Die Schatten der Vergangenheit
mit den Fingern meinen Unterarm hinauf zu der empfindlichen Stelle in meiner Armbeuge. Wo immer er mich berührte, bekam ich Gänsehaut.
»Du weißt, was ich meine.« Meine Stimme klang atemlos.
»Allerdings.«
Seine magischen Finger setzten ihren Weg nach oben fort, fuhren zart über meine Schultern und glitten dann auf ihrem Weg zu meiner Taille über meine Rippen. Ich sah Asher in die Augen. Sie schimmerten in einem Anflug von Verzweiflung.
»Asher?«, fragte ich unsicher.
Ich hatte meinen Schutzwall gesenkt, damit ich meine Gedanken mit ihm teilen konnte. Aber Küssen stand auf einem anderen Blatt. Da hätte er seine Mauern oben haben müssen, eine Tatsache, die er aus irgendeinem Grund missachtete.
»Ich will dich küssen!«, flüsterte er.
Nur zu gern bereit, seinem Wunsch nachzukommen, konzentrierte ich mich darauf, meine Mauern hochzufahren, aber seine Hände, die unter den Saum meines T - Shirts glitten und sich auf meinen bloßen Rücken legten, lenkten mich ab. Er schubste mich in seine Richtung, ich verlor das Gleichgewicht und fiel in seine Arme. Er löste eine Hand von meinem Rücken, und sofort vermisste ich ihre Wärme. Doch dann waren seine Finger in meinem Haar, nestelten an dem Haargummi, das es zusammenhielt. Noch ein Ruck, und mirfiel das Haar über die Schultern. Asher beugte sich vor und vergrub sein Gesicht darin.
»Ich.Will.Dich.Endlich.Küssen.«
Er wollte, dass wir uns küssten, ohne dass unsere Schutzmauern hochgezogen waren. Das verstand ich, nur nicht, warum. Ich konnte ihm wehtun. Wie schon zuvor. Mein Körper heilte seine Unsterblichkeit nicht nur. Er raubte sie. Asher konnte dabei sein Leben verlieren. Es war nicht richtig, dass er sein Leben riskierte. Nicht so.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
Er zog überrascht die Augenbrauen hoch, und mein Mund zuckte. Ich war nicht sicher, ob es schmeichelhaft für mich war, dass er glaubte, ich würde auf jede seiner Bitten eingehen.
Asher brach in lautes Gelächter aus, und er lockerte seinen Griff auch dann nicht, als ich mich von ihm wegstemmen wollte.
»Wenn du auf all meine Bitten eingehen würdest, wären wir nicht hier, sondern in Blackwell Falls.« Seine Laune hob sich ein wenig.
Ich stemmte mich gegen ihn, aber umsonst. Verdammte Beschützerkraft. »Es ist so was von unfair, dass du meine Gedanken lesen kannst, ich deine aber nicht«, meckerte ich. »Lass mich los!«
Endlich lockerte er seinen Griff, und ich setzte mich auf. Seine Unschuldsmiene sah so aufgesetzt aus, dass ich ihm nicht traute.
»Was ist los mit dir? Immerzu sagst du, wie gefährlich es für uns beide ist, wenn wir unsere Schutzmauern unten haben!«
»Vielleicht habe ich gerade einfach keine Lust, die Kontrolle zu behalten.«
Einen Augenblick starrte ich ihn schweigend an. Er blickte trotzig zurück.
»Nein, das ist es nicht«, sagte ich entschieden.
Es war eine Sache, wenn Asher in einem leidenschaftlichen Moment die Beherrschung verlor. Das war uns beiden schon mehr als einmal passiert. Das hier war etwas anderes. Den Vorschlag zu machen, dass wir wissentlich etwas riskierten, verstieß gegen alles, was wir vereinbart hatten. Irgendetwas verschwieg er mir. Ich fühlte mich an die Tage erinnert, als er von meinem Heilerinnenblut wusste, während ich mir noch einen Reim daraus zu machen versuchte, was zum Teufel er war. Dabei hatte ich heute schon genug Stress gehabt.
Asher zog seine mentalen Mauern hoch. Er fuhr sich durchs Haar und zerzauste es frustriert. »Es tut mir leid. Ich führe mich auf wie ein Trottel.«
»Da könntest du recht haben. Magst du erklären, wieso?«
»Ich bin müde. Ich hasse es, nicht bei dir sein zu können. Und ich hatte wirklich gehofft …« Er rieb sich das Gesicht. »Ich kann es nicht fassen, dass ich mich der Hoffnung hingegeben habe, sie würden ein Heilmittel kennen.«
Das fehlende Puzzlestück rutschte an seinen Platz. Sosehr Asher meine Reise hierher auch gegen den Strich gegangen war, er hatte sich wohl gewünscht, mein Großvater und die anderen Heilerinnen hätten eine Lösung für unser Problem. Wir sprachen nicht gern darüber, doch es bestand die Möglichkeit, dass ich unsterblich werden könnte, während er menschlich wurde. Nachdem wir uns ständig wandelten, würden wir nie lange zusammen am selben Ort sein können. Ich gestand es mir ja selbst kaum ein, aber manchmal hatte ich Angst davor, wenn Ashers Sinneswahrnehmungen zurückkämen, ich meine dafür einbüßen müsste.
Für eine
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