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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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oder gehe ich zurück nach Dundalk?«
    »Sachte«, bremste der Kontaktmann. »Über das Thema haben wir hier schon geredet. Meine Vorgesetzten glauben, es ist an der Zeit, dass Sie Schluss machen und wieder auftauchen. Sie waren eine ziemlich lange Zeit undercover.«
    Campbell lachte rau. »Was reden Sie denn da?«
    »Wie alt sind Sie jetzt? Achtunddreißig? Sie werden nicht jünger. Klar, noch sind sie auf Zack, aber wie lange noch? Und es reicht schon ein kleiner Fehler. Steigen Sie aus, solange sie noch die Chance haben, sich ein Leben in der wirklichen Welt aufzubauen, ohne diesen ganzen Mist.«
    Campbell warf den Anzug aufs Bett. »Das hier ist mein Leben.«
    »Wie bitte? Das nennen Sie leben? Sie waren zu lange undercover, Campbell. Das bekommt einem nicht. Und außerdem beruhigt sich die Lage dort zunehmend. Sie sehen es ja selbst. Keine Soldaten mehr auf der Straße, die Wachtürme abgebaut. Denken Sie mal nach. Wenn diese Sache hie erst mal aus der Welt ist, wozu sollen Sie dort dann noch gut sein?«
    »Da sind noch die Dissidenten. Sie organisieren sich gerade. Sie werden…«
    »Das ist doch nur ein Haufen von abgehalfterten Typen, die nicht einsehen können, dass es vorbei ist. Klempner und Maurer, die sich für Soldaten halten. Keiner braucht die noch, es sind nur Dinosaurier, die vergessen haben, sich hinzulegen und zu sterben. Mit der Sache damals in Omagh haben sie sich selbst den Garaus gemacht, davon werden sie sich nicht mehr erholen. Das wissen Sie selbst, schließlich haben Sie genügend Zeit mit denen verbracht. «
    »Und was ist mit den Loyalisten? Die sind immer noch …«
    »Was soll mit denen sein? Die sind im Drogenhandel oder fälschen Handtaschen, wenn sie nicht gerade beschäftigt sind, sich gegenseitig umzunieten. Mit denen wird die Polizei schon fertig.« Der Kontaktmann seufzte. »Hören Sie, das hier ist keine Bitte, es ist ein Befehl. Sobald Sie die Sache erledigt haben, kommen Sie da raus. Oder Sie machen wenigstens mal Urlaub, damit Sie auf andere Gedanken kommen. Und keine Sorge wegen des Geldes. Ich werde mich persönlich darum kümmern, dass Sie ausgesorgt haben.«
    »Scheiß auf das Geld. Hier geht es nicht um Geld.«
    »Immer mit der Ruhe, Campbell. Sobald Sie sich um Fegan gekümmert haben, verordnen wir Ihnen Ferien. Einen Urlaub. Wo würden Sie denn gern mal hin? Ans Mittelmeer? Auf die Bahamas? Nach Thailand?«
    »Sie können mich mal«, schnauzte Campbell und beendete das Gespräch.
    Er warf das Telefon auf den Anzug und tigerte in dem kleinen Schlafzimmer auf und ab. Aussteigen? Warum? Wohin konnte er denn schon zurückkehren?
    Campbell lief hinüber zur Kommode, zog die Schublade auf und strich mit den Fingern über seinen flaumweichen Federbusch.

Die Sonne senkte sich schon auf die Hausdächer, als Fegan bei Marie McKenna klingelte. Ihre Wohnung befand sich im Erdgeschoss des alten Reihenhauses aus roten Backsteinen. Im Erkerfenster neben der Haustür bewegten sich die Vorhänge. Als Fegan dann von innen Schritte hörte, bekam er eine Gänsehaut.
    Marie öffnete die Tür und lächelte ihn an. Ihre Augen waren verquollen, offenbar hatte sie geweint.
    »Hast du schon was gegessen?«, fragte sie, während sie durch den Hausflur gingen. Neben der Treppe, die zu den Wohnungen weiter oben führte, stand angelehnt ein Fahrrad.
    »Seit heute Morgen nichts mehr«, log Fegan. In Wahrheit hatte wegen des Whiskeys sein Magen rebelliert, daher hatte er noch keinen Bissen zu sich genommen.
    »Da musst du ja am Verhungern sein«, sagte Marie und führte ihn in die Wohnung. »Ich wollte gerade etwas für Ellen und mich herrichten. Du isst mit.«
    Es war eher eine Anweisung als eine Einladung.
    »Hallo«, rief Ellen strahlend, als er hereinkam. Sie lag vor einem Malbuch auf dem Boden, um sie herum verstreut lauter Malstifte. Es war eine Wohnung mit offener Küche im hinteren Teil des Wohnbereichs. Von ihr gingen zwei Türen ab, die zum rückwärtigen Teil des Hauses führten.
    »Hallo, Ellen«, begrüßte er sie.
    Fegan begutachtete das großzügige, mit wohnlichen Gegenständen eingerichtete Appartement. Im Vergleich dazu war seine eigene Behausung trostlos und leer, ihr einziger Schmuck waren selbstgebastelte Objekte aus Holz. Eines davon hielt er gerade in einer Plastiktüte fest umklammert.
    »Guck mal«, rief Ellen und rappelte sich hoch. Sie brachte ihm das Malbuch, damit er es sich ansah. Auf dem Bild war ein Schwein in einem kurzen Kleid. Ellen hatte es ganz grün

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