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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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uns mal.«
    »Meine Güte, Bull, wir sind im 21. Jahrhundert, nicht mehr in den Siebzigern. Und erst recht nicht in den Achtzigern. Heute brauchen wir den Stormont. Ich brauche ihn. Du brauchsr ihn. Denk nur mal an die Konzessionen, die die Partei den Unionisten und den Briten jetzt einräumen muss, um den Stormont zusammenzuhalten. Du bist doch jetzt schon ein Mühlstein um deren Hals. Dir können sie genauso schnell einen Tritt verpassen wie mir.«
    »Blödsinn«, knurrte O’Kane und durchschnitt mit seiner schaufelgroßen Hand die Luft. »Mich schubst niemand herum. Die Briten haben uns nicht in die Knie gezwungen, obwohl sie es dreißig Jahre versucht haben. Ich mache nicht eine Rolle rückwärts, nur weil du und deine Kumpanen in euren Anzügen Angst habt, ihr könntet eure Gehälter und Aufwandsentschädigungen verlieren.«
    »Darum geht es doch gar nicht.« McGinty stemmte die Fäuste in die Hüften. Campbell sah, wie das Bein des Politikers zitterte.
    »Du bist weich geworden, Paul. Für euch Jungs in Belfast ist die Sache einfach, bei all den europäischen Geldmitteln, die ihr euch unter den Nagel reißen könnt, noch dazu den kommunalen Subventionen. Ihr haltet einfach die Hand auf, und schon liegt Geld drin. Dabei vergesst ihr uns Leute hier auf dem Land. Wir müssen immer noch für unsere Kohle schuften.«
    Campbell bemerkte, wie schwer es McGinty fiel, seinen Zorn im Zaum zu halten. »Wir haben mit zehn Jahren Politik mehr erreicht als ihr mit dreißig Jahren Krieg.«
    O’Kane nickte in gespielter Anerkennung. »O ja. Du hast viel erreicht.« Er schnippte eine imaginäre Fluse von McGintys Revers. »Du hast dir die Taschen gefüllt und dir ein paar schicke Anzüge besorgt. Du hast dir einen großen Schlitten gekauft und ein riesige abgeschottete Bude mit Meerblick in Denogal. Wirklich wahr, du hast was erreicht.«
    McGinty wurde rot. »Du ja wohl auch. Wir haben uns immer um dich gekümmert. Von wie vielen Razzien hast du nicht durch meine Kontaktleute erfahren? Wie viel Land haben die Parteijuristen dich kaufen lassen, ohne dass dein Name irgendwo auftauchte? Wir haben durchgesetzt, dass jeder einzelne britische Armeeposten in Süd-Armagh aufgelöst wurde, nur damit du deine Dieselanlagen betreiben konntest. Das alles hat die Partei veranlasst, vergiss das mal besser nicht.«
    Campbell krampfte die Hände zu Fäusten zusammen. Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt.
    O’Kane trat auf den Politiker zu. »Soll das heißen, du bist jetzt hier derjenige, der das Sagen hat?«
    McGinty war groß, trotzdem musste er den Kopf heben, um Bull in die Augen schauen zu können. Er schluckte und streckte die Zunge heraus, um sich die Lippen zu befeuchten. »Nein. So war das nicht gemeint. Aber mein Gott, Bull, jetzt denk doch mal nach. Es gibt aus diesem Schlamassel nur einen einzigen Ausweg.«
    »Und der wäre?«
    »Wir liefern Fegan den Bullen aus. Patsy Toner kann bezeugen, dass er da war. Soll sich doch das Gesetz um ihn kümmern. So zeigen wir, dass wir mit der Polizei kooperieren, dagegen können die Unionisten nichts einwenden. Sie können nicht mehr damit drohen, auf die Barrikaden zu gehen, und wir sind aus dem Schneider.«
    »Er wird ihnen erzählen, dass er McKenna und Caffola umgelegt hat. Dann fällt deine ganze Schnapsidee auf dich selbst zurück.«
    Das ist noch nicht alles, was er ihnen erzählen wird, dachte Campbell. Er wird ihnen auch von den beiden UFF-Jungs erzählen und dass sie für McGinty nie eine Gefahr waren. Campbells Herzschlag beschleunigte sich.
    »Es ist zu spät, daran jetzt noch etwas zu ändern. Außerdem wird das in den ganzen Presseberichten über den Cop untergehen. Wir lassen durchsickern, dass Anderson vor dem Waffenstillstand Informationen an uns weitergegeben hat. Die ganze Aufmerksamkeit wird ihm gelten, nicht uns.«
    O’Kane blieb reglos stehen und hielt den Atem an. Campbell zählte fünf Sekunden, dann wandte er sich ab.
    »Nein«, sagte O’Kane schließlich.
    McGinty starrte ihn wütend an. »Was soll das heißen, nein?«
    »Wenn wir Fegan damit durchkommen lassen, sehen wir schwach aus. Er ist ein Verräter, also behandeln wir ihn auch so. Wir werden ein Exempel an ihm statuieren, so wie wir es immer getan haben.« Bulls Stimme schwoll zu einem Brüllen an, und er fuchtelte mit dem Finger in der Luft herum. »Er hat meinen Vetter umgebracht, verdammt! Wenn ich ihn mir nicht vorknöpfe, dann wird demnächst jeder kleine Mistkerl, der etwas gegen mich hat,

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