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Die Schatten der Vergangenheit

Die Schatten der Vergangenheit

Titel: Die Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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musste mich beherrschen, um meine Hand nicht am Sitz abzuwischen. »Du bist wirklich etwas ganz Besonderes, Remy. Und ich habe mich dir gegenüber nicht immer richtig verhalten, glaube ich. Ich hätte dich nie darum bitten dürfen, deine Cousine zu heilen.« Bedauernd schüttelte er den Kopf. »Ich hoffe wirklich, du gibst mir noch mal eine Chance.«
    Die Ehrlichkeit in seiner Stimme stürzte mich erneut in Zweifel. Vielleicht deutete ich alles ja völlig falsch? Was wusste er wirklich? Erin hatte gesagt, Franc hätte gelogen, alser Melinda als meine Cousine bezeichnet hatte. Er wisse mehr über mich, als mir klar sei, hatte sie gemeint und angedeutet, dass ich deshalb in Gefahr schweben würde. Als ich mir unsere Unterhaltung allerdings noch mal in Erinnerung rief, fiel mir auf, dass Ashers Name dabei nie direkt gefallen war und sie meinem Großvater bis auf das Testen meiner Fähigkeiten auch für nichts die Schuld gegeben hatte. Ich hatte nur gemutmaßt. Mir fiel das Herz in die Hose. Es würde Gabriel umbringen, wenn ich ihn auf der Suche nach seinem Bruder auf eine völlig sinnlose Verfolgungsjagd geschickt hatte. Und mich auch.
    Am liebsten hätte ich Franc mit Fragen gelöchert, aber das musste warten. Es hätte ihn misstrauisch machen können, wo er doch unbedingt glauben musste, alles wäre beim Alten. Falls Asher noch lebte, hätte mein Großvater diese Tatsache und alles andere, was er in Erfahrung gebracht hatte, die ganze Zeit über vor mir verheimlicht. Was einen hochgefährlichen Mann aus ihm machte.
    Folglich verzog ich die Lippen zu einem Lächeln und erklärte meinem Großvater: »Aber natürlich. Dazu ist Familie ja schließlich da!«

    Mein Koffer hielt Wache an der Tür, gepackt und reisefertig. Und ich saß im Schneidersitz auf meinem Bett und kaute an den Fingernägeln herum. Ich hasste es, hier festzusitzen und zum Nichtstun verdonnert zu sein. Ich hatte Gabriel eine SMS geschrieben, aber er hatte nicht darauf reagiert. Franc war schon vor Stunden ins Bett gegangen, und ich spürte, wie meine Chancen, in dieser Nacht zu verschwinden, mit jedemTicken der Wanduhr geringer wurden. Aber viel schlimmer war noch, dass ich schreckliche Angst hatte, Gabriel würde mir deshalb nicht antworten, weil er entdeckt worden war. Ich weigerte mich, den Gedanken weiterzuspinnen, aber angesichts der Möglichkeit wurde mir ganz schlecht.
    Bis um drei Uhr hatte ich mir den Daumen blutig gebissen und musste gegen den Drang ankämpfen, auf den knarzigen Bodendielen auf und ab zu gehen. Die doofe Uhr machte mich wahnsinnig. Inzwischen schien sie nicht mehr zu ticken, sondern Endlossätze zu sprechen: »Asher ist tot. Gabriel ist tot. Asher ist tot. Gabriel ist tot.« Schließlich reichte es mir, ich riss sie von der Wand und holte hinten die Batterien heraus.
    Die Stille war noch viel schlimmer als das ständige Ticktackticktack.
    Ich hielt es nicht mehr aus. Ich drückte mir ein Kissen ins Gesicht und schrie hinein. Auch das half nicht, und meine Fantasie ging mit mir durch. Dieser verfluchte Gabriel. Wenn der erst aufkreuzte, dann würde ich …
    Ein Kieselstein flog an mein Fenster. Ich ließ das Kissen fallen und rannte hin, um es zu öffnen. Gabriel stand unten auf dem Rasen, gut sichtbar für die Männer meines Großvaters. »Hast du sie nicht mehr alle? Versteck dich«, gab ich ihm im Bühnenflüsterton zu verstehen.
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht nötig. Um die Typen, die das Haus bewachen, hab ich mich schon gekümmert. Komm runter und bring deine Sachen mit!«
    Das musste man mir nicht zweimal sagen. Ich schnappte mir mein Gepäck und schlich die Treppe hinunter. An der Hintertür wartete Gabriel schon auf mich.
    »Was hast du mit den Männern meines Großvaters angestellt?«
    Gabriel deutete mit dem Kopf zu einem Truck, der an der Straße parkte. Er sah leer aus.
    »Die liegen gefesselt im Laderaum. Ich habe sie k. o. geschlagen.«
    Ich schwieg.
    »Fragst du mich denn nicht, wieso?«
    »Nö. Du hattest bestimmt deine Gründe.«
    »Richtig. Steig erst mal ein, dann reden wir.«
    Ich folgte ihm zu einer schwarzen Limousine, die mit laufendem Motor am Straßenrand stand. Er warf meine Sachen in den Kofferraum, und wir beide stiegen ein. Vermutlich hatte er den Wagen gestohlen, aber das war mir egal. Hauptsache weg. So weit war es mit mir schon gekommen. Eigentlich hätte es mich sorgen müssen, aber ich konnte nur an Asher denken. Was hatte Gabriel herausgefunden, dass wir auf so einfache Weise fliehen

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