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Die Schatten von Belfast

Die Schatten von Belfast

Titel: Die Schatten von Belfast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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wartet und das Telefonat entgegennehmen wird.«
    »Ganz schön riskant«, sagte Campbell. »Vielleicht finden die Bullen sie zuerst.«
    »Ich habe unserem Freund eine hübsche Sonderzulage versprochen, wenn er den Anruf kriegt und mich informiert. Er ist ganz versessen aufs Geld. Glaub mir, der wird sich den ganzen Tag nicht vom Telefon rühren. Außerdem fällt mir nichts ein, was wir sonst tun könnten.« McGinty lehnte sich vor und zeigte mit dem Finger auf Campbell. »Aber jetzt hörst du mir genau zu, Davy. Bau nicht schon wieder Scheiß. Wenn wir damit an Fegan rankommen, will ich, dass er erledigt wird. Entweder machst du ihn kalt oder ich dich. Kapiert?«
    Campbell stand auf. Sein Oberschenkel protestierte, und seine Rippen schrien auf. »Kapiert. Wenn er auftaucht, kriege ich ihn.«

Sie sind sehr freundlich«, sagte Marie.
    Lächelnd stellte Mrs. Taylor einen Teller mit Toast auf den Tisch.
    Ein warmer Duft nach geröstetem Brot erfüllte das Cottage. Fegans Magen knurrte erwartungsvoll, trotz des immer wieder aufwallenden Schmerzes in seinem Unterleib. Mitten auf dem Tisch dampfte eine große Kanne Tee. Es gab Milch, Zucker, Butter und Konfitüre.
    Die Dame des Hauses hatte ein rundes, rosiges Gesicht und klare blaue Augen. Wie ihr Mann wusste auch sie mit Worten umzugehen und verfügte über ein ganzes Arsenal an Flüchen. Fegan, Marie und Ellen waren erst seit einer halben Stunde im Haus, und Mrs. Taylor hatte sich schon dreimal dafür entschuldigt, dass sie in Gegenwart des Kindes geflucht hatte.
    »Verpi…, ich meine, geh weg, Stella«, befahl sie dem Hund, der erwartungsvoll am Tisch hockte. Fegan wusste, dass es ein Boxer war. Sein Großvater hatte auch einen gehabt, und Stellas Kopf sah genauso aus. Ein Gesicht, das immer schuldbewusst aussah, wegen irgendeines begangenen oder noch zu begehenden Unfugs oder beidem. Stella ignorierte Frauchens Anweisung und leckte sich stattdessen die Lefzen, als Mrs. Taylor einen mit Bacon und Würstchen beladenen Teller hereinbrachte.
    Fegan ließ seine verquollenen Augen durch das Zimmer schweifen. An den Wänden hingen überall Gemälde, Ölbilder ebenso wie Aquarelle, und alles war mit kleinen Figürchen vollgestellt.
    Eine neue Welle der Übelkeit überfiel ihn, begleitet von kaltem Schweiß auf der Stirn und im Nacken. Er schluckte und wischte sich über die Augenbrauen, dann verknotete er die Finger auf dem Tisch, um sie stillzuhalten. Seine Kopfschmerzen waren so stark, dass sie schier die hereindringenden Sonnenstrahlen auszulöschen schienen. Draußen konnte Fegan die Flussmündung erkennen, von wo aus sich der lange Strand bis in die Ferne hin ausdehnte. Der Himmel war stahlblau. Am Horizont erkannte er die Farbtupfer zweier Boote. Weit hinten, wo Meer und Himmel verschmolzen, war im Dunst noch eine riesige Landmasse zu sehen.
    Mr. Taylor setzte sich hin. »Das ist der Mull of Kintyre«, sagte er. Er beugte sich zu Ellen vor. »Siehst du das da hinten? Das ist Schottland.«
    Ellen glotzte aus dem Fenster. »Guck mal, Mummy, da ist Schottland!«
    Marie lächelte und strich ihrer Tochter übers Haar. »Wir gehen nachher mal am Strand spazieren, damit du es besser sehen kannst. Jetzt iss erst mal dein leckeres Frühstück.«
    Während Ellen sich aus Toast und Bacon ein Sandwich bastelte, dachte Fegan an den Mull of Kintyre. 1994 war es gewesen und er gerade im Maze, als die Nachrichten meldeten, dass auf dem Mull ein Chinook-Helikopter abgestürzt war. 25 Leute vom MI5, der Britischen Armee und der RUC und die vier Besatzungsmitglieder waren umgekommen, als der Hubschrauber in dichtem Nebel gegen den Berg gekracht war. Sowohl im Block der Republikaner als auch in dem der Loyalisten war die Nachricht gefeiert worden. Während die anderen Gefangenen lachten und jubelten, hatte Fegan auf seinem Bett gelegen und die Risse in der Decke angestarrt.
    Mrs. Taylor kam mit einer Schüssel und einer Holzkelle zurück. »Wer hätte gern ein paar Rühreier?«, fragte sie. Ellen und Fegan lehnten ab. Als Fegan die Nase rümpfte, grinste das kleine Mädchen ihn an.
    »Und wie behandelt der alte Hopkirk Sie so?«, fragte Mr. Taylor.
    »Gut«, antwortete Marie. »Wir können ganz gut ohne Komfort auskommen.« Mit einem verschlagenen Grinsen sah sie Fegan an. »Stimmt’s, George?«
    Fegan brauchte einen Moment, bis er die Lüge parat hatte. »Ja, wir haben schon in übleren Kaschemmen übernachtet.«
    Ellen sah die beiden abwechselnd an und runzelte die Stirn. Marie

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