Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
McGinty am Schlafittchen. Sie könnten wegen der Sache sogar den Stormont platzen lassen.«
    »Das habe ich McGinty erklärt«, log Campbell. »Aber er wollte nicht auf mich hören.«
    »McGinty kann doch nicht so dämlich sein. Der war doch noch nie auf den Kopf gefallen.«
    »Sie wollen nun mal, dass Fegan stirbt.«
    »Verdammt«, fluchte der Kontaktmann. »Und man kann die Sache unmöglich aufhalten?«
    »Nein«, sagte Campbell.
    »Sie müssen es irgendwie versuchen. Diese Sache könnte den politischen Prozess um Jahre zurückwerfen. Sehen Sie zu, ob sie…«
    Campbell sah jenseits des Scheunentors einen Lichtstrahl auf den Beton fallen. »Ich muss los«, sagte er und beendete das Gespräch.
    Er hörte Schritte. Zwei Leute, der eine marschierte forsch, der andere taumelte und strauchelte hinterher. Campbell schlich sich zurück in die dunkle Scheune.
    »Du hättest gehen sollen, als du noch die Gelegenheit dazu hattest«, sagte McGinty. »Wenn du abgehauen wärst, hättest du jetzt nicht diesen Schlamassel am Hals.«
    »Lass mich wieder rein«, sagte Marie. »Bitte lass mich zu Ellen.«
    »Die ist bei Eddie in besten Händen. Warum bist du nicht weggegangen? Dabei habe ich es dir so leicht gemacht.«
    »Weil ich nicht gehen wollte. Und auch nicht gehen sollte. Angeblich haben sich die Dinge doch geändert. Meine Güte, Paul, das ist doch schon Ewigkeiten her.«
    »Mir kommt es nicht so vor. Es verletzt mich immer noch, wenn ich daran denke.«
    In der Dunkelheit hörte man Marie sarkastisch und angewidert auflachen. »Es verletzt dich? Dich verletzt doch gar nichts.«
    »Da täuschst du dich. Die Leute halten mich zwar für knallhart, aber ich habe auch meine Gefühle. Als ich dich damals zusammen mit Lennon sah - noch dazu ausgerechnet einem Bullen -, was glaubst du, wie es mir dabei ging?«
    »Ich konnte einfach nicht mehr so weiterleben? Verstehst du das denn nicht? Und mir immer vorzugaukeln, du wärst nicht verheiratet. So zu tun, als würden diese … diese … diese anderen Sachen keine Rolle spielen. Die Dinge, die du getan hast.«
    »Dir habe ich nie …«
    »Du hast die Fäden gezogen. Hör auf, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, Paul.«
    McGintys Stimme wurde kalt. »Es hat damals Leute gegeben, die wollten, dass du stirbst.«
    »Glaubst du, ich hätte das nicht gewusst? Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, wie viel Angst ich hatte?«
    Campbell schlich sich so nah ans Scheunentor, dass er im fahlen Licht aus dem Haupthaus soeben noch die Silhouetten der beiden ausmachen konnte.
    »Vielleicht hätte ich zulassen sollen, dass sie dich und diesen Cop umbringen«, sagte McGinty.
    Als Marie zuschlug, schrak Campbell zurück. Das Klatschen ihrer Ohrfeige auf McGintys Backe hallte über den ganzen Hof. Er schrak erneut zurück, als McGinty den Schlag so fest erwiderte, dass Marie auf den nassen Betonboden stürzte. Sie funkelte zu ihm hoch.
    »Und was treibst du jetzt mit Fegan?«, fragte McGinty.
    »Du kannst mich mal.«
    »Antworte mir.«
    Marie spuckte ihn an.
    McGinty beugte sich zu ihr vor. »Großer Gott, Marie, er ist verrückt. Er ist krank im Kopf.«
    »Krank im Kopf? Ist er etwa kränker als du und dieser Gangster O’Kane.« Marie deutete in Richtung Haus.
    »Weißt du denn gar nicht, was er gemacht hat? Erst vor ein paar Stunden hat er in Belfast einen Cop umgebracht. Er hat Vincie Caffola und Pater Coulter getötet.« McGinty legte ihr eine Hand auf die Schulter. Marie schüttelte nur den Kopf. »Er hat deinen Onkel Michael getötet.«
    »Nein«, sagte sie. »Du lügst. Du hast gesagt, die Polizei hätte Vincie Caffola auf dem Gewissen. Du verdrehst die Dinge einfach, so wie immer.«
    McGinty strich ihr das Haar aus der Stirn. »Es ist die Wahrheit, Marie. Allen anderen kannst du vielleicht etwas vormachen, aber ich kenne dich. Du bist deinem Onkel viel ähnlicher, als du zugibst. Du hast dieselbe Art wie er, kalt wie Stein. Und jetzt hast du dich mit Gerry Fegan zusammengetan. Wofür benutzt du ihn? Es ist doch die gleiche Geschichte wie bei dem Bullen, stimmt’s? Du machst das nur, um mir eins auszuwischen.« McGinty seufzte. »Du hast dich eben immer für die falsche Sorte Mann interessiert, oder?«
    Sie wandte ihren Blick von ihm ab. »Lass mich wieder rein.«
    »In Ordnung«, sagte McGinty. Er richtete sich auf und half ihr auf die Füße. »Nun geh schon.«
    Marie wischte sich über die Augen und lief zurück zum Haus. Eine Sekunde lang erschien ihre Silhouette in der Tür.

Weitere Kostenlose Bücher