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Die scharlachrote Spionin

Die scharlachrote Spionin

Titel: Die scharlachrote Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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der Kunst angezogen gefühlt ...
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    Ein filigraner Hebel bewegte sich, gab ein kleines Fach zu erkennen. Drinnen lag ein gefalteter Zettel. Sofia trat einen Schritt näher an das Fenster und drehte sich kaum merklich herum, gerade so weit, dass sie ihre Hand vor dem aufmerksamen Blick des Dukes verbergen konnte.
    »Irgendetwas von Bedeutung?«, fragte er, als er ihre Bewegung bemerkte.
    Es kostete sie nur den Bruchteil einer Sekunde, den versteckten Zettel in ihrem Ärmel verschwinden zu lassen. Schon vorher hatte sie beschlossen, jegliche Entdeckung für sich zu behalten. Nicht nur, dass dem Duke unnötige Aufregung bescheren würde, wenn er zu viel wusste; es würde ihn unter Umständen auch in Gefahr bringen.
    »In der Ecke ist ein Kratzer, aber wenn man genauer hinguckt, sieht er schon ziemlich alt aus.« Sofia legte das Bild auf den Tisch zurück und griff nach der Skulptur.
    Sterling verschränkte die Hände hinter dem Rücken, schlenderte zum entfernten Ende des Zimmers und starrte in den Garten hinaus.
    Die Untersuchung der geschnitzten Figur ergab, dass sie über ein ähnliches Versteck verfügte. Es war leer, aber Sofia war trotzdem zufrieden, dass sie mit ihrer Vermutung richtig gelegen hatte. Robert hatte herausgefunden, wie die Verschwörer ihre Nachrichten von Übersee nach London schmuggelten. Es war ein sehr kluger Trick, denn die Nachrichten waren nicht nur vor allzu neugierigen Augen geschützt, sondern die Verschwörer hatten sich für ein Transportmittel entschieden, das sie noch einmal zu Geld machen konnten. Für die Zusammenarbeit würde Andover ein hübsches Sümmchen kassieren; außerdem würde das Geschäft mit kostspieligen Antiquitäten für alle Beteiligten einen ordentlichen Gewinn abwerfen.
    »Haben Sie entscheidende Hinweise gefunden?«, wollte Sterling wissen.
    Sofia schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht behaupten. Aber vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit gegeben haben, die Stücke mit eigenen Augen zu betrachten.«
    Sterling nickte, zeigte dann auf die gläsernen Ausstellungsschränke. »Und wenn Sie schon einmal hier sind, darf ich Ihnen dann meine Münzsammlung zeigen?«
    »Unbedingt, Sir!«
    Sofia musste keine Begeisterung heucheln, als sie die Runde durch den Raum machten. »Wirklich eine überaus faszinierende Sammlung, Euer Gnaden!« Die kenntnisreichen Kommentare des Dukes und seine offenkundige Liebe zu den Dingen hatten ihr eigenes Interesse entfacht. Jedes Antlitz besaß seinen eigenen individuellen Charakter, jeder Gesichtsausdruck erzählte eine packende Geschichte nicht nur über die Person, die auf dem Porträt in Ton oder Metall zu sehen war, sondern auch über den Künstler.
    Einen Moment lang vergaß sie die Schwierigkeiten, in denen sie steckte, während sie der Geschichte vergangener Jahrhunderte lauschte. »Gibt es unter diesen Gesichtern eines, dem Sie sich besonders verbunden fühlen, Sir?«, fragte sie und starrte fasziniert auf mehrere goldene Sesterzen, die Julius Caesar zeigten.
    Der Duke führte sie durch einen Alkoven in das angrenzende Zimmer. Wie ein größerer Ausstellungsraum war es in sherryfarbenem Holz vertäfelt und wurde durch eine Reihe großer, ebenfalls in Blei gefasster Fenster erhellt. Die Nachmittagssonne tauchte die Schnitzereien, mit dem die Wände verziert waren, in ein warmes Licht.
    »Hier findet sich nur ein einziger Kasten mit Münzen. Die Stücke, die mir persönlich am liebsten sind«, erläuterte Sterling, »die restliche Sammlung besteht nur aus Familienporträts.« Sein Blick fiel auf die golden gerahmten Gemälde an der entfernten Wand. »Aber ich ziehe diesen Raum der offiziellen Pracht der Hauptbibliothek oder des Salons vor. Hierher komme ich, wenn ich lesen möchte. Oder nachdenken.«
    »Das kann ich gut verstehen.« Sofia berührte die kunstvolle Zierleiste. Die Spitze eines hölzernen Blattes war abgebrochen, aber angesichts ihrer sanften Patina musste die Beschädigung schon vor langer Zeit geschehen sein. »Selbst wenn man fremd ist, fühlt man sich willkommen.« Sie zögerte, in seine Privatsphäre einzudringen. Aber ein Seitenblick auf sein Profil drängte sie zu einer weiteren Bemerkung. »Bestimmt gehen Ihnen viele lieb gewordene Erinnerungen durch den Kopf.«
    Er ließ die Fingerspitzen ebenfalls über das abgebrochene Blatt spielen. »Das Blatt hat meine Tochter mit dem Kricketball ihres Bruders abgebrochen, als sie zehn Jahre alt war. Die Gouvernante hat ihr für diese Ungehörigkeit den Hintern

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