchen gekrümmt werden könnte.
    Sie war ein Merlin, und ihre Flügel waren stark genug, um sie über jede Herausforderung zu tragen.
    Ein zarter Seufzer glitt ihr über die Lippen. Obwohl

Weitere Kostenlose Bücher