Die scharlachrote Spionin
waren zu aufgeblasen, Lady Cordelia zu gierig und ihre Schwester zu unbeholfen, um aufrichtiges Interesse in ihm zu wecken.
Aber er musste sich eingestehen, dass Lady Serena ihn überaus faszinierte. In der Vergangenheit waren sie sich nicht besonders häufig über den Weg gelaufen. Nun, jetzt nachdem sie sich entschlossen hatte, sich in der Stadt niederzulassen, würden sie sich gewiss viel öfter begegnen.
Der Champagner prickelte ihm auf der Zunge. Welch verlockende Aussicht ... Verlockend genug, um den gallebitteren Geschmack zu verscheuchen, den die Gegenwart von De Winton und dessen Freunden ihm bescherte.
Osborne fing den rötlichen Widerschein des Mannes in der Glastür auf und fragte sich, aus welchem Grund eine offenkundig intelligente Lady sich zu ihm hingezogen fühlen konnte. Ja, er mochte attraktiv sein und einen gewissen verwegenen Charme ausstrahlen. Aber eine Lady, die ihre sieben Sinne einigermaßen beisammen hatte, würde niemals glauben, dass sich unter der schurkischen roten Seide ein Ritter in glänzender Rüstung verbarg.
Aber vielleicht stimmte es auch gar nicht, dass Ladys immer nur auf der Suche nach einem ritterlichen Helden waren. Einen Moment lang dachte er an seine Vorstöße in die dunkleren Straßen Londons. Ohne dem Leben hin und wieder ein wenig Würze zu verleihen, konnte die Gesellschaft unendlich langweilig sein. Wer wollte es den Frauen vorwerfen, sich nach denselben Genüssen zu verzehren wie Männer?
»Tragen Sie sich vielleicht doch mit Einwänden gegen die Gestaltung der Türen?« Lady Serena zog die Stirn kraus, als sie sich neben ihn setzte. »Bitte zögern Sie nicht, mir aufrichtig Ihre Meinung zu sagen.«
»Eine Lady, die die Wahrheit der Schmeichelei vorzieht?«, spottete Osborne. »Das ist wirklich ungewöhnlich.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihre Bemerkung als Kompliment auffassen soll. Die meisten Männer bevorzugen Frauen, die ein Muster an Sittlichkeit und Anstand verkörpern«, entgegnete sie leise und heiser. »Aber wie Sie sehen, bin ich nicht so durchschnittlich wie die meisten anderen Ladys in den Salons.«
Ein paar Sekunden lang betrachtete Osborne die geschnitzten Formen und die Glasscheiben, bevor er antwortete. »Seien Sie versichert, ich bin überzeugt, dass Ihr Stil eine beachtliche Einbildungskraft beweist.« Er flirtete recht schamlos, war neugierig, wie sie wohl antworten würde.
»Dem Himmel sei Dank, dass Sie mich nicht als originell bezeichnet haben. Das würde mich in eine Reihe mit den Blaustrümpfen einordnen und den exzentrischen alten Ladys, die Miniaturpaläste für ihre Katzen bauen.«
Ihr trockener Humor zauberte ihm ein Lächeln auf das Gesicht. »Habe ich da nicht gerade einen himmelblauen Strumpfzipfel aus Ihrem Unterrock hervorlugen sehen?«
»Und selbst wenn, als Gentleman würden Sie kein Wort darüber verlieren.« Lady Serena raschelte mit den Röcken, um ein Stückchen vom Knöchel aufblitzen zu lassen. »Da haben Sie es ... es war ein Irrtum.«
Osborne beschloss, dass er den Abend alles in allem doch genießen würde.
Aber der Lakai, der eintrat und die neuesten Gäste ankündigte, hatte seine Illusion rasch zerstört.
»Conte della Ghiradelli und Contessa della Silveri, Madam.«
»Ich hoffe, unsere Verspätung ist nicht ungehörig.« Lady Sofias Begleitung wirkte nicht im Mindesten zerknirscht. »Fifi hatte die Serpentine im Mondlicht noch nicht gesehen.«
Fifi? Osborne biss die Zähne zusammen.
»Ist ziemlich romantisch, müssen Sie wissen.«
Bilde ich es mir nur ein, grübelte Osborne, oder hat außer der kühlen Abendluft noch jemand die geröteten Wangen der Contessa geküsst? Rasch wandte er den Blick ab.
»Ja, aber passen Sie auf, wenn Sie sich nachts im Park herumtreiben, Sir«, antwortete Lady Serena. »Man läuft immer Gefahr, einem Straßenräuber in die Hände zu fallen.«
Der Conte fuchtelte im Zickzack durch die Luft. »Mit dem Degen bin ich sehr geschickt, cara.«
Blöder Witzbold.
Die Ladys hingegen schienen sich über die Verrücktheiten des Mannes zu amüsieren, denn sie lächelten alle. Besonders Lady Cordelia, deren geöffnete Lippen die weißen Zähne aufblitzen ließen.
Osborne unterdrückte ein Grinsen. Soll diese italienische Natter doch versuchen, sich in ihr Bett zu schlängeln! Schon bald würde es ihm dämmern, dass seine Fangzähne denen der Lady nicht gewachsen waren. Wie eine Kobra würde sie kämpfen, um ihn von den anderen Frauen fernzuhalten.
»Ich glaube, die
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