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Die Schatten des Mars

Die Schatten des Mars

Titel: Die Schatten des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Martin in Richtung Heck und stellte irritiert fest, daß das Boot keine Steuerruder besaß. Er konnte seinen Kurs weder beeinflussen, noch wußte er, ob und in welche Richtung es sich bewegte.
    Martin zog die Fackel aus der Halterung und leuchtete damit über die Bordwand. Die Wasseroberfläche war spiegelglatt, es gab nicht einmal die Andeutung einer Bugwelle. Dafür fiel ihm auf, daß das Boot kaum auf die Gewichtsverlagerung reagierte. Entweder es war schwerer, als er angenommen hatte, und besaß einen enormen Tiefgang, oder aber ...
    Unsinn! schalt er sich. Natürlich ist das nur Wasser, was denn sonst?
    Dann geschah etwas. Martin spürte die Veränderung, noch bevor er sie bewußt wahrnahm, und drehte sich um.
    Zunächst hielt er den Lichtfleck für eine Sinnestäuschung, doch als er seinen Blick darauf fixierte, wurde ihm klar, daß die Erscheinung real sein mußte – eine gelblich fluoreszierende Säule in etwa hundert Meter Entfernung auf der Mitte des Sees. Die Intensität des Lichtes war unmittelbar über dem Wasserspiegel am höchsten und nahm nach oben hin ab, so daß die Decke des Raumes oder der Höhle nach wie vor im Dunkel lag.
    Was es auch war, die Erscheinung machte jedenfalls keinen bedrohlichen Eindruck. Im Gegenteil, das stille, warme Licht übte eine seltsame Faszination auf ihn aus und erfüllte sein Herz mit Sehnsucht.
    Das goldfarbene Glühen wurde heller, und Martin hatte den Eindruck, daß es sich auf ihn zu bewegte. Sein Irrtum wurde ihm erst klar, als er einen leichten Luftzug spürte und sah, wie sich die Segel im Wind strafften. Das Boot hatte wieder Fahrt aufgenommen, und sein Bug war exakt auf die leuchtende Säule ausgerichtet wie eine Kompaßnadel nach Norden.
    Je näher sie kamen, um so deutlicher wurde, daß sich die eigentliche Lichtquelle unter Wasser befinden mußte. In gewisser Weise ähnelte die leuchtende Säule dem Lichtkegel eines nach oben gerichteten Scheinwerfers.
    Wie gebannt starrte Martin auf den schimmernden Lichtfleck. Manchmal schien es ihm, als bewege sich etwas unterhalb der Wasseroberfläche, doch sobald er seinen Blick darauf fixierte, waren die schattenhaften Bewegungen verschwunden.
    Das Boot hatte inzwischen beigedreht, doch Martin bemerkte es nicht einmal. Er fragte sich, was wohl mit einem lebendigen Wesen – ganz gleich ob Tier oder Mensch – geschehen würde, wenn es in den leuchtenden Strudel geriet. Würde es wie eine Fackel aufleuc h ten oder sich einfach au f lösen, um selbst Teil des Sees zu werden? Er würde es wohl nie erfahren ...
    Die Erkenntnis stimmte ihn merkwürdigerweise traurig, obwohl er weit davon entfernt war, sich auf ein derartiges Experiment einzulassen. Er zögerte sogar, die leuchtende Säule zu berühren, die sich jetzt unmittelbar vor ihm erhob.
    Dann sah er, wie etwas Helles aus der Tiefe des Sees nach oben glitt, und plötzlich war überall Licht. Innerhalb von Sekundenbruchteilen dehnte sich die Säule aus, zerfiel aber gleichzeitig zu einem Bündel haarfeiner Lichtstrahlen unterschiedlicher Intensität, das Boot und Passagier einhüllte wie der Strahl eines gigantischen Filmprojektors.
    Als Martin zurückweichen wollte, stellte er erschrocken fest, daß er sich nicht mehr bewegen konnte. Es gab keinen Widerstand, den er hätte überwinden müssen, dazu kam es gar nicht erst. Seine Glieder entzogen sich so vollständig der Kontrolle, als gehöre sein Körper nicht mehr ihm selbst, sondern gehorche einem fremden Willen.
    Der Angriff kam völlig unerwartet. Etwas drang in ihn ein – nicht in seinen Körper, den er ohnehin nicht mehr spürte –, sondern direkt in sein Bewußtsein. Es gab nichts, was er der ungeheuren mentalen Kraft entgegensetzen konnte, die wie eine Flutwelle alle Barrieren niederriß, die sein empfindliches Selbst schützten. Er fühlte sich nackt nach diesem Ansturm, nackt in einem viel umfassenderen Sinne als dem der körperlichen Blöße, denn er war dem Angreifer bedingungslos ausgeliefert. Das Gefühl, beobachtet, geprüft und analysiert zu werden, war demütigend. Und noch deprimierender war die Erkenntnis, das dieses Fremde ihn fortan nach Belieben beherrschen, manipulieren oder auslöschen konnte ...
     
    Einen Augenblick später befand sich Martin in einer anderen Welt, die von dem eben Durchlebten ebenso weit entfernt war wie von seinem gewohnten Umfeld. Sein Bewußtsein war plötzlich nicht mehr das einer Person, sondern Teil jenes unbekannten Universums, in das er sich versetzt sah. Er konnte

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