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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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aber nur gemeine Gangster von der Sorte, die die Loyalisten in rauen Mengen hervorbrachten. Der Sorte, die in einen Pub ging und wahllos auf alles ballerte, was sich bewegte. Oder ein Taxi bestellte, wartete, bis es ankam und dann den Fahrer erschoss. Aber ein wirklicher Angriff auf ein gefährliches Zielobjekt? Niemals. Dazu hatten sie einfach nicht den Mumm.
    Es war Delaney gewesen. Campbell erinnerte sich noch sehr gut an den Abend, an dem der schmierige Mistkerl ihn abgepasst und ihm gesagt hatte, er wisse, dass Campbell ein Spitzel sei. Selbst jetzt noch konnte Campbell seinen schlechten Atem und sein billiges Aftershave riechen.
    »Gib mir fünfzig Riesen«, hatte Delaney grinsend gesagt, während ihm eine ölige schwarze Tolle in die Augen fiel. »Nur fünfzig Riesen, dann vergesse ich die ganze Sache.«
    Campbell hatte seinen Blick über die Bar schweifen lassen und überprüft, dass auch Augenzeugen in der Nähe waren.
    »Selbst wenn du keinen Scheiß erzählen würdest«, hatte er geantwortet, »wo sollte ich bitteschön fünfzig Riesen hernehmen?«
    »Von deinen Kontaktleuten. Die zahlen das schon, damit du nicht auffliegst.« Delaney strich sich das Haar zurück.
    »Du redest vollkommenen Stuss«, antwortete Campbell und schob den untersetzten Mann von sich weg. »Verpiss dich.«
    »Ich lasse dir ein, zwei Tage Zeit, dann kannst du noch mal drüber nachdenken«, rief Delaney ihm nach.
    An selben Abend rief Campbell seinen Kontaktmann an und innerhalb von 24 Stunden war der Plan ausgeheckt. Er selbst würde Delaney erledigen, und ein Spitzel in der UFF würde ein paar von deren Handlangern umbringen, damit die Geschichte Hand und Fuß hatte. Als Campbell dann mit dem Lügenmärchen, man wolle ihn töten, zu McGinty ging, schäumte der vor Wut. Warum Campbell Delaney nicht am Leben gelassen habe, wollte er wissen? Und die Kerle von der UFF würden einen hohen Preis zahlen. Sie würden einen ganz besonderen Tod bekommen. Einen qualvollen Tod. Zufällig war Gerry Fegan für drei Tage aus dem Maze heraus, um der Beerdigung seiner Mutter beizuwohnen. Der Ehrenkodex zwischen den Insassen und ihren Bewachern besagte, dass der Urlaub des jeweils nächsten von der Rückkehr seines Vorgängers abhing. Er besagte aber auch, dass Fegan sich, während er draußen war, relativ frei bewegen konnte. Dafür, jemandem ein schmerzvolles Ende zu bereiten, gab es keinen besseren Mann, denn Vincie Caffola saß gerade wegen Körperverletzung in Untersuchungshaft. McGinty würde sich um alles Notwendige kümmern.
    So kam es, dass 72 Stunden, nachdem Delaney Campbell in McKennas Bar beiseite genommen hatte, und 36 Stunden, nachdem Campbell Delaney zu einem leblosen Stück Fleisch geprügelt hatte, Gerry Fegan und er über zwei flennenden Loyalisten standen, von denen einer sich vollgepinkelt hatte.
    Ein beißender Gesrank erfüllte den Raum. Die Mischung aus Schweiß, Pisse und Blut sorgte dafür, dass sich Campbell beinahe der Magen umdrehte. Sie befanden sich in der leeren Halle eines Industriegebiets im Nordwesten, gleich außerhalb der Stadt. Das harte Neonlicht von der hohen Decke tauchte den Raum in gleißendes Weiß und Grau. Von den Betonwänden hallte das Schluchzen der UFF-Typen wider.
    Fegan hatte auf dem Weg nicht viel von sich gegeben. Andere hatten die UFF-Jungs geschnappt und auf Stühlen gefesselt hier deponiert, damit Fegan und Campbell sie verhören konnten. Campbell sah zu, wie Fegan die beiden Loyalisten umkreiste. Sein Gesicht war wie in Stein gemeißelt, und hinter seinen Augen lauerten nicht Hass oder Wut, sondern etwas anderes.
    Fegan benutzte einen Hackenstiel. Es dauerte Stunden, und keiner der beiden Loyalisten redete. Nicht, weil sie tapfer oder stark waren, sondern weil sie von einem Plan, McGinty zu töten, in der Tat nichts wussten. Die ganze Zeit über blieb Fegans Gesicht ausdruckslos, seine Augen waren ganz woanders. Bis auf einen Moment. Als einer Loyalisten weinend nach seiner Mutter rief, sah es für Sekunden so aus, als würde Fegan zu sich kommen. Campbell meinte auf dem Gesicht des anderen einen Anflug von Ekel oder Mitgefühl zu entdecken - er konnte selbst nicht sagen, was von beiden.
    Als alle Schreie vorbei waren und alles Blut vergossen, ließ Fegan den Hackenstiel auf den Boden fallen. Den Rest gab er ihnen mit einer Pistole Kaliber .11. Ihr lautes Knallen hallte in der leeren Betonhalle wider. Danach stand Fegan mehrere Minuten reglos da. Campbell bemerkte eine Träne, die auf seinem

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