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Die Schatten der Vergangenheit

Die Schatten der Vergangenheit

Titel: Die Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corrine Jackson
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während ich mich auf die Kante hievte. Dann nahm ich ihren Becher, während sie sich neben mich setzte. Ich passte immer noch höllisch auf, dass unsere Finger sich nicht berührten. Wir betrachteten die Wellen, und man merkte Erin an, wie gern sie mich ausgefragt hätte. Lange dauerte es nicht.
    »Deine Mutter hat dir wirklich gar nichts erzählt?«
    »Nein. Ich glaube, sie hat gehofft, wenn sie so tut, als würden meine Fähigkeiten nicht existieren, dann würden sie verschwinden.« Das stimmte. Das hatte sie in den iPod-Aufzeichnungen zugegeben. »Sie wollte nicht, dass dies ein Teil meines Lebens ist. Immer in Gefahr sein.«
    Ich drehte mich zu Erin. »Wie schaffst du das, ständig mit der Bedrohung durch die Beschützer zu leben?«
    Mit gefurchter Stirn dachte Erin darüber nach. »Ich kenne es ja nicht anders. Außerdem führen wir unser Leben wie alle anderen auch. Nur stiller und etwas besonnener.«
    »Wirklich?«, fragte ich, tatsächlich verwirrt. »Und wie sieht’s mit Dates aus? Und Jungs küssen und so?«
    Erin wurde so rot wie eine Tomate. »Ich kann da nicht aus eigener Erfahrung sprechen, aber trotz ihres Heilerinnendaseins war Delia noch nie ein Kind von Traurigkeit.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch, und Erin schien aufzugehen, was sie gesagt hatte. Sie schlug sich die Hand vor den Mund.
    »So hab ich’s nicht gemeint!«
    Als ich gedehnt: »Nee, schon klar!« sagte, brach sie in haltloses Gekicher aus.
    »Okay, vielleicht hab ich’s so gemeint.« Sie brauchte einen Moment, um sich zu fassen. »Ich vermute, du hast da etwasfalsche Vorstellungen, was es bedeutet, eine von uns zu sein. Eine Heilerin zu sein, Remy, ist keine Strafe. Es ist ein Geschenk!«
    Das glaubte sie wirklich. Sie war die Ehrlichkeit in Person. Andererseits musste sie sich auch nicht mit Beschützer-Genen herumschlagen, durch die ihre Fähigkeiten außer Rand und Band gerieten.
    Man musste mir meine Zweifel angesehen haben, denn sie lachte. »Ich mein’s ernst. Hör mal, mit deinem Großvater hat sich alles verändert für uns. Früher kamen viele um, weil sie allein und schutzlos waren. Er hat kapiert, dass es so nicht weiterlaufen kann. Francs Motto lautet: Gemeinsam sind wir stark. Also verstecken wir uns zusammen, das heißt, wir leben alle in einer Gemeinde. Ein paar von uns hat’s erwischt, leider, aber es ist längst nicht mehr so schlimm wie früher. Wir führen unser Leben eben nicht im Verborgenen, und deshalb schöpft auch keiner Verdacht.«
    Rein theoretisch klang das ja gut, aber … »Und was ist, wenn ihr eure Fähigkeiten einsetzt, so wie neulich bei dem kleinen Jungen? Ich meine, wird unsereiner nicht gerade dadurch erwischt, dass er jemanden heilt?«
    Sie stupste mich mit der Schulter an und schien nicht zu bemerken, dass ich schnell wegrutschte. »Das ist der Teil unseres Lebens, den wir verbergen.«
    Ich runzelte die Stirn. Wie das gehen sollte, war mir schleierhaft. Nicht bei einer Gruppe dieser Größe. Ich war schon ein Dutzend Mal beinahe aufgeflogen. Die Funken und die Verletzungen, die da waren und urplötzlich wieder nicht mehr, verrieten einen doch grundsätzlich. Zumindest aber die Person, die man heilte, musste etwas mitkriegen. Wie viele Menschen konnte man heilen, bevor einer davon etwas ausplauderte?
    Das Einzige, was mich vor einer Entdeckung bewahrt hatte, war meine Isoliertheit gewesen. Vor meiner Ankunft in Blackwell Falls hatte ich meine Mutter und mich geheilt, nachdem Dean uns grün und blau geschlagen hatte. Gelegentlich hatte ich Berührungen mit Fremden nicht verhindern können, und ab und zu hatte ich jemanden geheilt, der verletzt oder krank war, weil das der Anstand gebührte. Irgendwie hatte ich es aber immer geschafft, mich unauffällig zu entfernen, bevor diesen Leuten ein Licht aufging, was da gerade geschehen war. Ich hatte mich zu gut darauf verstanden, ein unauffälliges Dasein zu führen, damit niemand merkte, was für ein Freak ich war. Beschämung konnte etwas Mächtiges sein. Dann hatte sich durch Asher, der gleich bei unserer ersten Begegnung mein wahres Ich erkannt hatte, alles verändert.
    Ehe ich Erin weitere Fragen stellen konnte, winkte sie jemandem in der Ferne zu. Ich folgte ihrem Blick und entdeckte Alcais und Delia, die auf uns zukamen, und musste meine Enttäuschung hinunterschlucken. Mit ihren Sticheleien drückten die beiden jeder Unterhaltung ihren Stempel auf.
    Erin lächelte mich an. »Du solltest deinen Großvater bitten, dir unsere Bibliothek zu

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