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Die scharlachrote Spionin

Die scharlachrote Spionin

Titel: Die scharlachrote Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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sich nicht sicher, ob sie ihren Talisman als Fluch oder als Segen betrachten sollte. Manchmal spiegelte das gemalte Porträt nur die Empfindung eines tiefen Verlustes und den Schmerz, verlassen worden zu sein - nicht nur einmal, sondern zweimal. Sally Edwards war zwar freundlich zu ihr gewesen, hatte ihr aber doch nur unzuverlässigen Schutz geboten. Denn als sie die Möglichkeit gehabt hatte, in den Ruhestand zu treten und in ihre Heimat Yorkshire zurückzukehren, hatte das leichte Frauenzimmer keinen Hehl daraus gemacht, dass ein Kind nicht in eine solche Zukunft passen würde.
    Nun, dachte Sofia, ich bin ebenso stark wie die anderen Merlins. Schließlich habe auch ich nur überlebt, weil ich daran gearbeitet habe, Körper und Geist hart und unempfindlich zu machen.
    Sie ließ das goldene Etui zuschnappen, wickelte die Kette sorgfältig auf und legte das Medaillon zurück in den Schmuckkasten. Grübeleien privater Natur konnte sie sich nicht leisten, wenn es so viele andere Rätsel zu lösen galt.
    Denk nicht an die Zukunft. Auch nicht an die Vergangenheit. Nur an die Gegenwart.
    Der morgige Tag würde ihr alles abverlangen, ihre Fähigkeiten auf die Probe stellen. Nachdem sie den Zettel in Lord Roberts altertümlichem Kunstwerk gelesen hatte, hatte sie beschlossen, die üblichen Kommunikationswege zu durchbrechen und eine persönliche Begegnung mit Lord Lynsley zu fordern. Er würde ihre Forderung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Hoffentlich hatte ihr Instinkt sie nicht über die Dringlichkeit der Sache getäuscht.
    Aber wie einschüchternd der Marquis auch auftreten mochte, er war nicht ihre größte Herausforderung. Später am Vormittag war sie zu einem Spaziergang durch den Park mit De Winton verabredet. Anstatt ihre Kräfte an Grübeleien über ihre Herkunft zu verschwenden, sollte sie also lieber ihr Herz stählen und die Klinge schärfen, um den nächsten Herausforderungen gewachsen zu sein. Der Duke irrte sich - sie war eine Frau und eine Soldatin.
    Und als gut ausgebildete Soldatin wusste sie auch, dass es am besten war, nicht auf zwei Schlachtfeldern gleichzeitig zu kämpfen.
    »Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.«
    »Können Sie nicht, oder wollen Sie nicht?«, schnappte Osborne, weil er es nicht länger ertragen konnte, dass alle in seiner Nähe ihn am ausgestreckten Arm verhungern ließen.
    Porter verzog das Gesicht. »Reißen Sie mir nicht gleich den Kopf ab! Über das, was in der Gasse geschehen ist, tappe ich genauso im Dunkeln wie Sie. Unser Agent behauptet, dass es eine Lady gewesen sei, die praktisch aus dem Nichts aufgetaucht ist und ihm das Leben gerettet hat. Eine Lady, die wie ein Engel ausgesehen hat und kämpfen konnte wie der Teufel.«
    Die Beschreibung klang irgendwie vertraut.
    »Aber Sie kennen ja Whitehall«, fuhr der Captain fort. »Jeder in diesem unterirdischen Bau mit seinen verschlungenen Gängen macht ein wohlbehütetes Geheimnis aus seinen Tätigkeiten, selbst vor den anderen Abteilungen. Angesichts der Art, wie General Burrands Truppe uns lebenswichtige Informationen vorenthalten hat, hätte man glatt annehmen können, dass sie selbst der größte Feind war.«
    »Ich weiß genau, was in Ihnen vorgeht«, entgegnete Osborne, »obwohl ich auch überzeugt bin, dass Geheimdienste mit allen Tricks und Schlichen arbeiten müssen. Die Leute müssen genau darauf achten, wen sie was wissen lassen.«
    »Sie sollten vor allem darauf achten, dass sie ihre Nase nicht zu weit in den Dreck stecken!«, erwiderte Porter sarkastisch. »Übrigens haben Sie mir noch gar nicht gesagt, warum Lord Lynsley Sie geschickt hat, um sich nach Antwerpen zu erkundigen.«
    »Ich glaube, es geht um Schmuggel und um eine Prinzessin in Schwierigkeiten«, erwiderte Osborne. Die Halbwahrheiten glitten ihm mühelos über die Zunge. »Andererseits bin ich nur der Botenjunge. Er verrät mir nicht viel.«
    Porter lachte schallend. »Dann zum Teufel mit ihm!« Die Würfel klapperten schneller und schneller über den Tisch. Der Captain bewegte die Finger. Es juckte ihn sichtlich, zum Spiel zurückzukehren. »Haben Sie Lust, es auch einmal zu versuchen? Vielleicht wird die Glücksfee Sie besser behandeln.«
    »Ein andermal. Es gibt noch ein paar Befragungen, auf die ich nicht verzichten möchte.« Osborne wandte sich zum Gehen. »Noch eins ... Hat Ihr Agent zufällig erwähnt, ob seinem Schutzengel ein fliegender Falke über die linke Brust tätowiert war?«
    Durch den Zigarrenrauch sah er die aufgerissenen Augen

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