Die Schatten schlafen nur
nicht über die Mittel verfügt, ein Patent darauf anzumelden. Das habe die HVW AG in Weeze getan, ihm aber eine großzügige Abfindung gezahlt und mit dem Geld habe er eben sehr klug gewirtschaftet.
»Bisschen abenteuerlich, die Geschichte. Überprüf das mal.«
Van Appeldorn nickte. »Schon notiert. Politiker war der Mann übrigens auch noch. Er ist gleich 1952 in den ersten Gemeinderat gewählt worden und ab 1960 war er dann Bürgermeister. Da war er erst 42, reichlich jung für so einen Posten zu der Zeit, aber er meinte, es zahle sich eben aus, wenn man sich für das Gemeinwohl einsetze, und er habe sich schließlich maßgeblich an den Kosten für den Bau der Schule beteiligt, unter vielem anderen.«
Ein heftiger Windstoß fegte über den Spielplatz und ließ die Ketten der Schaukeln klirrend gegen das Gestänge schlagen. Astrid zog sich fröstelnd die Kapuze über. »Nächstes Mal nehme ich eine Thermoskanne Kaffee mit.«
Toppe fasste das Gespräch mit Adelheid Tessel so knapp wie möglich zusammen. »Ich gehe jetzt mit Peter zu den Jelineks. Die müssen Opitz gut gekannt haben und Olaf Jelinek gehört außerdem zu den Hüttenbauern.«
»Dann nehmen wir uns Karl Maier vor. Das ist doch die Familie, wo wir letzte Woche nur die taube, alte Frau angetroffen haben, oder?«, fragte Astrid und schaute zum Himmel. »Wir sollten uns ranhalten, es fängt gleich wieder an zu regnen. Bis zur Waldstraße ist es ein ganzes Stück, nehmt besser den Wagen.«
»Ach, Blödsinn«, wehrte Cox ab. »Ein bisschen Bewegung tut uns mal ganz gut.«
Wenig später bereute er seine sportlichen Ambitionen, denn auf halbem Weg setzte ein eisiger Regensturm ein, und als sie bei Jelineks ankamen, waren ihre Kleider durchweicht und ihre Nasen und Ohren taub vor Kälte.
»Was für ein Sauwetter!« Sonja Jelinek hielt die Haustür weit offen. »Kommen Sie schnell ins Trockene. Sie sind doch von der Polizei, nicht wahr?«
Toppe zögerte und sah auf seine Schuhe. »Wir werden Ihnen alles schmutzig machen.«
»Das ist überhaupt nicht schlimm.« Sie lachte liebenswürdig. »Wir sind sowieso noch nicht fertig eingerichtet. Die Teppichböden liegen immer noch original verpackt im Schuppen. Augenblick!«
Sie verschwand in einem Durchgang und kam mit zwei Handtüchern zurück. Cox und Toppe trockneten sich Gesicht, Nacken und Hände.
»Wir sind nämlich erst im Juli hier eingezogen und natürlich müssen wir zunächst einmal den Betrieb auf Vordermann bringen. Die Wohnräume kommen nicht vor dem Winter dran«, redete sie weiter. Dann wurde sie ernst. »Sie kommen wegen Onkel Jakob. Mein Mann hat ja heute Morgen bei Ihnen angerufen.«
Toppe stellte sich vor. »Hoffentlich stören wir Sie nicht beim Mittagessen.«
»Nein, gar nicht. Wir essen immer abends warm. Wir sind ja nur zu zweit.«
Sonja Jelinek musste Mitte vierzig sein, eine große, muskulöse Frau, die körperliche Arbeit gewöhnt war. Ihr aschblondes Haar hatte sie nachlässig mit einem Gummiring zurückgebunden, ihr rundes Gesicht war ungeschminkt und hätte ohne die dunkle, schwere Brille sehr nett ausgesehen.
»Ich bin immer noch ganz benommen wegen Onkel Jakob«, meinte sie. »Aber für meinen Mann ist es viel schlimmer, er kannte ihn ja schon, seit er ein kleiner Junge war. Warten Sie, ich rufe ihn gleich. Er ist draußen auf dem Hof.«
Wieder lief sie zum Durchgang. »Liebling? Kommst du mal? Die Polizei ist da.«
Olaf Jelinek kam sofort. Er war ein wenig kleiner als seine Frau, schmaler, attraktiv, mit dunklen, kurzen Haaren. Er sah unglücklich aus, ein wenig aus dem Tritt gebracht, aber sein Händedruck war fest, die Handflächen voller Schwielen.
Er nahm sie mit in ein spartanisch eingerichtetes Wohnzimmer. Seine Frau legte ihm kurz die Hand an die Wange und drückte seine Schulter, als er an ihr vorbeikam, dann ging sie hinaus und holte zwei Stühle.
»Was wollen Sie wissen?«, fragte Jelinek rau, als alle einen Platz gefunden hatten.
»Ihr Vater und Jakob Opitz waren befreundet?«, begann Toppe.
»Ja, sie haben beide in Bonn studiert, daher kannten sie sich und den Kontakt haben sie gehalten. Onkel Jakob war meinem Vater eine große Stütze, besonders als meine Mutter gestorben ist.«
Er sah zu seiner Frau hinüber.
»1979 haben wir geheiratet, meine Frau und ich«, fuhr er fort, »und keine Woche später ist mein Vater an einem Herzinfarkt gestorben. Er hat mir sein Haus hinterlassen und etwas Geld. Ich war zu der Zeit gerade arbeitslos und Sonja wollte
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