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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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McGinty an die Loyalisten verraten«, wehrte sich Campbell. »Das wissen alle.«
    »Weil du es ihnen gesagt hast und sie dir geglaubt haben. Du hast das mit diesen beiden Jungs erfunden, damit alles ins Bild passt, oder? Du hast dafür gesorgt, dass ich sie umlege, um deine eigenen Spuren zu verwischen. Was hattest du vor? Warum musstest du Delaney loswerden?«
    »Sie wollten McGinty erledigen«, beharrte Campbell. »Wir beide, du und ich, wir haben ihn gerettet.«
    Blödsinn«, sagte Fegan. »Du erinnerst dich doch wohl noch. Das waren keine Killer. Nicht solche wie du und ich. Die sind gestorben wie Weiber und haben geflennt und gebettelt.«
    »Ach, haltet doch die Klappe«, sagte Campbell. »Wie, hörst du sie etwa auch?«
    »Haltet die Klappe.«
    Fegan spürte, wie etwas an seiner Brust vibrierte, und hörte einen hohen Klingelton. Es war das Telefon in seiner Tasche. Nur ein Mensch kannte diese Nummer. Er schlug kurz die Augen nieder.
    Ein Fehler.
    Campbell packte ihn am Handgelenk und stieß ihn nach oben von sich weg. Reflexartig spannte Fegan den Finger ab Abzug an, und im nächsten Moment staubte ihm Putz in die Augen. Er wurde zurückgestoßen und schlug mit dem Kopf gegen die Kacheln über der Badewanne. Fegan konzentrierte seine ganze Kraft auf seine rechte Hand, die Hand, mit der Campbell rang, um an die Waffe zu kommen. Fegans Beine hingen über den Badewannenrand. Er trat zu und spürte, dass sein Fuß Campbells Lende getroffen hatte. Er hörte, wie der andere ächzte und für eine Sekunde seinen Griff lockerte. Mit aller Kraft presste Fegan seine Hand vor und schob Campbell zurück, bis die Walther wieder zwischen ihnen war.
    Das wütende Bellen der Pistole hallte von den Kacheln wieder. Campbell fiel nach hinten, das Gesicht schmerzverzerrt. An der Seite war ein Hemd eingerissen und versengt. Von der Wand hinter ihm prasselten die Splitter des Spiegels hinab. Fegan biss die Zähne zusammen, um sich aus der Badewanne hochzuziehen, während hundert kleine Messer in seinen Eingeweiden dafür sorgen wollten, dass er dort blieb. Er feuerte noch einmal auf Campbeils verschwommene Silhouette, die geduckt zur Tür rannte. Die Kugel zersplitterte den Türrahmen.
    Fegan rollte sich über den Badewannenrand und landete auf dem Boden. Der tobende Schmerz in seinen Eingeweiden ließ ihn aufschreien. Auf der Treppe hörte er Campbells schnelle, leise Schritte. Fegan zog sich am Waschbecken hoch und registrierte, wie die Haustür aufgebrochen wurde. Während er die Treppe hinuntertaumelte, hallten draußen schon Schritte über die Straße.
    Als er nach draußen trat, brannte ihm die Sonne in die ohnehin schon stechenden Augen. Im gleißenden Licht erkannte er Campbell, der auf eine Reihe geparkter Autor zurannte. Er zielte, feuerte und schoss ein Loch in eine Windschutzscheibe. Er drückte noch einmal ab, und diesmal zersplitterte ein Außenspiegel, von dem nur noch herunterbaumelnde Plastikfetzen und Drähte übrig blieben. Campbell erreichte seinen Wagen, eine Hand hatte er an die Rippen gepresst. Fegan feuerte noch einmal, und Campbell sackte gegen die Motorhaube. Hinten an seinem Oberschenkel machte sich ein kreisrunder roter Fleck breit. Er riss die Tür auf und saß, bevor Fegan noch einmal anlegen konnte, in dem alten Ford Focus.
    Fegan fing an zu rennen, aber der tosende Schmerz in seinem Bauch ließ ihn sofort wieder stehenbleiben. Der Motor des Wagens sprang an, Campbell fuhr rückwärts aus der Parklücke und schrammte dabei ein anderes abgestelltes Auto. Quietschend und schaukelnd beschrieb der Focus einen Kreis und raste dann in entgegengesetzter Richtung davon. Fegan feuerte noch ein letztes Mal. Eine Kugel traf das Heck des Wagens, als er gerade an der Ecke ankam.
    Fegan beugte sich vor, hustete und spuckte Blut auf den Asphalt. In seinem Bauch und seinen Eingeweiden brodelte ein glühender Schmerz.
    Damit war es also heraus. Kein Versteckspiel mehr. Jetzt hieß es verschwinden, sich verstecken und eine Möglichkeit finden, wie er an McGinty und die anderen herankam. Fegan richtete sich auf, drehte sich einmal im Kreis und suchte nach seinen neun Verfolgern.
    »Das war es doch, was ihr wolltet, oder?«, fragte er auf die leere Straße hinaus.
    Schwankend machte er sich auf den Weg zu seiner offenen Haustür, die Arme über dem Bauch verschränkt. Ihm blieb nicht viel Zeit. Selbst in diesem Teil von Belfast wurde eine Schießerei am Nachmittag angezeigt. Fegan betrat das dämmrige

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