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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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glauben, er hätte leichtes Spiel mit mir.«
    McGinty marschierte quer durch den Raum auf O’Kane zu. »Um Himmels willen, Bull. Überleg doch mal, wo das endet. Überleg, was die Sache uns kostet.«
    »Nein.«
    »Hör mir zu. Denk mal in die Zukunft. Angenommen, die Unionisten gehen auf die Barrikaden und der Stormont bricht auseinander. Dann hast du keinen Freund mehr in der Regierung, der für dich irgendwelche Räder schmiert. Du leidest darunter genauso wie ich.«
    »Ich habe nein gesagt, Paul. Das ist alles.«
    McGinty packte O’Kane an den massigen Schultern. »Jetzt komm endlich mit deinem Kopf aus der Vergangenheit, verflucht. Hör auf, dich aufzuführen wie ein gemeiner Straßenrabauke. Das haben wir hinter uns. Du bist ein Dinosaurier, Bull. Du kostest mich…«
    Noch bevor das Klatschen des Schlages Campbell zusammenzucken ließ, lag McGinty schon am Boden. Seine Lippe blutete. Coyle starrte ihn fassungslos an. Quigley wollte schon aufspringen, aber O’Kane zeigte mit seinem feisten Finger auf ihn.
    »Setz dich sofort wieder hin.«
    Der Fahrer gehorchte.
    Rasch überschlug Campbell die Lage. Quigley war zu schwach. Coyle war zu dumm. Er, Campbell, war McGintys einziger Verbündeter in dieser Bruchbude hier. Aber Fegan durfte nicht am Leben bleiben. Nicht bei dem, was er über Francis Delaney und die beiden Kerle von der UFF wusste.
    Er stand auf. »Mr. O’Kane hat recht«, sagte er.
    McGinty funkelte ihn vom Boden aus an. Sein Taschentuch war blutbefleckt. »Wie bitte?«
    »Fegan ist zu gefährlich. Wir müssen ihn erledigen.«
    O’Kane schlug Campbell auf die Schulter. »Kluger Junge.«
    McGinty rappelte sich hoch. Er durchbohrte Campbell mit seinem Blick. »Wie du willst, Bull. Du bist der Boss.«
    »Gut.« O’Kane klatschte grinsend in die Hände. »Und jetzt holt diese Frau und ihr Kind runter.«

Fegan sah Mrs. Taylors wache blaue Augen nur für einen kurzen Moment, dann schloss sie die Läden und sperrte die Dunkelheit aus. Er hob noch halb die Hand und wollte ihr zuwinken, doch sie war schon weg. Irgendwo im Innern des Cottage bellte der Hund. Aus dem Hotel drang kein Licht.
    Er lief von dem hinter dem Hotel abgestellten Wagen nach vorne zum Eingang. Die Tür gab nicht nach, als er dagegendrückte. Zugesperrt. Fegan drehte sich einmal im Kreis, ohne genau zu wissen, wonach er eigentlich suchte. Irgendwo da oben über den Wolken war der Mond, aber hier unten herrschte Finsternis. Orangefarbene Straßenlaternen standen wie aufgereiht entlang der Bucht. In ihrem Licht spiegelte sich die Flussmündung, doch das Meer dahinter war in tiefster Schwärze verborgen. Nur der kräftige Salzgeschmack in der Luft und das Rauschen der Wellen verrieten, dass es da war.
    Kalter Schweiß ließ Fegan frösteln und seine Beine zitterten. Auf den Weg hatte er zweimal am Straßenrand angehalten und gewartet, bis das Schlottern wieder aufhörte. Beim Schlucken klebte seine trockene Zunge am Gaumen.
    Der Hund beruhigte sich, das Bellen hörte auf. Jetzt war es ganz still, nicht einmal das Plätschern des Wassers auf dem Sand war zu hören. Nur Fegan störte die Ruhe, indem er gegen die Tür hämmerte. Dann trat er zurück und schaute zu den Fenstern im ersten Stock hinauf.
    Nichts. Er schlug noch einmal mit der Faust gegen die Tür, diesmal fester. Allmählich machte er sich Sorgen. Warum hatte Marie verlangt, dass Hopkirk das Haus verrammelte? Warum wartete sie nicht auf ihn?
    Die Hand tat ihm schon weh, trotzdem schlug er noch einmal gegen das Holz. Er trat nach hinten und legte den Kopf zurück. »Jetzt komm schon«, knurrte er.
    Im mittleren Fenster ging ein mattes Licht an, dann strich ein Schatten vorbei. Fegan knetete die Fäuste. Von drinnen hörte man, wie eine Tür geöffnet und geschlossen wurde. Dann ging im Fenster über der Tür ein Licht an. Metall knirschte auf Metall, Schlösser klickten, Riegel glitten auf. Schließlich öffnete sich die Tür einen Spalt, und ein bebrilltes Auge spähte hindurch.
    »Was machen Sie hier? Was wollen Sie?«
    »Ich will rein«, sagte Fegan. »Ich will zu Marie.«
    »Zu wem?«
    »Ich meinte, Mary. Meine Frau?«
    Hopkins zog die Stirn in Falten. »Ich dachte, die ist bei Ihnen.«
    »Was?«
    »Sie und das kleine Mädchen sind heute Abend zu einem Spaziergang raus. Sie sind nicht zurückgekommen. Da dachte ich, sie wären mit Ihnen weg.«
    »Unser Gepäck. Wo ist das?«
    »Ich weiß nicht. Ich hatte angenommen …«
    Fegan drückte mit der Hand gegen die Tür. »Lassen

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