Die scharlachrote Spionin
schillernd wie Juwelen, als der Kunsthändler Lady Cordelia Guilford, neuerdings Braut eines ältlichen Barons, und ihrer jüngeren Schwester eine Mappe mit botanischen Drucken präsentierte.
Die Ladys schauten auf und lächelten, obwohl die Miene der jüngeren ein wenig unterkühlt wirkte.
Osborne gab vor, es nicht zu bemerken, und ließ den Blick weiter zu Adam De Winton schweifen. Der Mann in einer Weste aus glänzend rubinroter Seide mit silbrigen Sternen stand am Kamin und schenkte Drinks für zwei dunkelhaarige Gentlemen ein.
»Ich glaube nicht, dass Sie bereits mit Signor Sforza oder Signor Familligi bekannt sind, die uns aus Mailand besuchen«, murmelte Lady Serena.
Ist es eigentlich die verfluchte Hitze in Italien, die seine Einwohner immer nach England treibt? Osborne unterdrückte den Impuls einer scharfen Erwiderung und schüttelte nur den Kopf.
»Ich kann mir vorstellen, dass Sie deren Gesellschaft recht interessant finden.« Lady Serena hakte sich bei ihm unter und begleitete ihn über den türkischen Teppich.
»Osborne!« De Winton begrüßte ihn, indem er die Brauen hochzog. »Sieht so aus, als hätten Sie den Umkreis Ihres Sonnenscheins für einen kleinen Spaziergang verlassen.« An die Italiener gewandt, fügte er hinzu: »Lord Osborne ist für seine Anmut und sein helles Gemüt bekannt, während andere unter uns die Stunden der Dunkelheit für weit aufregender halten.«
»Sie sind also überzeugt, dass sich der Unterschied zwischen uns als Tag und Nacht beschreiben lässt?« Osborne ahmte den spöttischen Tonfall seines Gegenübers nach. »Aber vielleicht sind die Unterschiede gar nicht so groß, wie Sie meinen.«
»Die Sonne und der Mond existieren in getrennten Welten«, erwiderte De Winton.
Der klare Mond, die Herrlichkeit des Himmels,
Dort, am schwarz-blauen Gewölbe segelt sie entlang,
Die bleiche Wolke, gefolgt von tausend Sternen, welche klein
Und scharf und funkelnd ziehn am dunklen Grund
Wenn sie zieht: Wie rasch sie vorüberjagen,
Doch nie verschwinden!
Beecham hatte seinen künstlerischen Trübsinn offenbar genügend abgeschüttelt, um aus Wordsworths Gedicht Nachtstück zu zitieren.
»Eine überaus zarte Empfindung«, meinte die jüngere Schwester der Baronin. Als unverheiratete junge Miss hätte sie an einer solchen Versammlung eigentlich gar nicht teilnehmen dürfen. Aber beiden Ladys sagte man eine gewisse Wildheit nach, und obwohl ihre Schönheit so manchen über den Mangel an Selbstbeherrschung hinwegsehen ließ, lud man sie nicht in die höchsten Kreise der Gesellschaft ein. »Sie schreiben die schönsten Verse, Sir!«
Schulterzuckend fuhr Beecham sich mit der Hand durch das lockige Haar.
»Lord Osborne hat recht, wenn er behauptet, dass er nicht unbedingt ein Engel ist.« Lady Cordelia warf ihm einen betonten Blick zu. »In der Tat, wie zu hören ist, kann er sogar ein kleiner Teufel sein, besonders wenn es um Ladys geht.«
Osborne fühlte sich an ihre letzte Begegnung erinnert - eine Party in den Vauxhall Gardens, zu der ein recht vertraulicher Spaziergang den Dark Walk entlang gehört hatte - und wurde den Eindruck nicht los, dass die Baronin immer noch gekränkt war, weil er die Gelegenheit zu einer Tändelei nicht genutzt hatte. Sie hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass sie ihm zur Verfügung stehen würde; aber nachdem das Prickeln des Arrakpunsches und das Feuerwerk verglüht waren, hatte Osborne die Aussicht als nicht sonderlich aufregend empfunden. Zugegeben, die Lady war ausgesprochen attraktiv und hatte ein gewisses Talent als Malerin unter Beweis gestellt. Aber irgendwie hatte ihr Verlangen ihn an ein Raubtier erinnert, und das ließ nichts Gutes ahnen, wenn es doch nur um eine freundschaftliche Affäre gehen sollte.
»Ah, aber um ehrlich zu sein, welche Lady wüsste im Lächeln eines Lords nicht einen Hauch Luzifer zu schätzen.« Mit ihrer lustigen Bemerkung wischte Lady Serena rasch jeden Anflug von Ärger beiseite.
Schweigend prostete Osborne den lachenden Gästen zu.
»Sí, sí, Adam.« Sforza kicherte. »Genau wie dein biblischer Namensvetter bist du wohl auch der Verführung erlegen, wenn es um die Freuden des Fleisches geht?«
Die Flammen funkelten im Kelch, als De Winton den Brandy an die Lippen führte. »Auf die Versuchung!«
Osborne nahm auf dem Diwan Platz und wusste nicht recht, ob er den Abend bis jetzt langweilig oder amüsant finden sollte. Die anwesenden Gäste versprachen keine anregende Unterhaltung. Beecham und Andover
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