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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast
Autoren: Stuart Neville
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versucht hat, Paul McGinty eine Falle zu stellen. Wie es heißt, hast du ihn totgeprügelt.«
    »Ach ja?«
    »So wurde es mir erzählt.«
    »Ach, was die Leute alles reden. Glaub, was du willst.«
    Der Scheinwerfer des Lieferwagens erfasste ein An Post-Schild, und die Bremsen quietschten. Ratternd ging der Motor aus. McSorley warf dem Alten einen raschen Blick zu und drehte sich wieder zu Campbell um.
    »Ein paar von den Jungs trauen dir nicht«, sagte er, die Augen zu Schlitzen verengt.
    »Meinst du Comiskey?«
    »Ihn und noch ein paar andere. Sie finden es ein bisschen seltsam, dass du einfach deine Sachen packst und hier runter zu uns kommst. Wo du doch so dicke mit McGinty warst und so weiter. Ein paar von den Burschen machen sich wegen dir Sorgen.«
    Campbell ließ eine Hand auf seinen Oberschenkel sinken. Die Jeans spannte sich über dem Gerber-Klappmesser, das in der Tasche steckte. »Und du … machst du dir auch Sorgen?«
    McSorley drückte mit der Zunge seine Backe aus, die Bartstoppeln knisterten. »Ich weiß nicht so recht. Könnte sein, dass McGinty dich hergeschickt hat, um ein Auge auf uns zu haben und rauszufinden, was wir vorhaben. Vielleicht ist es aber auch genauso, wie du gesagt hast: Du wolltest mal wieder was erleben.«
    Campbell blickte McSorley unverwandt an. »Wie ich schon sagte, du kannst glauben, was du willst.«
    McSorley nickte und setzte ein verschlagenes Grinsen auf. »Ich glaube, du bist in Ordnung, Davy. Aber eins kann ich dir flüstern.« Er hob Campbell einen warnenden Zeigefinger vor die Nase. »Wenn sich das je als unwahr herausstellen sollte, dann läufst du besser wie der Teufel, sonst ziehe ich dir bei lebendigem Leibe die Haut ab.«
     
    McSorley breitete die Banknoten in seinen Fingern aus. Auch die Wollmütze konnte seine Wut nicht verbergen. »Nur gottverdammte 310 Euro?«
    Campbell merkte, dass ein wieherndes Gelächter in ihm aufstieg, aber er schluckte es herunter. Unter der wollenen Maske juckte sein Bart.
    Der Alte kauerte auf Knien vor dem offenen Safe. Mit der freien Hand packte ihn McSorley beim Kragen seines Schlafanzugs.
    »Nur 320? Ich hab mit nicht die ganze Mühe für nur 320 Euro gemacht, du elender alter Mistkerl. Wo ist der Rest?«
    Der alte Mann hob seine zitternden Hände. »Das ist alles. Ich schwöre bei Gott, das ist alles.«
    McSorley schüttelte ihn durch. »Hör auf mit dem Scheiß und sag mir, wo es ist.«
    »Ich schwöre bei Gott, das ist alles. Wir haben nur halbtags geöffnet. In der Kasse liegt noch etwas Kleingeld. Das können Sie haben, wenn Sie wollen.«
    »Herrgott noch mal!« McSorley ließ den Kragen des Alten los und schob sich die Scheine in die Tasche. Er zeigte auf den Schalter im Vorraum des Postamts. »Los, Davy, räum die Kasse aus. Und pack die Fluppen in die Tasche. Mehr ist hier nicht zu holen. Scheiße!«
    Campbell ging zur Kasse. In der offenen Lade lag das mickrige Wechselgeld für den nächsten Tag. Er sammelte die Scheine und Münzen ein, insgesamt vermutlich nicht mehr als vierzig oder fünfzig Euro, und warf sie in die Sporttasche. Die Regale hinter der Verkaufstheke waren vollgepackt mit Zigaretten, die er über das Geld in die Tasche fegte. Er kam sich vor wie ein Kleinkrimineller.
    Wieso vorkommen?
    Nein, genau das bin ich, dachte er, als ihm ein paar Zigarettenpäckchen vor die Füße fielen. Nicht besser als ein blöder Junkie, der Zigaretten stiehlt, um seine Sucht zu finanzieren.
    Er fluchte in sich hinein.
    »Komm schon«, rief McSorley. Er machte sich nicht mehr die Mühe, den alten Mann wieder zu fesseln und zu knebeln, sondern zerrte ihn einfach nur am Handgelenk mit.
    »Ich komm ja schon«, raunzte Campbell und verstaute die Zigaretten in der Tasche.
    McSorley blieb an der Tür stehen. »Ich hab gesagt, du sollst kommen, verdammt!«
    »Ja doch!« Campbell zog den Reißverschluss zu und schulterte die Tasche. Dann folgte er McSorley und dem Alten hinaus auf die Straße.
    McSorley zerrte seinen wimmernden Gefangenen zur Ladefläche und öffnete die Türen. Etwas auf der anderen Straßenseite erregte die Aufmerksamkeit des Alten: ein erleuchtetes Fenster.
    »Hilfe!« Ein schwacher Schrei, aber er versuchte es noch einmal. »Hilfe!«
    McSorley wollte ihm den Mund zuhalten, aber der Alte brachte die Kraft auf, ihm die Hand wegzudrücken. »Hilfe! Helfen Sie mir!«
    Campbell trat zu ihnen.
    »Halt dein verfluchtes Maul«, fauchte McSorley, während der Alte sich in seinem Griff wand.
    Campbell ließ die Tasche
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