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Die Schatten schlafen nur

Die Schatten schlafen nur

Titel: Die Schatten schlafen nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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denn so? Waldemar von Bahlow war doch der König von Nierswalde, als Froriep weg war, und die Kinder von dem haben sich von klein auf wie die Kronprinzen benommen. Waldemar, der alte Moralapostel, der hat doch bestimmt, was richtig und falsch ist, und der Jakob, der war falsch, ein ganz schlechtes Vorbild für die Christengemeinde. Dieser selbst ernannte Heiland hat sogar überall rumerzählt, Jakob würde die Lene verprügeln. Jakob! Ausgerechnet der! Der hat doch für jeden armen Schlucker sein letztes Hemd gegeben. Sogar zum Schluss noch.«
    »Zum Schluss?«
    »Es ging ihm nachher nicht mehr so gut, körperlich. Zweimal Gelbsucht, einmal hat er sogar auf Leben und Tod gelegen. Trotzdem hat er sich nicht gescheut, den Jelineks zu helfen. Die sind damals, so um 1980 rum, ins Dorf gezogen, kamen aus dem Hessischen, glaub ich. Der Olaf Jelinek ist wohl der Junge von einem von Jakobs Studienkollegen gewesen, der aber schon tot ist. Die haben die alte Gärtnerei hier an der Ecke übernommen und mussten quasi bei null anfangen, sehr jung noch, alle beide. Und ohne Jakob wären die nie auf die Füße gekommen. Tag und Nacht hat der bei denen geschuftet. Im Grunde war der immer mehr so wie der Froriep, hat jedem ohne Ansehen der Person geholfen, alles nur für Gottes Lohn.«
    Sie quetschte ein paar Tränen hervor. Cox reichte ihr wortlos ein Tempotuch und nickte auffordernd.
    »Tja, und dann ist er Frührentner geworden, kaputtgeschrieben, und das hat ihm den Rest gegeben. Das hat er einfach nicht verkraftet. Schließlich war er erst dreiundfünfzig. Seine Frau hat ihn ja schon lange nicht mehr ins Ehebett gelassen. Was hatte der Mann denn noch vom Leben, frag ich Sie? Die letzten Jahre hat er immer auf einer Pritsche im Schuppen unten geschlafen. ›Ist besser so, Adelheid‹ hat er immer gesagt, ›ich bin gern für mich alleine. Bin ich doch von klein auf so gewöhnt.‹ Der Jakob war ja erst drei Jahre alt, wie er ins Waisenhaus kam. Beide Eltern kurz nacheinander an Milzbrand gestorben, damals 1938, einfache Leute, Lohnarbeiter auf einem Gutshof, einfache Menschen, aber rechtschaffen.«
    »Wann genau ist Opitz Frührentner geworden?"
    »Das muss, ja, warten Sie mal, das muss 88 gewesen sein. Für Zahlen hatte ich schon immer ein gutes Gedächtnis. Von da an jedenfalls hat er nicht mehr viel gesprochen und ein Jahr später, Ostern, da war er auf einmal weg. Ostersonntag hab ich ihn noch gesehen, wie ich zur Kirche ging. Da stand er in der Schuppentür. Der ging ja schon lange nicht mehr zum Gottesdienst. ›Ich bete lieber für mich alleine, Adelheid‹ hat er immer gesagt, ›da bin ich meinem Gott viel näher.‹«
    Jetzt quollen mehr Tränen. »Und ich war so böse auf ihn. Hab immer gedacht, der hätte sich doch wenigstens verabschieden können, wenigstens von mir.« Sie schluchzte wild.
    »Frau Tessel, bitte, nur noch ein paar Minuten.«
    »Erschossen! Ich kann es nicht begreifen. Erschossen und mitten im Dorf in eine Grube geworfen! All die Jahre hat er da gelegen und keiner hat es gewusst.«
    »O doch«, meinte Cox. »Einer hat es sicher gewusst.« Sie hörte schlagartig auf zu heulen. »Sagen Sie doch so was nicht! Da wird einem ja ganz komisch. Sie meinen, der Mörder läuft hier immer noch frei rum? O bitte, nein, mir wird übel!«
    »Wer hat Opitz näher gekannt, mit wem war er befreundet?«
    Sie starrte ins Leere. »Mit mir«, murmelte sie. »Nur mit mir und später vielleicht mit den Jelineks. Waren aber nicht seine Generation. Und die Dorfjugend, die er betreut hat, die ist ja auch schon lange weggezogen.« Dann schrie sie auf einmal auf. »Der Mörder läuft frei rum! Und wenn der rauskriegt, was ich Ihnen alles erzählt habe? Was mach ich denn? Was mach ich denn jetzt? Tun Sie doch was! Sie müssen mir doch helfen!«

    Es war fast elf, als Toppe und Cox die Frau so einigermaßen beruhigt hatten und zum Dorfplatz gehen konnten. Keine Spur von Astrid und van Appeldorn, aber dafür stand ein blauer Lieferwagen mit Eroglus Firmenlogo vor der Brandruine.

19
    Hüseyin war dabei, Werkzeug auszuladen. Gerade mühte er sich mit einem schweren Hochdruckreiniger ab. Offensichtlich war er allein und offensichtlich hatte er die Polizisten längst entdeckt, denn er zuckte nicht mit der Wimper, als sie auf ihn zukamen.
    »Wie geht es Ihnen?« Er reichte beiden verlegen lächelnd die Hand.
    »Danke«, nickte Toppe. »Und Ihnen?«
    Hüseyin antwortete nicht, sondern bückte sich wieder nach seiner Maschine.
    »Warten

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